Deutsch-Dienstag: melunis Ausflug in die wunderbare Welt der Sprache #23

in #deutschdienstag6 years ago

Liebe Freunde der gepflegten Sprache, heute tauchen wir ein in die Welt der Grammatik! 📚📖

Und die Auflösung vom Gewinnspiel der letzten Woche gibt es natürlich auch! (;


 Grammar Bild


Viele Sprachenthusiasten beobachten leider seit geraumer Zeit vermehrt die falsche Anwendung eines doch so nützlichen grammatischen Phänomens: des Genitivs! Mein heutiger Artikel ist ein Versuch gegen diesen Trend vorzugehen, auch wenn es vermutlich eher etwas von „Tropfen auf den heißen Stein“ hat. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Also dann, fangen wir an!

Die Funktion des Genitivs ist eigentlich eine ganz simple Angelegenheit: er zeigt die Zugehörigkeit an und man fragt danach mit „wessen?“. Das ist seine grundlegendste Bedeutung. Darüber hinaus gibt es einige Präpositionen und Verben, die den Genitiv verlangen.

Artikel und Nomenendungen im Genitiv

Möchte ich sagen, wem das vor mir liegende Buch gehört, so sage ich: „Das ist Irenes Buch.“ Ich füge dem Namen also lediglich ein s an. Dies gilt auch für die Bezeichnungen von Geschäften, Restaurants, Bars etc. Endet der Name auf einen s-Laut, also ein -s, -tz, -z oder , so wird ein Apostroph angehängt: „Nein, das ist Thomas‘ Buch!“. Die Schreibung „Irene’s“ ist also falsch, immer! Das gibt es im Deutschen einfach nicht.

So weit, so einfach. Nun wird es etwas komplizierter. Haben wir einen bestimmten, unbestimmten, negativen oder possessiven Artikel, so gestaltet sich die Endung der Nomina folgendermaßen:

Geschlechtbestimmtunbestimmtnegativpossessiv
maskulindes Vaterseines Vaterskeines Vatersmeines Vaters
femininder Muttereiner Mutterkeiner Muttermeiner Mutter
neutraldes Kindeseines Kindeskeines Kindesmeines Kindes
Pluralder Freunde(Freunde)keiner Freundemeiner Freunde

Der aufmerksame Leser wird festgestellt haben, dass nur beim männlichen und neutralen Geschlecht das Nomen eine Endung bekommt; ist das Nomen weiblich, ändert sich nur der Artikel, nicht aber das Nomen.

Endet ein Wort auf mehrere Konsonanten oder besteht nur aus einer oder zwei Silben, so bleibt es dem Sprecher/Schreiber selbst überlassen, ob er dem Wort ein -s oder ein -es anhängt. Beispielsweise bei des Geld(e)s oder des Geschenk(e)s.

Endet das Wort jedoch auf einen der oben bereits erwähnten s-Laute, dann erfolgt zwangsläufig ein -es am Ende, so wie bei des Satzes oder des Maßes.

Lediglich ein -s wird ergänzt, wenn das Nomen auf -en, -em, -el, -er oder eine Verkleinerungssilbe endet, zum Beispiel bei des Patens, des Automatens oder des Mädchens.

Unsere schöne Sprache wäre aber nichts ohne ihre Ausnahmen und so gibt es noch ein paar Nomen, die statt auf -(e)s, auf -(e)n enden. Das gilt für männliche Nomen mit der Endung -e (Junge, Bote) oder -ent (Student, Inserent), aber auch Herr, Mensch, Bauer, Glaube, Wille und noch ein paar mehr. Völlig aus der Reihe tanzt das Herz, es ist das einzige (neutrale) Nomen, das sich gleich alle Endungsmöglichkeiten zusammen geschnappt hat: des Herzens.

Adjektive werden im Genitiv natürlich auch angeglichen, diese enden aber immer auf -en:

Das Buch des alten, mürrischen, oft fluchenden und meist finster dreinblickenden Mannes.

Präpositionen und Verben

Wie ihr mit den Nomina verfahren müsst, wisst ihr nun. Eine andere Sache ist es jedoch, alle Präpositionen und Verben zu kennen, die den Genitiv nach sich ziehen und die oben erklärte Anpassung erforderlich machen.

Ich habe euch hier einmal die meisten Präpositionen aufgelistet (ich habe jedoch bestimmt eine oder zwei vergessen, Ergänzungen bitte in die Kommentare schreiben!):

anhand, anlässlich, (an)statt, anstelle, angesichts, aufgrund, außerhalb, bezüglich, dank, diesseits, infolge, innerhalb, laut, mithilfe, oberhalb, trotz, ungeachtet, unterhalb, unweit, während, wegen, zugunsten.

Und die wichtigsten Verben ebenso (wer weitere kennt darf sie auch gerne in den Kommentaren nennen): jmdn. anklagen, jmdn. beschuldigen, jmdn. bezichtigen, jmdn. überführen, sich brüsten, sich enthalten, sich rühmen, sich schämen, sich erinnern, sich erfreuen sowie einer Sache gedenken, bedürfen und Herr werden.

Das heißt im Klartext: Begegnet euch eine dieser Präpositionen oder eines dieser Verben, dann steht das darauffolgende Nomen im Genitiv! Besonders die Präposition wegen wird gerne falsch verwendet, und immer, wenn jemand sagt: „Ich bin zu spät wegen dem Stau!“, dann stirbt irgendwo ein Eichhörnchen! Merkt euch das.

Quelle: 1, 2, 3, 4, 5, 6 und das Bild



Und nun möchte ich auch nicht länger auf die Folter spannen und den Gewinner bzw. die Gewinnerin meines letztwöchigen Gewinnspiels bekanntgeben!

Entscheidungskriterium war neben meinem persönliche Gefallen auch eure Resonanz und somit hat die liebe @kadna den ersten Platz geholt! Ich hoffe, ich kann diese wahnsinnig treffende Bezeichnung irgendwann mal anwenden! Platz zwei geht an @depot69 und der dritte Platz an unsere liebe @chriddi! Gebt nicht alles auf einmal aus! d:


Madrid.jpg

Nun wünsche ich euch allen eine zauberhafte Restwoche, lasst es euch gut gehen! So wie ich, ich verschwinde morgen erstmal für ein paar Tage in den Süden und mache solange steemit-frei, ich bitte also um Verständnis für späte Votes und Kommentare!
Eure meluni

PS: Das letzte Bild ist ein Hinweis auf mein Reiseziel, für alle Neugierigen! grins

Sort:  

100% & Resteem :)

Warum das Volk Schwierigkeiten mit dem Genitiv hat, ist mein ein wenig befremdlich:

  • Der Nominativ stellt den Handlungstäter dar: "Der Mann sieht ..."
  • Der Akkusativ stellt den Handlungsempfänger dar [1]: "... sieht den LKW."
  • Der Genitiv stellt die Verbundenheit dar: "Des Mannes Haus."
  • Der - totgeschwiegene - Vokativ dient der Anrede: "O Göttin, des Peleiaden Achilleus".

Und der Dativ ist in der deutschen Sprache ein Wirrwarr, weil der Dativ ein Dativ [2], ein Instrumental, ein Ablativ und ein Lokativ ist. Blöde!

[1] Manchmal stellt der Akkusativ aber auch ein Wohin dar: "Der Mann legt das Buch auf den Tisch."

[2] Der - reine - Dativ gibt den Nutznießer an: "Dem Hunde gebe/bringe ich das Futter."

PS: Meinen Glückwunsch an die Gewinner.

Ich finde aber, wir kommen auch ganz gut ohne Vokativ, Ablativ und Lokativ klar ;)

Danke für den Resteem!

Aber immerhin nicht ohne den Instrumental ;p

Sei nur noch zu sprechen: Die Einen wollen sich das Leben erleichtern und die Anderen selbiges erschweren. Willkommen daheim.

Vielen Dank für den Gewinn, habe mich darüber super gefreut.

I bims 1 Genitiv vong nicigkeit her.

Hui - danke für den ersten Platz! Das freut mich (und wird meine Schwiegereltern freuen, denn von denen habe ich den Ausdruck übernommen, da ich selbst des (!!!!!) Plattdeutschen nicht so mächtig bin.)

Ja der Genitiv ist wirklich ein kurioser Geselle und wird nicht von jedem gemocht. Ich kenne eigentlich keine Regeln - glaube aber ein gutes Sprachgefühl zu haben bzw. bin mir dessen sicher ;-)

Herzlichen Glückwunsch auch an die beiden anderen Gewinner!
Lieben Gruß
Kadna

Als Muttersprachler ist so ein gesundes Sprachgefühl ja für gewöhnlich auch ausreichend, doch fürchte ich, dass auch dieses immer mehr verloren geht, wenn man sich auf der Straße so umhört :(

Ja ja, der Dativ ist dem Genetiv sein Tod! möööööööp
(das ist eine fränkische Verunstaltung des Hochdeutschen!) ;-)

Mit dem Genetiv stehen aber viele auf Kriegsfuß.
Wie oft hört man z.B.:
Im November dieseN Jahres hatte .....

Wer Deinen Beitrag gut gelesen hat weiß nun, wie es richtig lauten würde.

Das ist doch aber nicht dem Dativ seine Schuld ;)

Wer Deinen Beitrag gut gelesen hat weiß nun, wie es richtig lauten würde.

Hm, dann muss man ja zur Analogiebildung fähig sein, denn dieses Demonstrativpronomen hat @meluni ja gar nicht explizit erwähnt... ;-)

Das traue ich allen, die schlau genug waren, sich bei Steemit zu registrieren, gründsätzlich zu. ;-)

Du Fuchs, dir fällt aber auch alles auf! :p

Ich hatte auch überlegt, den Satz

der Dativ ist dem Genetiv sein Tod!

einzubauen, dachte aber, dass sich sicherlich ein Leser freuen wird, diesen Teil übernehmen zu können und siehe da.. grins

Die Schreibung „Irene’s“ ist also falsch, immer! Das gibt es im Deutschen einfach nicht.

Nach jahrelangem Kampf habe ich aufgegeben und resigniert. Der nächste Grammatik-Duden wird das einfach "legalisieren".

Das kann man dann gleich in einen Topf mit dem Plural-S packen. Auf dem Parkplatz stehen dann "Auto's", und an den Scheiben des und der "Auto's" sind die Parkscheiben angebracht.
Huh, es schüttelt mich beim Schreiben...

Ich meine mich zu erinnern, daß unsere niederländischen Nachbarn das genau so bereits umgesetzt haben.

Huh, es schüttelt mich beim Schreiben...

Nicht nur dich! Was für eine besonders schaurige Zukunftvision lieber Argalf!

Aber dennoch besten Dank für den Resteem! ^-^

Dann möchte ich mich natürlich ganz lieb bedanken, was ich hiermit tue :-)))

Wem sein bzw. wem ihr Artikel hat dich denn so sehr geärgert, dass du ein echtes Lehrbuchkapitel verfasst und beinahe mit dem Rohrstock drohst?!

Ich find's super!!!

😘 Chriddi

Hahaha, liebe Chriddi, das trügt!

Tatsächlich war es nämlich so, dass der liebe @theobaldjoachim frug, ob ich nicht für seine Was ist...?-Reihe etwas über den Genitiv und/oder Dativ schreiben wolle, dann stellte ich aber fest, dass beide Themen genug Stoff für einen ganzen Deutsch-Dienstag-Beitrag hergeben und daher erscheinen sie nun hier.

Freut mich, dass es dir gefällt! 💖

Heausfordrungense angnemsde. :-)

Warum fühle ich mich nach dem lesen deines Artikels
in meine schäbige Kindheit zurückversetzt?^^
Die imaginäre Rechtschreibschwachmatenschelle
ist angekommen.
In etwa so:
leichte Schläge auf den Hinterkopf,
erhöhen das Denkvermögen.
Ob es wirklich hilft, ist fraglich.^^
Trotzdem.
Danke für den Versuch
und für die Kindheitstraumata welche Du weckst. :-)
Grüße und erholsamen Urlaub.
Alu

Danke für den Versuch und für die Kindheitstraumata welche Du weckst. :-)

Dann hoffe ich nur, dass das Trauma nicht allzu schlimm ist! Das war ja nun wirklich nicht meine Absicht 😅

Also ich darf nicht „Ich bin zu spät wegen dem Stau!“ sagen von wegen dem Eichhörnchen?

duckundwech

Zu dem bösen Apostroph: Ich hatte mich mal mit einer Geschäftsgründerin lange unterhalten die das nach dem leider üblichen Gebrauch "Name's Geschäft" nennen wollte. Gegen "Ich finde das aber schön so!" kommt man nicht an.

Gegen "Ich finde das aber schön so!" kommt man nicht an.

Das ist leider wahr, da kann man halt auch gleich mit der Wand reden :/