Der Moment wenn Du Deine ePA erstellt hast und füllen darfst - unbezahlbar

in #deutsch5 months ago

Anbei wieder eine kleine Anekdote aus meinem Alltag zum Thema Deutschlands Digitalisierung.

Als Kind (1968 - 1985) war ich bei verschiedenen Ärzten in Behandlung und meine Eltern verwalteten alle meine Dokumente und Befunde - wobei die Befunde in der Zeit scheinbar noch beim Arzt blieben. So auch die Befunde vom Uni Klinikum Halle. Als ich 1985 meine Lehre begann und damit auch ins Internat zog, fand ich heraus, dass ich ab nun allen Ärzten zu denen ich ging meine Lebensgeschichte neu erzählen durfte. Natürlich schrieb ich sie mir auf und heftete das Blatt ab aber Befunde konnte ich keine beisteuern.

Als ich 2004 beruflich nach Nürnberg zog, fragte ich meine Krankenkasse ob es denn nicht eine Möglichkeit gäbe die ganzen Daten zu meiner Gesundheit, die Röntgenbilder und inzwischen diversen Befunde irgendwo im Computer zu hinterlegen. Sie meinten man würde gerade an einer Möglichkeit arbeiten, es gäbe da Pilotprojekte und in ein oder zwei Jahren würde ich eine neue Gesundheitskarte bekommen und dann könne ich das tun.

Inzwischen schreiben wir das Jahr 2024 und die Regierung meint ab 2025 wird es diese Möglichkeit der Speicherung nun endlich geben. Informiert hat mich niemand - so wie das ja heute üblich ist aber ich habe trotzdem heraus gefunden, dass es diese Möglichkeit sogar schon gibt. Für manche sogar schon seit mindestens einem Jahr.

Aktuell war ich bei der HEK versichert und versuchte mich dort mit der Registrierung der ePA (elektronischen Patientenakte). Diese sollte mit freigeschaltetem Personalausweis möglich sein. Zunächst natürlich eine App installieren und dann eine Identifizierungsmethode (in meinem Fall mit PA) auswählen und los geht's. Denkste, natürlich musst Du bevor Du dich per PA identifizieren kannst, noch einen Video Ident per NECT App durchführen -PA alleine ist ja scheinbar zu unsicher ?-( Bei der NECT App kommst Du schnell an den Punkt, dass Du mit der rechten Hand das Handy halten sollst und mit der linken Hand den PA in einem Bildbereich der Kamera kreisen lassen sollst. Statt die App dann an der richtigen Stellen einfach klick sagt (wie z.B. bei docutain), brauchst Du eine dritte Hand mit der Du dann den Auslöser auf dem Display betätigen sollst. Das war zu viel an Frust - ich habe recherchiert welche Krankenkassen einen anständigen Identifizierung Prozess per Desktop mit PA anbieten und mich dann auf gut Glück für die bkk-firmus entschieden.

Also habe ich bei der HEK gekündigt und bin zur bkk-firmus gewechselt. Das war im 3. Quartal 2023 und meine neue Mitgliedschaft begann am 01.02.2024 bei der bkk-firmus. Ganz sicher war ich nicht inwieweit der Identifizierungsprozess hier einfacher war - es gab einfach zu wenig sinnvolle Informationen und Schritt für Schritt Anleitungen im Netz. Hier hatte ich wenigstens etwas Material gefunden und hab es halt versucht. Ich meine ich habe über 30 Jahre auf so eine Gelegenheit gewartet, da kommt es auf ein halbes Jahr auch nicht mehr an.

Bei der bkk-firmus konnte ich schon vor Beginn der Mitgliedschaft einiges erledigen aber richtig los ging es trotzdem erst mit dem 01.02.2024. Doch wie zu erwarten der erste Versuch scheiterte.

Also zunächst habe ich mich wieder informiert, dann die ePA App auf dem Desktop und auf dem Handy installiert. Ich musste erstmal ein separates Konto für die ePA anlegen, obgleich ich ja schon ein Konto bei der Krankenkasse hatte. Diverse Daten wurden benötigt. Auf jeden Fall die Krankenversicherten Nummer, dann eine sogenannte Zugangsnummer der eGK, dann noch die letzten sechs Stellen der Nummer aus dem Feld 8 der eGK, ich musste ein Passwort (PIN) für die App festlegen, zusätzlich musste ich einen App Code festlegen und dann kam der Knackpunkt: Die Dialoge sind sehr fleischlos und so wurde ich im mehrstufigen Vorgang irgendwann nach einer PIN gefragt. Natürlich dachte ich es wäre die PIN meiner App, die ich gerade vergeben hatte, gemeint. Nach dem ersten Fehlversuch dachte ich es ist vielleicht ein Schreibfehler im Programm und es wäre vielleicht der App Code gemeint. Doch auch der war es nicht. Vor einem dritten Fehlversuch und der endgültigen Sperrung von ich weiß nicht was man sperren würde - habe ich lieber nachgefragt. 2 Tage später wusste ich, dass auch die eGK eine PIN besitzt aber diese wird mir erst nach Anforderung postalisch mitgeteilt. Na prima! Also habe ich die PIN meiner eGK bei der Krankenkasse beantragt. Knapp 4 Wochen später erhielt ich diese auch schon. Laut Krankenkasse gäbe es aktuell ein erhöhtes Anfrageaufkommen und der verantwortliche Dienstleister kommt nicht nach mit dem Druck der PIN Briefe. Joo wer hätte damit im Januar 2024 auch rechnen können, wo doch mit dem verpflichtenden eRezept Deutschland nun endgültig in die Digitalisierung einsteigt.

Sei es drum an dem Wochenende war ich auf Reisen und konnte mich nicht mit der Einrichtung der ePA beschäftigen und verschob es auf das nächste Wochenende. Unter der Woche erreichte mich eine Mail von der Krankenkasse: "Benutzerkonto gelöscht".

image.png

Ok. Welches? Das von der ePA oder das von der Krankenkasse selbst? Zum Glück gibt es dazu keine Infos :)

Inzwischen weiß ich, es war das Konto für die ePA und es lag daran, dass ich kein Gerät verknüpft hatte weil ich noch auf die PIN der eGK gewartet hatte und dann eine Woche keine Zeit hatte.

Da ich nun wieder bei Null anfangen musste, hat es ein wenig gedauert bis genügend Motivation vorhanden war. Heute war der Tag an dem mich alle alternativen Tätigkeiten so angeödet haben, dass ich mir dachte: "Ach eh dann mach doch heute das mit der ePA".

Ich muss sagen, mit ein wenig gut raten ging es richtig flott. Ich habe glaube keine 30 Minuten benötigt. Allerdings hatte ich auch alles vorbereitet. Die neueste Version der App war auf dem Handy und dem Desktop installiert, die eGK und der PIN Brief lagen bereit, die PIN war freigerubbelt, die Anleitung im Browser geöffnet und los ging es. Zunächst mit der Desktop App - geht nicht :( Nichts sagender Fehler. Das lag einfach am gelöschten ePA Konto.
Weiter mit der Smartphone App, ein neues Konto erstellt - ich glaube das geht per Desktop nicht. Dann die Freischaltung von Gerät und Konto durchgeführt und fertig. Was brauchte ich wieder an Daten? Auf jeden Fall mal die Versicherten Nummer, dann eine App PIN bzw. Passwort festlegen, dann einen App Code vergeben, dann noch die letzten 6 Ziffern aus Feld 8 der eGK, dann die Zugangsnummer der eGK, dann noch die PIN der eGK und uuppps das war es schon.

Voila - ich habe es geschafft ab jetzt kann ich meine eGK in den Kartenleser an der PC Tastatur stecken, die ePA Desktop App öffnen, die eGK Zugangsnummer eingeben, die PIN der eGK eingeben und schon kann ich meine Daten verwalten.
Das geht natürlich nur so einfach weil ich mich für Sicherheit "Hoch" entschieden habe. Das bedeutet Nutzung ohne Versichertenkarte möglich. Warum habe ich das gemacht und nicht "Sehr Hoch" genommen? Weil nirgends stand was da dann wieder alles zu tun ist und ich es schon für unsäglich anstrengend halte 2 verschiedene Zahlen für die Benutzung zu benötigen. Die Freischaltung meines Personalausweises hat sich voll gelohnt, der liegt die ganze Zeit nur faul rum und wird nicht benötigt. Wäre auch zu einfach alles mit dem PA und einer PIN machen zu können.

Ein Denkfehler muss mir aber irgendwo unterlaufen sein, denn bei Sicherheit "Hoch" stand ausdrücklich es würde ohne eGK gehen. Die Dektop App navigiert aber erst zum Anmeldeformular wenn man die Karte steckt :( Man kann den Zugangskode und die PIN erst eingeben wenn die Karte gesteckt ist. Da hätte ich wohl auch "Sehr Hoch" nehmen können. Meine Bedenken waren einfach auch, was wenn mal wieder eine Schwester die Karte an der Hose reibt, mit Lösungsmittel abwischt oder den Chip per Klebestreifen reinigt (einfach frech was die Mitarbeiter im Gesundheitswesen ohne Fragen mit meinen Karten in der Vergangenheit taten nur weil ihr Lesegerät nicht ging) und die Karte daraufhin getauscht werden muss. Naja, ich werde es sehen. Für heute ist es einfach nur geil das es endlich geht :)

P.s.
Eine ePA hat natürlich auch offensichtliche Nachteile. Wenn Dein Arzt keine Ahnung hat und die Untersuchung lustlos erledigt hat und evtl. dadurch einen falschen Befund ausgestellt hat, wird es jetzt nicht mehr so einfach gehen, diese Untersuchung bei einem Arzt noch einmal zu bekommen. Denn genau diese Doppeluntersuchungen soll die ePA ja verhindern. Aber damit werde ich lernen umzugehen. Aus meiner Sicht sollten die Vorteile hoffentlich überwiegen.

P.p.s.
Ich habe mindestens 8 Mails im Registrierungsprozess bekommen und einige dienten einer Bestätigung. Die sahen dann so aus (unten der Platzhalter für den einzusetzenden Text ist bemerkenswert wie ich finde).

20240225-GeräteRegistrierung.png

Oder auch die Umlautprobleme sind 2024 noch aktuell - fucking Latin-1 Vorschrift für Behörden im Zeitalter von UTF-8.

image.png

Und wieviel Firmen da immer eine Rolle spielen. Früher hätte ich das für Phishing gehalten aber heute - ist das voll normal! Bei maik.mustermann@gmail.com würde man anders denken aber wenn da eine no-name Firma steht, ist alles ok :) Wenigstens haben sie einen Hinweis im Footer der Mail angebracht - nicht wie beispielsweise die Volksbank Börde, wo dann alle eMails von einer Subdomain von genonord.de kommen. Sowas kann man doch nicht als seriös einstufen - naja eine richtige Bank hat auch eine eigene Domain aber diese halb staatlichen Dinger sind halt wie Behörden und Behörden müssen so vielen Gesetzen Genüge tun, dass zum Schluss für den Endkunden nur Murks raus kommt.