Buchbesprechung: René Zeyer - Armut ist Diebstahl - Warum die Armen uns ruinieren
Es gibt viele Bücher, die mit der Tür ins Haus fallen. Dieses hier ist so eines und tritt die Tür förmlich ein und will unbedingt Streitschrift sein.
Ehrlich gesagt, ist der Titel irgendwie unpassend und daneben, aber er verfehlt seine Wirkung nicht. Der Untertitel ist leider nicht besser.
Die Armen sind natürlich nicht daran schuld, dass die Mittelschicht oder sonst wer wegen der Sozialleistungen ausgenommen werden, sondern lediglich die „Helferindustrie“, die im Konzert mit der Politik ganz eigene Ziele verfolgt. Zeyer unterstellt Machtgewinn und billigen Beifall als Motivation. Der Sozialstaat greift nach dem uns angeborenen Unabhängigkeitsstreben. Er will die Menschen abhängig machen. Von Politik und Optionen auf Wahlversprechen, bekritzelte Wahlzettel, die einem Vorverkauf fremden Eigentums gleichkommen. Dem institutionalisierten Diebstahl unter dem Deckmantel der Armenfürsorge.
Zeyer behauptet nicht weniger als den Rückgang der Armut, wenn sämtliche Sozialleistungen gestrichen würden. Er gesteht den völlig Kranken und nicht Arbeitsfähigen ein Maß an Lebensqualität auf Kosten anderer Menschen zu. Mehr aber auch nicht.
Der Leser könnte meinen, dass dies eine völlig herzlose These sei. Aber nichts könnte falscher sein. Er will die Befreiung des (abhängigen) Menschen aus den Griffeln des Staates.
Er beginnt zurecht damit, uns auf den fehlenden Armutsbegriff hinzuweisen. Jegliche Definitionen müssen willkürlich sein und sind selbstverständlich immer Interessengeleitet.
Die Helferindustrie kann gar nicht darauf aus sein, Menschen aus der „Armut“ zu helfen. Ihr Job hängt daran und das sind in Deutschland zig Millionen. Allein die Caritas beschäftigt 620.000 Menschen, das DRK 460.000, Diakonie 460.000 und die Arbeiterwohlfahrt 220.000 usw. Von den Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst, die sich um die Belange der Armen kümmern, einmal abgesehen.
Diese Heerschar von Millionen Menschen, sind auf die nicht endenwollende Armut angewiesen. Das klingt bitter und ist es auch. Das dieses Almosensystem weder die Fähigkeiten der Armen fördert geschweige denn sie fordert, zeigt Zeyer anhand von zahlreichen Beispielen.
Er gibt dem Leser Hinweise darauf, dass überall wo die Sozialindustrie die großen Fässer aufmacht, um der Armut den Kampf anzusagen, es mehr Armut gibt als vorher und das diese scheinbar nicht bekämpft werden kann, weil die diese Töpfe jedes Jahr mehr Geld erhalten. Die Armutsbekämpfungsindustrie hat versagt, es wird Zeit was zu ändern, fordert Zeyer.
Der Autor konstatiert nicht zu unrecht: Armut, Passivität und Agonie werden durch Sozialleistungen zementiert, und bezahlen tut dies vorwiegend der Mittelstand, der zunehmend selbst in die Fänge der Sozialindustrie gerät, weil er schlussendlich soviel von seinem Lohn abgeben muss, dass das Weiterarbeiten im Job sinnfrei erscheint und tatsächlich auch sinnlos wird.
Zeyer hat sich mit dem Thema und seinem provokanten Titel wahrlich wenig Freunde gemacht. Der Mut sollte mit dem Kauf des Werkes belohnt werden. Es ist erfrischend, über den Tellerrand zu schauen und die sentimentalen Betonschuhe einmal abzulegen und das Thema auch aus der Warte der zahlenden Menschen zu sehen.
Die Reduzierung des Sozialstaates auf das nötige Minimum, kommt den Armen eher zugute als alle Sozialleistungen zusammen. Denn die Sozialindustrie will uns glauben machen, dass Arme ebenso arbeiten wollen wie andere auch, also lassen wir sie arbeiten und beseitigen alle Arbeitshemmnisse, die die Politik in vielen Jahrzehnten aufgetürmt haben. Für alle anderen, für die Faulen, bleiben nach dem Wegfall der Almosen nur das Betteln oder die ehrliche Art und Weise seine Brötchen zu verdienen. Alle anderen, die dann immer noch nicht arbeiten können, für die soll laut Zeyer gesorgt sein.
Schlussendlich konstatiert Zeyer: Die Armen sind keine besseren Menschen weil sie arm sind, sie sind trotz aller Sentimentalitäten, die von interessierter Seite gebetsmühlenartig vorgetragen werden, Menschen wie alle anderen auch und haben nicht deshalb eine Sonderbehandlung verdient, weil sie arm sind, sondern ihnen sollen ebenso alle Steine aus dem Weg geräumt werden, die sie daran hindern, ein unabhängiges Leben zu führen und glücklich zu sein.
Kaufempfehlung!
Sehr interessant.
Überall dort, wo der Staat seine Verwalterfunktion verlassen hat und Aufgaben nicht nur übernommen hat, die ihm eigentlich gar nicht zustehen, und diesen Bereich dann auch noch in die Bürokratie eingliedert, sollte grundsätzlich kritisch durchleuchtet werden.
Problematisch gestaltet sich jedoch der Umgang mit der Altersarmut, in die Menschen abdriften, die ihr ganzes Leben einer geregelten Arbeit nachgingen.
Danke für den Tipp
Wolfram
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