Politik 101 - Landtagswahl in Bayern - AfD im Landtag
15. Oktober 2018
Wie es sich mittlerweile wohl eingebürgert hat gibt es auch zur Landtagswahl in Bayern [1] eine Zusammenfassung und Interpretation meinerseits. Wobei ich in diesem Fall sagen muss, dass ich diese Wahl nicht gerade extrem eng verfolgt habe, da ich mich auf einer Konzertreise befinde und am Sonntagabend auch einen Auftritt haben durfte, der das Anschauen von Wahlanalysen in Sachen Spass, Begeisterung und Stimmung bei weitem in den Schatten stellt, auch wenn der zukünftige bayerische Landtag [2] auch ziemlich anders aufgestellt sein wird als bisher. Deswegen fällt die Analyse etwas weniger intensiv aus als auch schon.
Das Maximilianeum, das Landtagsgebäude Bayerns [3].
Der Freistaat Bayern [4] ist mit einer Fläche von 70.550 km² das flächengrösste Bundesland der Bundesrepublik Deutschland und mit gut 13 Millionen Einwohnern das Bundesland mit der zweitgrössten Bevölkerungszahl.
Tabelle: Stand: Vorläufiges amtliches Ergebnis. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,4 Prozent, was gegenüber dem Wert von 63,6 Prozent von 2013 [4] einen deutlich erhöhten Wert darstellt. Die Wahlbeteiligung nahm um 8,8 Prozentpunkte oder 13,8 Prozente zu. Mit dem Wahlsystem habe ich mich nicht näher beschäftigt, aber da das neue Landesparlament um 25 Sitze grösser sein wird als das alte hat man es auch in Bayern mit einem Parlament von variabler Grösse zu tun. Die in der Tabelle angegebenen Umfragewerte beziehen sich auf die Mittelwerte der bei Wahlrecht.de veröffentlichten Umfragen ab September 2018 [5], total deren neun. Die angegebene Standardabweichung bezieht sich nur auf die Streuung der Umfragewerte, nicht auf deren Unsicherheit.
Partei | Letzte Umfragen [%] | 2018 [%] | 2013 [%] | Diff [%] | Sitze 2018 | Sitze 2013 | Differenz |
---|---|---|---|---|---|---|---|
CSU | 34,4 ± 1,0 | 37,2 | 47,7 | -22,0 | 85 | 101 | -16 |
Grüne | 17,4 ± 1,0 | 17,5 | 8,6 | +103,5 | 38 | 18 | +20 |
Freie Wähler | 10,1 ± 1,3 | 11,6 | 9,0 | +28,9 | 27 | 19 | +8 |
AfD | 11,7 ± 1,9 | 10,2 | - | n. d. | 22 | - | +22 |
SPD | 11,7 ± 1,0 | 9,7 | 20,6 | -52,9 | 22 | 42 | -20 |
FDP | 5,5 ± 0,4 | 5,1 | 3,3 | +54,6 | 11 | 0 | +11 |
Linke | 4,3 ± 0,4 | 3,2 | 2,1 | +52,4 | 0 | 0 | 0 |
Sonstige | 4,9 ± 0,8 | 5,4 | 8,7 | -37,9 | 0 | 0 | 0 |
---------- | ---------- | ---------- | ---------- | ---------- | ---------- | ---------- | ---------- |
Total | 100,0 | 100 | 100 | - | 205 | 180 | +25 |
Abkürzungen: n. d. bedeutet "nicht definiert", da die AfD bei der letzten Wahl noch nicht angetreten war, ist für sie keine prozentuale Zunahme am Wähleranteil gegenüber der letzten Wahl zu ermitteln. Diff zeigt den prozentualen Unterschied des Wahlergebnis 2018 gegenüber dem von 2013, nicht die Differenz in Prozentpunkten.
Die Gewinner
Fünf der grösseren Parteien konnten an Sitzen oder Wähleranteil gewinnen. Das sind die AfD, Bündnis 90 / Die Grünen, die Freien Wähler, die FDP und die Linke. Hauptwahlsiegerin ist die AfD, die bei ihrer ersten Teilnahme mit 22 Mandaten in den Bayerischen Landtag einziehen kann. Trotzdem ist ihr Resultat nicht unbedingt überwältigend gut, immer wieder wurde die Partei stärker gehandelt und erwartet. Sehr gut abgeschnitten haben auch die Grünen, die ihr Ergebnis von vor fünf Jahren mehr als verdoppeln konnten. Die Freien Wähler entwickeln sich weiter zu einer festen Grösse in Bayern und konnten sich in vernünftigem Rahmen weiter steigern. Die FDP freiert den Wiedereinzug in den Landtag, nachdem man 2013 den Einzug verpasst hatte. Die Partei die Linke hat sich auch steigern können, aber nicht in einem Mass, das es ihr erlauben würde, Mandate zu erringen.
Ohne Veränderung
An einem änderungsreichen Wahltag gab es wenigstens bei den grösseren Parteien keine, die ohne grössere Veränderungen geblieben ist.
Die Verlierer
Zwei Parteien haben eindeutig Wähleranteile und Sitze verloren. Das ist zum einen die SPD, die ihre Position als zweitstärkste Partei verliert und mehr als die Hälfte des früheren Wähleranteils einbüsst. Bezüglich der Anzahl Sitze - 22 neu gegenüber 42 zuvor - ist es etwas weniger als die Hälfte, die verloren ging. Damit verbunden ist ein Abstieg vom zweiten auf den fünften Platz, der der SPD zwar gleich viele Mandate wie die AfD beschert, sich in Sachen Wähleranteil aber trotzdem hinter ihr zurückliegt.
Auch die CSU, die in der letzten Legislaturperiode alleine regieren konnte, verliert auch viel, nämlich 22 Prozent gegenüber 2013 (10,5 Prozentpunkte). Dies entspricht auch einem Verlust von 16 Sitzen.
Mögliche neue Regierungskonstellationen
Die CSU erhält als weiterhin mit Abstand stärkste Partei den Auftrag zur Regierungsbildung. Nach aktuellem Stand wären Koalitionen im Verbund mit allen Parteien mit Ausnahme der FDP möglich. Man darf davon ausgehen, dass nur die Koalitionen aus CSU mit den Freien Wählern und der CSU mit den Grünen realistisch sind, wobei sich erstere sicherlich näherstehen dürften.
Fazit
Es gab am Wahltag einige Überraschungen. Mich hat das starke Abschneiden der Grünen überrascht, obwohl deren Resultat gemäss den Umfragewerten keine echte Überraschung war. Ich war eher deswegen überrascht, weil ich insbesondere anhand der Aussagen der Spitzenkandidatin nicht den Ansatz eines Grundes erkennen konnte, grün zu wählen. Ihre Aussagen zum Fall Chemnitz [6] und im Wahlgespräch der Bild-Zeitung [7] hätten mich persönlich abgeschreckt. Der Aufstieg der Grünen scheint direkt mit dem Abstieg der SPD verbunden zu sein. Die 20 Sitze, die letztere verlor, gewannen die Grünen hinzu.
Die CSU liess, sofern man die Betrachtung so weiterführt, Federn gegenüber den Freien Wählern, FDP und AfD. Da der neue Landtag bedeutend grösser sein wird - 205 Abgeordnete gegenüber 180 in der vorangegangenen Legislaturperiode - fällt das bezüglich der Sitzverluste eher etwas weniger auf. In den klassischen Lagern gesprochen, ergeben sich bei den Sitzen für die linke Seite aus SPD und Grünen neu 60 Sitze, gleich viele wie zuvor. Mit dem an Sitzen gewachsenen Landtag verringert sich der Anteil an den Sitzen aber von zuvor 1/3 auf 29,3 %. Für die klassischerweise rechte Seite, die weit in die Mitte hineinreicht ergeben sich neu 145 Sitze gegenüber zuvor deren 120. Deren Anteil an den Sitzen beträgt neu 70,7 % gegenüber zuvor genau 2/3. Sollte in Medien oder in der Politik von einem Linksruck in Bayern gesprochen werden, darf man das somit getrost als Wunschdenken oder gleich als Falschmeldung bewerten.
Die AfD scheint sich in Bayern nicht sehr gradlinig und mit gutem Programm ausgestattet präsentiert zu haben. Gerne wäre sie wohl die zweitstärkste Partei geworden, was aber nicht gelang. Schlussendlich reichte das Ergebnis bei weitem aus, um in den Landtag einzuziehen, für mehr wird man sich erst empfehlen müssen.
Die CSU hat ein doppeltes Problem. Einerseits will man für konservative Werte stehen, da bekommt man Druck von der AfD. Andererseits hat man wohl einige etwas progressivere Wähler angezogen, die die Politik der CDU/CSU auf Bundesstufe mögen. Links davon befinden sich die Grünen, denen in den letzten beiden Jahrzehnten trotz meist eher geringer Wähleranteile erstaunliche Beeinflussungen gelungen ist.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Landtagswahl_in_Bayern_2018
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Bayerischer_Landtag
[3] Diese Datei ist unter der Creative-Commons-Lizenz „Namensnennung – Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 nicht portiert“ lizenziert. Gefunden wurde sie unter [2].
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Landtagswahl_in_Bayern_2013
[5] http://www.wahlrecht.de/umfragen/landtage/bayern.htm
[6] Politik 094 - Pippi-Langstrumpf-Kollektivismus - Ein Beispiel. @saamychristen, 29. August 2018 https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/politik-094-pippi-langstrumpf-kollektivismus-ein-beispiel
[7] Grüne Spitzenkandidatin im BILD-Talk ohne klare Antworten - Genervter Zuschauer: „Wie eine Schülersprecherin“. Bild, 08. Oktober 2018 https://www.bild.de/politik/2018/politik/csu-laut-umfragen-im-allzeit-tief-kann-schulze-soeder-stuerzen-57697052.bild.html
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Gut zusammengefaßt.
Naja, zur Ehrenrettung der AfD muss ich darauf hinweisen, dass sie durch die CSU und Freien Wähler in Bayern mehr konservative Konkurrenz mit der selben Zielgruppe hat, als es in anderen Bundesländern der Fall ist.
Was das Endergebnis angeht, so bin ich insgesamt damit zufrieden, auch wenn der Zuwachs bei den Grünen eine Katastrophe ist.Da die Freien Wähler großteils aus Ex-CSUlern bestehen und sogar noch konservativer sind als die CSU selbst, ist mir die Koalition der beiden Parteien sogar lieber, als wenn die CSU allein die Mehrheit hätte bilden können.
FAZIT:Bayern ist gerade noch mal so davongekommen, allerdings graut es mir nun vor den Wahlen in Hessen, wo die Grünen ebenfalls so einen gruseligen Zuwachs zu haben scheinen und wo Freie Wähler nicht den Tag bzw. die Legislaturperiode retten können, zumal die mittlerweile pseudokonservative CDU in manchen Bundesländern ja längst kein Problem mehr damit hat, mit den Grünen zu koalieren.
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