Review: Konzil der Bäume - die üblichen Kinderkrankheiten

in #deutsch6 years ago

von Franz Rheinberger
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Der neu erschienene Comic „Das Konzil der Bäume“ aus dem Hause des Splitter Verlags, wird auf dem Klappentext damit beworben, dass dieser „alle Zutaten einer viktorianischen Horrorstory zu einem Comicerlebnis“ vereint. Dies ist doch mal eine vielversprechende Ansage für den ursprünglich französischen Horror-Comic – Le concile des arbres. Für die Geschichte ist Pierre Boisserie verantwortlich, während Nicolas Bara die zeichnerische und farbliche Gestaltung übernahm.

Die Geschichte beginnt in düstere Farben getaucht mit einem der zentralen Orte der Handlung, dem königlichen Hospital für Frauen und Kinder. Um Mitternacht erheben sich dort einige Kinder, bewegen sich in Trance auf das Dach des Gebäudes, um dort einen fremden Singsang anzustimmen. Weil man diesem unnatürlichen Vorgang, der an Bahnhofsklatscher erinnert die mit ihren englischen Parolen alles Fremde bejubeln, keineswegs Herr wird, schickt das „Öffentliche Ministerium für Privatangelegenheiten“ – allein schon dieser Name ist grandios – zwei seiner besten Paranormalermittler. Diese beiden tragen die Namen Kasimir Duprey und Artemis Hartcourt und sind ein ziemlich ungleiches Paar, wie man im weiteren Verlauf der Erzählung immer mehr mitbekommt, aber wie es sich für diese Art von Geschichten auch schickt.

Die Geschichte ist ziemlich rasant erzählt, wartet aber mit interessanten Wendungen auf und bietet einen faszinierenden Höhepunkt. Dabei werden die mannigfaltigen Charaktere gut eingeführt, deren Aussehen jedoch eher unproportioniert ist und die Figuren somit eher an Karikaturen erinnern. Ein dicker Bibliothekar sieht beispielsweise sehr gedrungen aus und erinnert so schon mal durchaus an die „Gäste“ aus „Little Nightmares“ oder der Boss des öffentlichen Ministeriums entfernt an die „Bosses of the Senate“ von Joseph Keppler.
Die Stärke liegt jedoch genau in den Zeichnungen, besonders in jenen der Umgebungen. Diese wirken nämlich im Gegensatz zu den Figuren realistischer, was eine gewisse Asymmetrie hervorruft, woraus sich dennoch eine Synergie ergibt. Das Besondere ist dabei der Detailreichtum. Wenn man ein Labor betrachtet, sieht man selbst noch im Hintergrund deutlich Kolben und Fläschchen stehen. Und bei einem ausgelegten Teppich sieht man zwar nicht jede Faser, dafür aber sofort jede einzelne Falte und Delle, weil der brobdignagische Schreibtisch ein geraderücken als unmögliches Unterfangen gestaltet. Bara hat hier hervorragende Arbeit geleistet.
Richtigen Horror enthält die Geschichte nicht, es ist eher eine Mystery-Geschichte, die zwar mit einigen Actionsequenzen daher kommt, aber keineswegs mit blutrünstigen Ausschweifungen eines „Crossed“, nicht mal eines „Caliban“ (vgl. Arcadi Heft 1/2018+2/2018). Doch dies tut der Geschichte keinen Abbruch, zwar sind die Dialoge nicht besonders tiefgründig, dafür aber unterhaltsam, und die Zeichnungen sind einfach fantastisch. Man wünscht sich jetzt schon, dass das ungleiche Ermittlerduo irgendwann zurückkehrt. Zwar wurde die Erzählung als allein stehende Geschichte entworfen, aber es wäre bedauerlich, die beiden Ermittler in Ruhe ihren Lebensabend verbringen zu lassen, denn Nachteil dieser Geschichte ist vor allem ihre geringe Seitenzahl.