Genitiv und Dativ im Wandel
Allgemeines
Wer sich im Alltag umhört, der findet regelmäßig (glücklicherweise) noch recht häufig die schönen Formen des Genitives und des Datives. Doch was wir heute für die beiden Fälle nutzen ist leicht anders als es eigentlich einmal war. Interessante Besonderheiten aufzuzeigen ist die Aufgabe dieses Posts. Achja, im Bild müsste es heißen "Nur Ärger, wegen des Genitives!!", für alle, die es nicht bemerkt hatten.
Genitiv
Der Genitiv (2. Fall) der deutschen Sprache ist wohl der bedrohteste der vier Fälle.
Er soll genutzt werden, um Besitz, Zugehörigkeit oder Herkunft auszudrücken. Beispiel: "Der Lauf des Rehs." Wie man sieht, hängt man im Grunde an das Wort "Reh" ein "s" an, um einen Genitiv zu schaffen. Der Satz drückt aus, dass der Lauf zum Reh gehört. Soweit, so gut. Was oft jedoch außer Acht gelassen wird, ist der Fakt, dass es zwei Formen des Genitivs gibt, also kann man auch sagen "Der Lauf des Rehes." Hier wird ein "es" angehängt.
Glücklicherweise ist es relativ egal, ob Sie schreiben "des Buchs" oder "des Buches". Nur bei Namen sollte man es lieber beim "s" belassen, damit es nicht zu Unklarheiten kommt. So wird bei "Justines Auto" nicht klar, ob das Auto nun Justin oder Justine gehört.
Aber bitte: Schreiben Sie niemals ein Apostroph gefolgt von "s", wie es in der englischen Sprache getan wird. Also nicht "Justin's Auto", denn das ist einfach falsch!
Noch falscher (auch wenn man "falsch" nicht im Sinne des Wortes selbst nicht steigern kann) wäre es nur zu sagen: "Dem Justin sein Auto" (Genitiv ins Wasser, weil es Dativ ist). Bitte, bitte tun Sie das nie. Sagen Sie einfach "Justins Auto" oder "das Auto des Justin" (wobei das Zweite seltsam anmutet).
Dativ
Der Dativ ist eigentlich dafür da, auszudrücken, (mit) wem/was etwas (an)getan wird. Beispiel: "Ich verlaufe mich auf dem Weg." oder "Sie erschlug die Spinne mit dem Buch."
Doch auch hier gibt es eine etwas verstaubte Form, die man jedoch noch antreffen kann; sie endet auf "e". Beispiel: "Ich verlaufe mich auf dem Wege." oder "Sie erschlug die Spinne mit dem Buche."
Was Sie davon nehmen, bleibt Ihnen auch hier selbst überlassen.
Abschließende Worte und Empfehlung
Egal, welche Formen der beiden Fälle Sie nehmen: Nutzen Sie sie einfach. Mir tun die beiden manchmal wirklich leid, wenn sie übergangen werden. Wenn Sie poetisch schreiben wollen, empfehle ich übrigens die jeweils alte Form des Falles; dem Worte zuliebe.
Ich predige meinen Schülern genau das. Ich unterrichte unter anderem Latein. Die deutsche Grammatik ist nunmal Latein. Es gibt den genitivus causae. (Kaususfunktionen). causa ist ein lat. Substantiv und heißt grund, Ursache. Und es kann auch eine präposition sein, dann heißt es: wegen.
Es heißt eben nicht: wegen dem Vadder sein haus, sondern wegen des Vaters Haus ...
Ich versuche ihnen beizubringen, dass man eben an der Nutzung solcher Formulierungen den Bildungsgrad erkennt.
Hinzu kommt, dass sich Deutsch als Präpositionalsprache entwickelt hat.
Das Problem kann ich mir gut vorstellen.
Manchmal muss ich meinen Bekannten und Freunden mit dem "wegen" etwas auf die Sprünge helfen. Ich sage ihnen dann, dass sie einfach "wegen" mit "aufgrund" ersetzen sollen. Denn "wegen dem Sturm" klingt wohl nicht falsch genug, also stellen sie sich dann "aufgrund dem Sturm vor". Dann ist klar, dass der Dativ wohl der falsche Weg ist. Ich warte auf den Tag, an dem der erste Kollege einen Verwaltungsakt "von dem Amte wegen" einleitet.
PS: Latein ist eine sehr schöne Sprache, die mich an Mathematik erinnert. Muss wohl an der Strukturiertheit liegen. Ich selbst habe einst mein Latinum abgelegt, heute ist es aber stark eingerostet.
Latein ist logisch aufgebaut, natürlich. Manche Schüler verstehen das irgendwann. Ich arbeite hauptsächlich mit "Formeln"...grammatikalisch. Das Schöne ist: hat man die Formalistik der lat. Sprache verstanden, versteht man Sprache ansich. D.h. nicht inhaltlich (semantisch) sondern eben syntaktisch. Ich verspreche jedem Schüler, dass - wenn er Latein wählt als 2. Fremdsprache (und nicht franzsösisch) - er endlich seine Muttersprache versteht. Manchmal fruchtet es :)
Das ist schön. Ich hatte zwangsweise Französisch und Latein. Latein war angenehmer.
Nach meinen Versuchen an weiteren Sprachen (alle jemals von mir (an-)gelernten Sprachen sind: Englisch, Französisch, Latein, Polnisch, Chinesisch, Japanisch) lässt sich klar feststellen, dass Latein und Japanisch wohl die schwerste Grammatik haben und Chinesisch die einfachste. Dafür ist der Wortschatz von Latein noch am ehesten mit Deutsch vergleichbar.
So zumindest meine Erfahrungen.