Die eigene Gitarre bauen! Teil 1
Hallo Steemians!
Ich bin Student an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und seit meiner Kindheit leidenschaftlicher (aber recht mäßiger) Musiker. Als Kind durfte ich noch Klavier- und Trompetenunterricht genießen und fand dadurch früh zur Musik. Seit ungefähr drei Jahren habe ich die Schönheit der Gitarre entdeckt und bringe mir seitdem autodidaktisch (YouTube sei Dank) das Gitarrespielen bei.
(You can find a shortened english version on my blog)
Vor ziemlich genau anderthalb Jahren habe ich mir auch meine erste elektrische Gitarre zugelegt (eine Randy Rhoads RX10D), die mir viel Freude bereitet. Allerdings reift seit der Anschaffung auch der Wunsch in mir heran eine Klampfe zu besitzen, die vielfältiger einsetzbar ist und schöne Tonvariationen bietet. Da hier das Angebot an Gitarrenhändlern leider recht überschaubar ist und ich keine Gitarre finden konnte, die sowohl optisch als auch klanglich meinen Anforderungen entsprach, kam ich auf die wahnwitzige Idee mir eine eigene zu bauen.
Natürlich war ich mir jederzeit bewusst, dass der Bau einer Gitarre kein allzu einfaches Unterfangen ist, also habe ich nach einem Gitarrenbauer gesucht, der mich auf dieser Reise begleiten möchte und wurde in Leipzig fündig.
Ich werde im folgenden Eintrag meinen Fortschritt und einige Besonderheiten beim Gitarrenbau erläutern. Ihr findet auf meinem Blog auch eine sehr abgespeckte englischsprachige Version, für diejenigen, denen das hier zu viel Text wird, ist das vermutlich eine gute Adresse ;)
Bevor der Bau der Gitarre losgehen konnte, musste ich mir erstmal Gedanken zu meinem Design machen.
Wie der geneigte Leser erkennen kann, habe ich mich sehr von der Schönheit einer Fender Telecaster mit einem Hauch Les Paul inspirieren lassen. Auf der Schablone wird auch die sogenannte Mittellinie eingezeichnet. Sie wird im weiteren Verlauf immer wieder übernommen, um das Maß zu halten und die einzelnen Komponenten richtig zu positionieren. Außerdem ist es wichtig, sich auf eine Mensur festzulegen. Als Mensur wird die Länge der frei schwingenden Saite bezeichnet (der Bereich zwischen Sattel und Steg). Bei meiner Gitarre wurde es eine 648 mm Mensur. Je kleiner die Mensur, desto heller die Gitarre (mal hier als Faustregel erwähnt).
Anhand der Mensur werden u.a. die Positionen der Tonabnehmer und die Bundbreite bestimmt, weshalb die Wahl und Beibehaltung essentiell für den gewünschten Ton ist! (Die Mitte der Mensur bildet übrigens der 12. Bund)
Nachdem ich den Korpus fertig entworfen habe, habe ich mich auch an den Gitarrenkopf gesetzt. Leider steigt mit der Extravaganz des Designs auch die Schwierigkeit der Herstellung exponentiell, weshalb es dann doch ein vergleichsweise simpler Entwurf wurde.
Auf der Schablone erkennt ihr die Vormarkierungen für die Mechaniken und den Lauf der dazugehörigen Saite. Als ich die Entwürfe fertiggestellt habe, habe ich mich an die Auswahl der Klanghölzer begeben. Klanghölzer haben im Gegensatz zu Bauholz unterschiedliche Qualitätsmerkmale. Wer vorhat sich eine Gitarre zu bauen, die den im Handel erhältlichen in nichts nachsteht, wird nicht darum herumkommen sich einige Zeit mit der Wahl des Holzes zu beschäftigen.
Vorweg sei hier angemerkt, dass ich mir eine Gitarre mit drei single coils-Pickups baue. Normalerweise wird hier ein leichtes Holz für den Korpus verwendet. Da ich aber kein Freund von Konventionen bin, wurde es bei mir das vergleichsweise schwere und dunkle Mahagoni. Man befestigt nun die Schablone auf dem Korpusstück und kann mithilfe einer Fräse die Form des Korpus fräsen.
Man kann hier auf dem Bild übrigens wunderbar erkennen, dass das die erste Fräsung meines Lebens war. An der Schablone sind "leichte" Verbrennungen zu erkennen. An diesen Stellen habe ich ein bisschen zu lange mit der Fräse verharrt, aber das tut der Gitarre keinen Abbruch. Achtet darauf, dass der Laufring der Fräse entlang der Schablone läuft, um zu vermeiden, dass ihr in den Korpus reinfräst!
Da ich mich für einen Aufleimer entschieden habe (dazu gleich mehr), musste ich nun relativ früh auch die Aussparungen für den Kabelverlauf aus dem Korpus herausfräsen. Der Freiraum für die Pickups wird erst herausgefräst, nachdem man den Aufleimer angebracht hat - eine durchgezogene, mehrere Millimeter breite Linie im Aufleimer wäre ja auch alles andere als ästhetisch ansprechend ;)
So viel zu dem Holz und der Grundform des Korpus. Für den Hals fiel meine Wahl auf ein schönes, helles Ahornholz. Um der Gitarre hier noch einen persönlichen Touch zu verleihen, habe ich zwischen den Ahorn ein exotisches, lilanes Amaranth-Holz eingefügt. Der Übergang zwischen Ahorn und Amaranth wird durch Ebenholzfurniere markiert.
Wie war das nun mit dem Aufleimer? Mein Aufleimer wurde ein sehr extravaganter aber gleichermaßen schöner gestockter Ahorn. Stocken wird im Englischen als spalting bezeichnet und ist die Folge eines Befalls der Stockschwämmchen und resultiert in einer einzigartigen Färbung. Leider bedeutet der Befall auch, dass das Holz außerordentlich hartnäckig in der Bearbeitung ist, da die unterschiedlichen Farbtöne auch unterschiedliche Härtegrade bedeuten. Wer sich für gestocktes Holz entscheidet, dem sollte bewusst sein, dass hier viel Potenzial für Frust besteht!
Der Aufleimer musste vorm Leimvorgang gerade gehobelt werden. Hier wird man das erste Mal feststellen, dass gleichmäßiges Hobeln viel Kraft erfordert. Kommt man an weiche Holzstellen, rutscht man auch mal gerne ordentlich weg. Hier ein Bild vom bärtigen Ich beim Hobeln!
Das Resultat lässt sich aber durchaus sehen.
Da das Holz jetzt eben und bereit für die Weiterverarbeitung ist, konnte ich mich ans Leimen machen. Beim Leimen müsst ihr unbedingt drauf achten, dass ihr weder zu viel, noch zu wenig Leim benutzt. Ich habe, um eine Nummer sicherzugehen und weil ich wenig fähig bin, gerne mal zu viel benutzt. Der Leim sollte an allen Leimstellem im Optimalfall gleichmäßig rausquillen.
Tut es hier zwar nicht, aber hält trotzdem ;)
Hier habe ich mich schon deutlich besser angestellt. Wir haben den Leim dann 48 Stunden trocknen lassen. Man muss zwar keine 48 Stunden warten, aber da ich den einen Tag sowieso nicht in der Werkstatt war, hat sich das angeboten. Der fertig geleimte Hals wird nahe des Kopfstückes zersägt, das kurze Stück umgedreht und wieder auf den Hals geleimt. Der Fachbegriff hierfür ist übrigens angeschäftete Kopfplatte. Das erhöht die Stabilität des Halses, da die Saiten in einem Winkel über den Sattel laufen und so die Zugkraft verringert wird. Außerdem sitzt die Saite so sicher und mit genügend Druck!
Während der Hals eingespannt und am trocknen war, habe ich mich wieder dem Korpus gewidmet. Der Aufleimer ragte nämlich noch deutlich über den Korpus hervor und ich durfte in guter, alter Handarbeit den Überstand wegsägen und dann mit einem Ziehmesser eben schleifen. Rückblickend möchte ich an dieser Stelle anmerken, dass die Schleifarbeiten das Anstrengendste beim Gitarrenbau waren. Gerade als ungeübter Handwerker schleift man schnell Unebenheiten in das Holz, die man nicht einmal sehen kann. Hier kam ich mehrmals an meine Frustrationstoleranzgrenze.
Und da ich so gerne leime und am Kopfstück das Amaranth unschön in die Länge gezogen wurde, habe ich auf das Kopfstück noch ein Furnier Ahorn geleimt.
Dem aufmerksamen Leser wird hier auffallen, dass ich beim Kopfstück sehr knapp gearbeitet habe (an der Bleistiftzeichnung zu erkennen) und dadurch keine Toleranz für Fehler hatte. Hat aber trotzdem alles geklappt.
Als nächstes habe ich die Aussparung für den Halsstab gefräst. Der Halsstab wirkt unter Spannung der Zugkraft der Saiten entgegen und verhindert, dass sich der Hals verzieht. Ist also nicht wegzudenken, es sei denn man möchte eine nicht bundreine und verzogene Gitarre.
Noch einen Aufleimer für das Kopfstück anbringen und Unebenheiten entfernen - fertig ist das Grundgerüst für meinen Gitarrenhals.
Auf diesem Bild sieht man die Einzeichnungen für das Griffbrett, was ich danach auch direkt aufgeleimt habe. Das Griffbrett läuft mit einigen Millimetern Unterschied "spitz" zu. Darauf ist unbedingt zu achten! Um mein Ebenholz-Griffbrett anzuleimen habe ich in die Bundaussparungen Löcher gebohrt (2mm Durchmesser). Durch diese Löcher habe ich das Griffbrett mit Zahnstochern auf dem Hals befestigen und festleimen können.
Die Fixierung des Griffbretts ist wichtig, damit das Griffbrett während des Leimvorgangs nicht verrutscht. Passiert das doch, hat man leider den Hals versaut und darf bei Null anfangen.
Während der Hals (mal wieder) trocknet, habe ich schnell noch ein paar unschöne Stellen am gestockten Ahorn ausgebessert. Das ist leider durch den Pilzbefall unvermeidlich.
Als der Hals dann endlich trocken war, konnte ich mich daran machen ihn auf eine spielbare Stärke zu bringen. Hierzu habe ich am Anfang und am Ende des Halses die grobe Form reingefeilt. Danach konnte ich mit einem Hobel das Holz gut runternehmen.
Die Verbindung zwischen Hals und Kopfstück musste aber dennoch per Hand in Form geschliffen werden. Kleine Anmerkung am Rande: Falls ihr einen Gitarrenbauer mit dem Bau einer Gitarre beauftragt, dürfte der Hals aufgrund der unzähligen Arbeitsstunden das teuerste Stück werden.
Bei der Arbeit am Hals hat man aber eine gute Möglichkeit, das eigene Instrument sehr individuell an die eigene Spielweise anzupassen. Durch die Form kann man unterstützend eingreifen. Entscheidet man sich für die klassische halbrunde Form oder doch lieber was abgeflachtes? Liegt der Daumen stets fest auf einer Linie am Hals bietet sich vielleicht sogar eine Schiene an. Den Möglichkeiten sind hier quasi keine Grenzen gesetzt.
Als nächstes habe ich mich dann ans Griffbrett gesetzt. Die Bundstäbchen wurden in die richtige Länge geschnitten und von mir nach Bünden sortiert. Um die Bundstäbchen in die vorgesägten Aussparungen zu bekommen ohne den Hals und das Griffbrett zu verletzen, ist Fingergeschick erforderlich. Am besten geht das mit einem Gummihammer, guten Unterlagen und einem gezielten Schlag. Mehrere Schläge bergen die Gefahr alles kaputt zu machen. Bevor man allerdings die Bundstäbchen einsetzt, kann man eine Wölbung in das Griffbrett schleifen, die das Spielgefühl verbessert. (s. Grafik von Wikipedia)
Die Bundstäbchen werden dann abgeschliffen, um die Verletzungsgefahr beim Spielen zu minimieren. Bevor ich mit dem Polieren angefangen habe, schnappte ich mir noch schnell paar Messingröhrchen und habe die als Bundmarkierungen ins Griffbrett gejagt.
Die Markierungen abschleifen, das Griffbrett mithilfe eines umgebauten Akkuschraubers auf Hochglanz polieren und fertig ist es!
Danach werden die Öffnungen für die Tonabnehmer und die Kontrollplatte gefräst. Da ich es schade gefunden hätte, wenn man das Maghagoni nicht auch in der Frontalansicht zu Gesicht bekäme, habe ich eine Armschräge in den Korpus geschliffen. Hierfür greift man sich wieder eine grobe Feile und nimmt ordentlich Holz runter. Dann hilft der Griff zum bewährten Schleifpapier ;)
Während meiner letzten Sitzung habe ich die Satteltasche gefräst. In der Satteltasche wird der Hals mithilfe von Schrauben (Bolt-on-Bauweise) fixiert. Außerdem musste ein bisschen Holz auch der Führung der Saiten und für die Schrauben der Brücke weichen.
Beim Fräsen der Satteltasche ist leider das Unvermeidliche passiert und der Aufleimer hat den Dienst verweigert. Ist aber Gott sei Dank nichts, was nicht ein bisschen Leim und Handwerkerspucke wieder richten könnten.
Hier seht ihr meinen aktuellen Stand. Im nächsten Teil werden die Mechaniken und die komplette Hardware montiert und zusammengelötet. Außerdem werde ich euch auch alle Daten und Links zu meinen verwendeteten Bauteilen nachliefern. Lasst es mich wissen, wenn euch mein Eintrag gefallen hat!
Wow! Das sieht schon sehr geil aus :-O Mir würden die Werkzeuge und auch die Geduld dafür fehlen :-D Aber ich bin schon gespannt, wie das Endergebnis aussieht :)
Kannst du vielleicht dann auch mal ein Video hochladen? Dann könnte man sich vom Klang und deinen Spielkünsten ein besseres Bild machen :)
Steem on!
Dankeschön! Die Werkzeuge durfte ich beim Gitarrenbauer mitbenutzen, sonst wäre das sehr schwer geworden.
Werde ich definitiv machen, sobald ich die notwendige Aufnahmehard- und Software habe!
Das ist sehr ambitioniert und sieht gut aus.
Dankeschön, das freut mich zu lesen!
Was für eine Wahnsinnsleistung! Hut ab vor so viel Können und Geduld!
Danke für den netten Kommentar!
Hast du vor den Korpus noch zu färben? Die Decke sieht so schön aus, da muss meiner Meinung nach nur nen Klarer Lack drüber _
Warum eigentlich 3 SCs? Das ist ja weder traditionell für die Tele noch für ne Paula.
Ich wünschte ich hätte das nötige Know How/handwerkliche Geschick um mir Klampfen selbst zu bauen. Naja, muss ich wohl erstmal dabei bleiben meine Pedals selbst zusammen zu löten ;)
Nein, der Korpus wird lediglich mit einem Klarlack und der Hals mit Öl und Wachs bearbeitet, um die Spielbarkeit durch einen womöglich klebrigen Lack nicht zu beeinträchtigen. Habe mich für die drei SCs entschieden, um mehr Möglichkeiten zu haben. Der Switch wird auch 5 statt 3 stufig (wie das bei einer Tele z.B. ist). Bin auch ein großer Fan vom Sound einer Strat, gerade was die brillianten Höhen angeht, das wollte ich mir nicht entgehen lassen.
Habe mir dein Distortion Pedal angehört, das ist ja ein mehr als ordentlicher Bums, der da rauskommt! Chapeau. Ohne meinen Gitarrenbauer hätte ich es aber auch nicht geschafft, gerade weil man auch ziemlich viel Werkzeug braucht, wenn man denn vorwärts kommen möchte.
Was für ein geiles Projekt. Sieht ja bisher schon klasse aus! Wahnsinn - hab noch nie darüber nachgedacht wie man sich eine eigene Gitarre baut ;-) Daher danke für den Einblick.
Danke und es freut mich, dass ich Dir bisschen mehr über die Welt der Gitarren zeigen konnte!
Großartig! Gitarrespielen ist eins meiner ´Ruhenden Hobbys" momentan. Hab' noch nie gesehen, wie man eine Gitarre zusammenbaut. Schaut beeindruckend aus!
Danke Dir!
Wow , ich bin begeistert wieviel Liebe und Leidenschaft darin steckt. Ich mache ja auch ne Menge mit Holz, vor allem anbrennen :D ... Brandmalerei ... Mir wurde auch schon einmal eine selbst gebaute Gitarre überlassen um diese zu verschönern. Dies viel mir extrem schwer, vor allem mit dem Wissen, machst du ein Fehler ist alles futsch. Es ging gut :D... Hut ab vor dem ganzen....
Schönen Abend wünsch ich noch
Danke für dein Feedback! Du hast auf jeden Fall recht, man muss höllisch aufpassen, vor allem, weil man auch meistens nur mit einem Millimeter Toleranzbereich arbeitet. Da einen Fehler machen und das Instrument wird deutlich anders als geplant...
Hast du vielleicht einen Post zu deiner Arbeit? Würde mich sehr interessieren, wie du das machst. Holz ist einfach nur ein grandioser Werkstoff! Dir auch einen schönen Abend.
wirklich toll! leider habe ich kein händchen für holz, aber du offensichtlich schon. weiter so!
ich freue mich auf teil zwei!