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RE: ADHS in der Allgemeinpsychiatrie
Ich könnte auch genug Beispiele nennen, die in die ADHS-Richtung gehen bzw. da besser erklärbar sind. Aber immer wieder erlebe ich auch, dass dann Mütter von ADHS-Kindern (die bei uns sind) gar nicht selber diagnostiziert werden wollen. Die wollen lieber "Schmerzstörung" bzw. Fibromyalgie als ADHS als Diagnose haben...
...und dann gibt es noch eine 3. Gruppe, nämlich solche, die gar nicht bestreiten, dass sie ADHS haben, die aber dennoch ansonsten ganz und gar nicht mit dem Thema ADHS konfrontiert werden wollen. Gerade erst solch einen Fall erlebt. Meine Kollegin von dem Nebenjob in der Tankstelle, 27 Jahre, äußerlich bildhübsch, aber dennoch immer sehr stark geschminkt (was objektiv nicht notwendig ist), als ich sie etwas genauer kannte, viel es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen, was sich da hinter der Maske verbirgt (zum einen äußerlich die Maske, eben Schminke plus ein eigentlich gekünstelter Habitus, der das Impulsive verbergen soll und wohl über längere Jahre verautomatisiert ist), natürlich ADHS. Ich hielt es für eigentlich moralisch geboten, sie auf das Thema ADHS hinzuweisen, auch wenn im Nachhinein der Leidensdruck deutlich geringer zu sein scheint als ich ursprünglich angenommen hatte. Das resultierte dann in einer zwischenmenschlichen Sackgasse und gewissen zwischenmenschlichen Beschädigungen, die ich, so glaube ich, hoffen zu dürfen, ausräumen und kitten konnte. Sie hat nicht mal angezweifelt, dass sie ADHS hat, aber ansonsten bei dem Thema nur zu gemacht... von der Biographie her Paradebeispiel für ADHS, mit katastrophal schlechtem Abschluss oder sogar ohne Abschluss von Hauptschule abgegangen und dann Abi auf dem 2. Bildungsweg nachgeholt, was KJP-Erfahrungen angeht anamnestisch auch kein unbeschriebenes Blatt.
Anderes Beispiel: die Ehefrau meines besten Freundes, Leidensdruck durch ADHS dort größer als Null, aber eher marginal, auch sie hat gar nicht angezweifelt, dass sie ADHS hat, hat aber ansonsten auch rein gar nichts von dem Thema wissen wollen.
Ich wage mal die Hypothese, dass diese 3. Gruppe der ADHS-Betroffenen, die gar nicht anzweifeln, dass sie ADHS haben, aber ansonsten eine Beschäftigung mit ADHS für sich selbst für irrelevant halten (das kann zum einen eine tatsächliche Einschätzung als irrelevant sein, zum anderen aber auch vielleicht oft die Scheu und Angst, dass dadurch alten Wunden wieder aufgerissen werden), vor allem Betroffene sind, die insgesamt relativ gut im Leben stehen, keine sozial isolierten Psycho-Wracks sind, Leute sind, die zwar ihre Probleme haben, aber die ansonsten im Leben insgesamt vorankommen. Dafür kenne ich nun mindestens 3 Beispiele dafür.