Lass dir diesen Artikel nicht durch die Lappen gehen! - Der REDENSART auf der Spur --- #4

in #deutschdienstag6 years ago (edited)

Psychologisch ist es eventuell wenig sinnvoll, direkt in der Einleitung eines Textes für einen anderen Beitrag zu werben, doch das tut gerade nichts zur Sache, denn es ist ohnehin alles eine Frage der Wahrnehmung. Schau dir gerne im beworbenen Artikel nur die beiden Videos (je eine Minute) an, du musst nicht mal den Text lesen, um aus dem Staunen über die Reizfilterfunktion deines eigenen Gehirns nicht heraus zu kommen! Die Vorführung der eigenen Wahrnehmungsfähigkeit ist so verblüffend, dass ein Leser ungläubig kommentierte:

Da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt!

Dieser umgangssprachliche Ausruf gilt als Synonym für den Ausdruck von Überraschung, Verwunderung, gar Ratlosigkeit. Er vermittelt starkes Erstaunen, wenn etwas nicht zu fassen ist.

Ihren Ursprung findet diese Redewendung in einer Schnurre um Till Eulenspiegel, jenem Schalk, der im 14. Jahrhundert sein Unwesen trieb und dessen Geschichten erstmals 1515 von dem Verleger Johannes Grüninger in einer mittelniederdeutschen Schwanksammlung namens "Ein kurtzweilig lesen von Dil Ulenspiegel" verschriftlicht herausgegeben wurden.
Till Eulenspiegel war dafür bekannt, seinen Mitmenschen mit viel Geisteskraft ihre eigenen Unzulänglichkeiten aufzuzeigen und sie bloßzustellen. Er spielte teilweise boshafte Streiche, indem er z.B. alles symbolisch Gesprochene wörtlich nahm, Aufträge ohne Wenn und Aber ausführte.

So ist überliefert, dass Eulenspiegel einst bei einem Bierbraumeister in Einbeck eingestellt war, welcher ihm auftrug, während seiner Abwesenheit als Vorbereitung des edlen Gerstensaftes schon mal ordentlich den Hopfen zu sieden, damit das Bier schön scharf schmecke. Dummerweise hieß der Hund des Brauers Hopf, der in der heißen Braupfanne wohl nicht nur verrückt wurde, sondern auch sein Leben ließ.

Den nahm er, als das Wasser heiß ward, und warf ihn darein und ließ ihn wohl darin sieden, daß ihm Haut und Haar abging und das Fleisch überall von den Beinen fiel.

Der zurückgekehrte Meister fand die Reste des "Hopfen", während der Schelm wieder einmal behauptete, er habe nur ausgeführt, was man ihm aufgetragen habe und sogleich vom Hof gejagt wurde.

In der Hoffnung, dass diese grausame Überlieferung fiktiv ist, haben wir nun eine Herkunftserklärung für die eher lustig erscheinende Redensart, doch

Wo liegt denn nun der Hund begraben?

Dort, wo der Hund begraben liegt, finden wir umgangssprachlich die Ursache eines Problems, das Ausschlaggebende einer Angelegenheit, das Wesentliche einer Gegebenheit.

Als Erklärung für die Entstehung dieser Redewendung gibt es zwei angenommene Ursprünge.
Zum einen beziehe sie sich laut einer Fabel auf einen Hundegedenkstein mit der Inschrift "Anno 1630 Jahr der 19 März ward ein Hund hieher begraben" im Ort Winterstein in Thüringen. Dieser Hund soll seinem Herrn das Wichtigste, das Wesentliche gewesen sein, so treu, dass er ihm noch über seinen Tod hinaus Liebesbriefe überbracht habe.

Wahrscheinlicher und älter, nämlich im 16. Jahrhundert im Volksglauben entstanden, sei, dass Zerberus, der schwarze Höllenhund, der in der griechischen Sage den Eingang zum Totenreich bewacht, mit glühenden Augen einen unter der Erde verborgenen Schatz hütet. Schatztruhen waren zu dieser Zeit häufig mit dem Abbild des Teufels oder eines bösen Hundes, der wohl mit ersterem gleichzusetzen ist, verziert. Wusste man, wo der Hund ver(be)graben ist, hatte man den Schatz!
Bei gleichbedeutender sprachlicher Nutzung ist also mal wieder der Teufel des Pudels Kern, der Mephisto in Goethes Faust (1808), dessen Genuss dir auch eines nicht darf...

Durch die Lappen gehen

Dann nämlich entgeht dir etwas, du verpasst eine wichtige Sache, ergreifst eine Chance nicht. Oder aber du drückst aus, dass dir jemand oder etwas entkommen bzw. entwischt ist.

Die Redewendung ist seit dem 18. Jahrhundert belegt und entstammt der Jägersprache.
Damit die Treibjagd, die einst vornehmen Jagdgesellschaften vorbehalten war, in jedem Fall mit einer fürstlichen Trophäe endete, wurden ab dem 16. Jahrhundert die Fluchtwege des Hochwildes eingeengt, indem man zwischen den Bäumen Leinen spannte und an diese große Stofflappen hing. Die sogenannte Lappjagd galt als Teil der Treib- bzw. Drückjagd, die Lappen sollten die Tiere am Ausbrechen aus der Schusszone hindern. Flüchtete das gehetzte Wild doch einmal über die nach Mensch riechende und damit beängstigende Grenze, ging es wortwörtlich durch die Lappen, der Jäger verpasste den Todesschuss, ihm entging der sicher geglaubte Braten.

Ich bedanke mich für deine Aufmerksamkeit, ich habe nichts mehr hinzuzufügen, der Hase liegt im Pfeffer.

Weitere "entzauberte" Redensarten

Und ein paar Wörter auf dem Abstellgleis

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14.08.2018


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Dummerweise hieß der Hund des Brauers Hopf, der in der heißen Braupfanne wohl nicht nur verrückt wurde, sondern auch sein Leben ließ.

Ich bin schockiert, dass diese Redewendung einen so grausigen Ursprung hat! Danke für diese Enttäuschung, liebe Christiane!

Komm gut ins Wochenende!

Moin Melanie,
jo, auch ich wurde von der Täuschung befreit, dachte, das wäre bestimmt einer dieser bekloppten Spontisprüche. So gruselig...
Aber wenigstens kommt die Redewendung nicht aus China und wir können bei Eulenspiegel davon ausgehen, dass es sich bei der Geschichte um eine Mär handelt ;-)
Dir auch ein schönes Wochenende,
LG, Chriddi

Sehr schön wieder einmal! Amüsantes Lesen, das mir auch noch Erkenntnisse beschert - was will ich mehr?

Nüscht :-)

Ich danke dir wieder einmal für dein Verfolgen dieser Serie - und wenn ein Aufrechterhalten nur für dich ist ;-)

Danke für den guten und witzigen Beitrag. Beste Grüße.

Gern geschehen :-)
Gruß zurück.

Junge Frau,
Sie verkomplizieren mir den Zugang zu Redewendungen, die mir bislang flüssig von den Lippen tropften, aber nun mit soviel intellektuellem Ballst behaftet sind, dass ich nach meinen Dritten Ausschau halten muss, um das von Ihnen zugeschusterte, neue Wissen richtig durchkauen zu können.

Außerdem unterlief Ihnen bei den wissenschaftlichen Ausgrabungen der eine oder andere Fehler. So heißt es nämlich nicht “Der Hund wird in der Pfanne verrückt”, sondern er wird tierfreundlicher “neben der Pfanne verrückt”.

Ein Anruf bei meinem Arzt des Vertrauens (ist übrigens der selbe, der Hund, Hamster und Katze versorgt) brachte mir die Bestätigung ein, die mir noch fehlte, um diese Zeilen in die Netzstrumpfhose zu klöppeln zu können. Dieser umtriebige Wunderheiler mit erkaufter Approbation versicherte mir mehr oder weniger glaubhaft, dass Hunde in der Pfanne eher zu Haarausfall und Schweißpfoten neigen, während neben der Pfanne dem Wahnsinn gerne eine Chance eingeräumt wird.

Diese Aussage deckt sich mit eigenen Beobachtungen, die ich leider nicht filmisch festhalten konnte, da Filme neuerdings die Eigenart mitbringen, ständig weiterzulaufen. Also sehr schwierig mit dem Kochlöffel in der Hand und dem verrückten Hund in Lauerstellung, auch noch den Film festzuhalten.
Mit der Hilfe der Person, die es benötigt eine harmonische Zweierbeziehung zu führen, ist auch nicht zu rechnen, da sie ständig mit dem Spaten in der Hand suchend auf dem Grundstück umherwandert.
Letztlich stellte ich eine schriftliche Anfrage (Einschreiben mit Rückschein) in der ich um Aufklärung in Sachen “wandernder Spaten” erbat.
Die Antwort (leider nicht schriftlich und ohne vielleicht später noch benötigte Zeugen):
“Ich schaufele das Grab für dich und deinen verrückten Hund.”

Da kotzt doch der Gaul vorm Supermarkt - oder wie immer die Redewendung richtig heißt.

Übrigens kenne ich mich mit den Lappen nicht so gut aus. Für’s Wäschewaschen sind die Frauen zuständig. Soweit kommt’s noch …

So, junge Frau, ich hoffe sie nicht gestört zu haben und wünsche Ihnen noch eine schöne Zeit bei ihren Ausgrabungen.

Grüße von dem Mann, der einfach die Klappe nicht halten kann.

Ohne Worte...

... das kann und will ich mir bei dir überhaupt nicht vorstellen!

Werter Herr,

ich würde mich ja entschuldigen, merkte ich nicht auf Anhieb, dass Ihnen der abfällig als Ballast bezeichnete intellektuelle Mehrwert nicht die Sprache verschlagen hat und Ihr Wörtersee ob der lang anhaltenden Hitzeperiode nicht gänzlich ausgetrocknet zu sein scheint.
Zudem nehme ich eine intakte Beziehung wahr, Ihre Gattin dürfte Sie bei der Spatenstecherei nach wie vor als Schatz ansehen.

Des Weiteren möchte ich Sie bitten, mich bezüglich der abgründigen Recherchefehler früher zu informieren. Ihnen dürfte die kurze Halbwertzeit eines Steemit-Artikels bekannt sein.
Selbstverständlich ärgere ich mich am meisten über meine eigene Schlussfolgerungsfähigkeit. Natürlich werden die Hunde neben, gehäuft aber auch unter der Pfanne bzw. der Herdplatte verrückt. Wie sonst sollte man den Chorgesang der winselnden Gefolgschaft interpretieren, wenn statt ihrer das Putenragout fröhlich vor sich hin siedet?

Als Dank für Ihre Unterstützung werde ich Ihnen aus meinem nächsten Urlaub im Kulturgebiet der Samen eine Rentierschaufel zukommen lassen, diese wird in Ihre Sammlung der Neunender passen.

Klappe zu, Affe tot,
Gruß aus der Etymosphäre

Dass Artikel, die den weiten, beschwerlichen Weg aus der Ethymosphäre in die Niederungen der überhitzten Phrasenbäder auf sich genommen haben, vorab eine Halbwertzeit mit ins Gepäck gelegt wird, erachte ich als einen Frontalangriff auf den mit Geist und Verstand gespickten Satz.
Somit ein Akt purer Verzweiflung derer, die beide Komponenten bereits vor langer Zeit aus ihren skripturalen Ergüssen verbannt und nun den Kontakt mit ihnen zu scheuen scheinen.

Die Wirkung solch auferlegter Selbstzerstörungszünder zu mindern, oder gar ganz außer Kraft zu setzen, gelänge nur mit der Vermeidung des Reply und der Erstellung eines eigenständigen Artikels, in den das O-Dokument jeweils wieder eingebaut wird.

Könnte funktionieren, ist aber zumindest eine Überlegung wert.

Die zeitliche Verzögerung ist leider oft nicht zu vermeiden, da

  • die Lerche nicht gerne zur Eule wird
  • auch ein Leben ohne kryptische Hierarchien vorstellbar scheint
  • der erste Satz auf sich warten lässt
  • oder der Sinn nach Nichtstun steht

An meinem Habitus Ihre Botschaften aus der alten Zeit schräg zu hinterfragen wird sich natürlich auch zukünftig nichts ändern. Es gilt lediglich das Prozedere zu überdenken.

Auf ein weiteren produktiven und humorvollen Austausch der Gedanken und Ausgarbungen. Alles unter dem Motto: Etymologie trifft auf Dilettantismus

Grüße von dem Mann, der sich so seine Gedanken macht

Lieber Denker,

die Idee mit dem eigenständigen Artikel könnte aus mehreren Gesichtspunkten von Vorteil sein, aus rein emotionaler Sicht muss ich aber anmerken, dass mir Ihre geschätzten Kommentare sehr fehlen würden. Durch die Kunst der Verlinkung könnte diese Problematik umgangen werden, doch was geschieht mit dem Lesefluss, der den Wörtersee doch ständig speist?

Sie müssen sich doch nicht rechtfertigen. Und ich weiß nicht so recht, ob Sie nicht doch ein wenig geflunkert haben. Ein Leben neben Steemit? Wo kommen wir denn da hin?!

Einfach nur liebe Grüße,
Christiane

Wie immer interessant - man sagt oft vieles ohne darüber nachzudenken was man oder wo der Ursprung sein könnte :)

Ich glaube, da würde man auch verrückt werden, wenn man sich jedesmal überlegt, wo etwas herkommt. Da selektiert das Hirn schon ganz gut. Aber wenn es dir Spaß macht, irgendwann mal nachzuschauen und du bis dahin nicht vergessen hast, wonach du schauen wolltest, ist's noch besser ;-)

Grossartig!
ein weiteres Wort auf dem Abstellgleis: Das Luder

Danke für deine Rückmeldung!

Echt jetzt? Luder? Das ist mir sehr bekannt, lebe ich doch auf einem Dorf, in dem auch der ein oder andere Jäger des nachts den Hochsitz besteigt.

Aber gerne, sehr, sehr gerne ;-)

Würde jetzt gerne den Till sehen, wie er den Hochsitz besteigen würde :D
Wenn du mir jetzt noch erzählst dass die Jäger ihre Luder vom Schinder erhalten, dann lebst du aber im abgelegensten Dorf aller Dörfer :-)

Und er bewegt sich doch...!

Ach ja, da war doch was... Ich blende den und alle seine Dependancen immer einfach aus. Tststtstssssssssss. So ist das mit den Jägern: ein einfaches Hallali ist doch auch ganz schön ;-)

:D
Ganz so dramatisch ist es nicht, das werden die anderen etwa 200 Seelen bestätigen.
Aber danke für die Inspiration, warum nicht mal abgestellte Wörter aus dem Jägerlatein?!

Wird auch Zeit, dass die Jäger endlich merken, dass Latein eine tote Sprache ist!!!! ;-)

Latein tot? Nicht ganz, immerhin ist es einzige offizielle Landessprache des kleinsten Staates der Welt, der aber dennoch international sehr einflussreich ist.

Servus,

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