Effectuation und Entrepreneurship
Effectuation und Entrepreneurship
In diesem Beitrag möchte ich herausstellen, was Effectuation ist, wie sich Effectuation im Entrepreneurship einordnen lässt und wie sich jeder diese Entscheidungslogik aneignen kann.
http://www.creative-commons-images.com/clipboard/entrepreneurship.html
Zunächst kurz zum Entrepreneurship:
Entrepreneurship
Mir ist kein Begriff bekannt, der in den letzten zehn Jahren so viele Definitionen erfahren hat wie „Entrepreneurship“. Während Harvard Professor Howard H. Stevenson es als „the pursuit of opportunity beyond the resources you currently control“ beschreibt, so definieren Grichnik et al. Entrepreneurship als einen Prozess. Ferner: “Das unternehmerische Denken, Entscheiden und Handeln ist somit ein kognitiv und emotional geprägter Prozess des Entdeckens oder Kreierens, des Bewertens und Ausschöpfens einer unternehmerischen Gelegenheit, die in einer innovativen und technologieorientieren Gründung münden kann.
Ich möchte euch die rustikal wirkende Aussage von Joseph Schumpeter aus dem Jahre 1926 natürlich auch nicht vorenthalten:
„Der fundamentale Antrieb, der die kapitalistische Maschine in Bewegung setzt und hält (…) Der Prozess der industriellen Mutation (…), der unaufhörlich die Wirtschaftsstruktur von innen heraus revolutioniert, unaufhörlich die alte Struktur zerstört und unaufhörlich eine neue schafft, diese ‚schöpferische Zerstörung’ ist das für den Kapitalismus wesentliche Faktum.“
„Im Erkennen und Durchsetzen neuer Möglichkeiten liegt das Wesen der Unternehmerfunktion. Er ist Träger des wirtschaftlichen Fortschritts.“
Hach, klingt das nicht wunderbar theatralisch? Dabei ist es so wahr…
Also: insgesamt es geht um die Wahrnehmung einer Gelegenheit und den Weg dorthin; insbesondere unter Betrachtung der zur Verfügung stehenden Mittel.
Was ist also ein Entrepreneur?
Fueglistaller et. al. „Unternehmer im Sinne von Entrepreneur ist ein Individuum, das innovative Produkte oder Produktionsmethoden am Markt durchsetzt, neue wirtschaftliche Strukturen etabliert und bestehende, weniger innovative Unternehmen aus dem Markt drängt, jedoch nicht zwangsläufig Inhaber eines Unternehmens sein muss. Entrepreneure verfolgen ihre Projekte mit Konsequenz und sind in der Lage, die notwendigen Ressourcen zur Umsetzung ihrer Ideen zu akquirieren. Unternehmer glauben, dass sie ihr Leben kontrollieren können und sind in der Lage, Risiken einzugehen.“
Was hat Effectuation damit zu tun?
Wir halten die Ausgangslage fest: Wir sind also ein Unternehmer, der eine Gelegenheit entdeckt oder kreiert hat. Diese möchte er nun am Markt durchsetzen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen.
Effectuation ist eine Entscheidungslogik, sie steht der sog. Causation, also der kausalen Logik gegenüber. Während die Causation bei klassischen Managern (Verwaltern) beobachtet werden kann, so ist beim ERFAHRENEN Entrepreneur vorrangig Effectuation vertreten. Manche bezeichnen diese Logik auch als Entrepreneurial Mindset.
Was heißt das nun? Saras Sarasvaty vergleicht die beiden Ansätze mit unterschiedlichen Arten zu Kochen.
Der eine Koch entscheidet zuerst anhand eines Kochbuchs, welches Gericht gekocht wird. Daraufhin sieht er im Kühlschrank nach und fertigt aus den gewonnen Erkenntnissen eine Einkaufsliste an. Nachdem er die fehlenden Zutaten eingekauft hat beginnt er, das Rezept abzuarbeiten und das Essen herzustellen. (Causation, Verwaltungs-Ansatz)
Der andere schaut in den Kühlschrank und überlegt, was er mit den vorhandenen Zutaten anstellen kann. Aufgrund seiner Kompetenzen und Erfahrungen erkennt er eine Möglichkeit, aus den vorhandenen Lebensmitteln ein leckeres Gericht zu zaubern. (Effectuation Ansatz)
Dies bringt uns schon zum ersten Prinzip der Effectuation
Bird-in-Hand-Prinzip
Erfahrene Entrepreneure betrachten immer die zur Verfügung stehenden Ressourcen anstatt großen Bedarf an nicht zur Verfügung stehenden Mitteln zu entwickeln. Insbesondere dann interessant, wenn man nicht unbegrenzt Geld zur Verfügung hat :)
Da die Wenigsten unbegrenzt Geld zur Verfügung haben kommen wir zum…
Affordable-Loss-Prinzip
Es werden nur Risiken eingegangen, die man sich leisten kann. Man setzt also nicht all seine Energie und all sein Geld auf eine Farbe, sondern versucht, seine Flexibilität zu erhalten, indem man die Risiken zu begrenzen versucht. Dies erlaubt zwar nur kleine Schritte, jedoch werden nicht zuletzt diejenigen, die sich mit agilem Projektmanagement auskennen, den Vorteil der kleinen Schritte zu schätzen wissen.
Projekte macht man selten allein, daher kommen wir nun zum..
Crazy-Quilt-Prinzip
Crazy-Quilt bedeutet so viel wie „verrückter Flickenteppich“, und das ist eine sehr gute Metapher für das, was gemeint ist. Der erfahrene Entrepreneur fängt nicht an, beispielsweise den besten Marketing Manager der Welt für seine Zwecke zu überreden, sondern sucht sich Leute, die bereit und motiviert sind, mitzuarbeiten. Idealerweise sucht er diese Personen nicht, sondern sie entscheiden sich von alleine, mitzuwirken. Der Beitrag selbst ist dabei zunächst nicht so wichtig, solange er grundsätzlich der Sache dient. So entstehen einige „Flicken“, welche miteinander zum Crazy Quilt vernäht werden. Auch hier stehen wieder die iterativen, kleinen Schritte im Vordergrund. Wie beim echten Nähen auch ist man nicht gezwungen, jeden Fetzen in seinen Flickenteppich einzuarbeiten :)
Lemonade-Prinzip
When life gives you lemons… Ja, der Entrepreneur bewegt sich extrem ungewissen und flexiblen Fahrwassern, sodass eine böse Überraschung praktisch niemals ausbleibt. Hier ist die Einstellung des Individuums entscheidend. Das Lemonade-Prinzip besagt, dass wir Fehler und böse Überraschungen als Möglichkeit wahrnehmen sollen, neue Gelegenheiten auszumachen.
Pilot-in-the-Plane-Prinzip
Effectuation bedeutet unter anderem, dass die Zukunft nicht kommt, sondern gemacht wird. Daher haben wir den Steuerknüppel selbst in der Hand und müssen manchmal durch schwere Turbulenzen navigieren. Das bedeutet aber auch, dass wir jederzeit eine Notlandung oder im schlimmsten Falle eine Notwasserung hinlegen können, bevor wir aufgrund von Treibstoffmangel mit der Nase voraus auf den Boden knallen.
Zusammengefasst kommen wir zu dieser Kette
Wir schauen uns an, wer wir sind und was wir haben. Wir untersuchen, was wir damit in der Welt so anstellen können und verfolgen die Ziele, deren Nichterreichen wir verkraften können. Auf dem Weg dorthin interagieren wir mit anderen Menschen, die uns Wissen vermitteln oder selbst zur Ressource werden. Daraus resultiert, dass wir entweder neue Ressourcen oder neue Ziele haben, die eine erneute Betrachtung und Bewertung der Möglichkeiten zulässt.
Wer damit arbeiten möchte, dem empfehle ich folgenden, unter Creative Commons veröffentlichten Plan von Klaus Haasis:
http://www.klaushaasis.de/content/9-effectuation/effectuation-grid-d-2014.pdf
Feedback stets willkommen :)