Deutsche Sprache, schwere Sprache? Teil 2.

in #deutsch4 years ago (edited)

Quelle: pixabay.


Ich trug mich bereits seit längerem mit dem Gedanken, mal wieder einen kleinen Beitrag wider den Verfall unserer schönen deutschen Sprache zu verfassen, was die mir innewohnende Trägheit bisher jedoch erfolgreich zu verhindern wusste.
Nun war es der ebenso genial und mitreißend schreibende wie hier jedoch als mein 'Zufallsopfer' agierende @oliverschmid, welcher mich mit diesem Kommentar endgültig davon überzeugte, erneut zur kritischen Feder zu greifen.

Nachdem ich mich in dem schon länger zurückliegenden, aber dennoch (leider) noch immer brandaktuellen Artikel "Deutsche Sprache, schwere Sprache?" der Aufgabe gewidmet hatte, Minen wie z. B. die Fragen "Wie oder als?", "Das oder dass?", "Akkusativ oder Dativ?" zu entschärfen, fasse ich mich diesmal (den heutigen Lesegewohnheiten Tribut zollend) etwas kürzer: Im Fokus stehen die Verwendung von "obwohl" und "trotzdem" sowie des Imperativs.


1. "Obwohl" und "trotzdem"


"Obwohl" und "trotzdem" haben dieselbe konzessive Bedeutung, das heißt, ihnen folgt ein Gegengrund, eine Einschränkung oder etwas Unerwartetes (mögliche Quelle zwecks vertiefender Lektüre).

"Ja, aber worin besteht dann genau der Unterschied zwischen ihnen?"

"Obwohl" ...

... verbindet einen Haupt- mit einem Nebensatz (ist also eine Subjunktion) und steht selbst stets am Anfang des Nebensatzes.

Beispiele:

  • "Der Autor erhält viele Upvotes, obwohl fast niemand seine Posts liest."
  • "Obwohl fast niemand seine Posts liest, erhält der Autor viele Upvotes."

"Was war nochmal schnell der Unterschied zwischen einem Haupt- und einem Nebensatz?"

In einem Hauptsatz steht das konjugierte Verb entweder an erster oder zweiter Stelle, im Nebensatz stets an letzter Stelle (Quelle).

In gleicher Weise wird mit den Synonymen obgleich (gehoben) und obschon (veraltet) verfahren.

"Trotzdem" ...

... verbindet zwei durch Komma oder Punkt voneinander getrennte Hauptsätze miteinander (fungiert dabei als Konjunktionaladverb) und steht in der Regel vor dem Verb des zweiten Hauptsatzes.

Beispiele:

  • "Fast niemand liest seine Posts, (aber) trotzdem erhält der Autor viele Upvotes."
  • "Fast niemand liest seine Posts. Trotzdem erhält der Autor viele Upvotes."

In gleicher Weise wird mit den Synonymen dennoch, gleichwohl, nichtsdestotrotz, dessen ungeachtet etc. verfahren.

Die Präposition "trotz" ...

... ist übrigens, anders als "obwohl" und "trotzdem", kein Konnektor zwischen zwei Sätzen, steht stets im Genitiv und hat keine festgelegte Position im Satz.

Beispiel:

  • "Trotz nur weniger Leser erhält der Autor viele Upvotes."

Warum gerade dieses Thema?


Nun, was ich in Posts der hiesigen 'deutschsprachigen' Community, aber auch E-Mails oder Leserbriefen so alles vorfinde, spricht zwar durchaus für eine enorme Kreativität beim Auslegen grammatikalischer Regeln oder Erfinden neuer Begriffe, weniger jedoch für die Beherrschung der deutschen Sprache! :)

Unter anderem begegneten mir abenteuerliche Konstrukte wie beispielsweise "trotzdessen" und "trotz das(s)".
Falsch sind außerdem Sätze, in denen "trotzdem" im Nebensatz auftaucht, wie z. B. "Trotzdem niemand seine Posts liest, erhält der Autor viele Upvotes."


2. Der Imperativ, das unbekannte Wesen?


Der Imperativ wird als Aufforderungs- bzw. Befehlsform bei der direkten Ansprache anderer Personen verwendet.
Er existiert nur für die 2. Person Singular, "du" ("Gehe direkt ins Gefängnis, gehe nicht über Los, ziehe keine 4000 € ein!"), die 2. Person Plural, "ihr" ("Geht direkt ins Gefängnis, geht nicht über Los, zieht keine 4000 € ein!") und die Höflichkeitsform "Sie" ("Gehen Sie direkt ins Gefängnis, gehen Sie nicht über Los, ziehen Sie keine 4000 € ein!").

"Das scheint doch nicht sonderlich schwierig zu sein, wo ist das Problem?"


Typische Fehler


Leider lese ich häufig Sätze ähnlich diesem (frei erfundenen):
"Möchtest du mehr über die deutschsprachige HIVE-Community erfahren, nehme einfach am nächsten Discord-Meeting teil, lese dir die Antworten auf deine Fragen genau durch und vergesse nicht, nachzufragen, falls etwas unklar ist!"

Tja, wer in obigem Satz keine Fehler entdeckt, dürfte sich in guter Gesellschaft all derjenigen befinden, welche die Bildung des Imperativs nicht beherrschen! :)

Richtig wäre stattdessen folgender Satz:
"Möchtest du mehr über die deutschsprachige HIVE-Community erfahren, nimm einfach am nächsten Discord-Meeting teil, lies dir die Antworten auf deine Fragen genau durch und vergiss nicht, nachzufragen, falls etwas unklar ist!"

Ich werde mich an dieser Stelle auf die Bildung des Imperativs für die 2. Person Singular beschränken, alles andere kann beispielsweise hier nachgelesen werden.


Simple Grundregel


Merkt euch als Grundregel einfach, dass die Singularform des Imperativs sich von der Verbform der 2. Person Singular Präsens, "du", ableitet, wobei die Endung -st weggelassen wird, also:

  • Du nimmst das Buch. -> Nimm das Buch! (Nicht "Nehme das Buch!")
  • Du liest das Buch. -> Lies das Buch!
  • Du gibst mir das Buch. -> Gib mir das Buch!

Dieses Wissen, ergänzt durch ein paar zusätzliche Erläuterungen der weiter oben verlinkten Quelle, dürfte für einen weitgehend unfallfreien Gebrauch des Imperativs bereits völlig ausreichen. :)

Sort:  

Ein Beitrag ganz nach meinem Geschmack... 😁
Und du hast dich wirklich zwei sehr schmerzhaften Fehlerquellen gewidmet.
Deine Erklärung des Imperativs ist indiskutabel und mit der Grundregel ja nun wirklich einfach zu verinnerlichen.
"Obwohl, trotzdem, trotz" hätte ich didaktisch eine Erläuterung des Genitivs an sich vorangestellt, da dieser wunderbare Kasus grundsätzlich in Vergessenheit zu geraten droht (geraten ist?).
Naja, ich habe meinem Magen verboten, sich beim Lesen zu verkrampfen, da ich ansonsten irgendwann ärztliches Leseverbot verordnet bekäme. Super, dass du prophylaktische Maßnahmen ergreifst!

... da dieser wunderbare Kasus grundsätzlich in Vergessenheit zu geraten droht ...

Ja, der Dativ ist bekanntlich dem Genitiv sein Tod. :)

Allerdings ist es mittlerweile so, dass er selbst ums Überleben ringt, so dass ich in oben bereits verlinktem Artikel spaßeshalber schrieb "Der Akkusativ ist den Dativ sein Tod." :-)

Große Klasse, Nachhilfe für Blog schreibende Steemians, das war echt notwendig und lange überfällig.
Den Leuten selbst kann man nicht wirklich einen Vorwurf machen, denke ich zumindest, ich bin mit der alten Rechtschreibung aufgewachsen und durfte dann in der Schulzeit meiner Tochter die Rechtschreibreformen alle mitmachen.
Etwas sinnloseres und verwirrenderes habe ich selten erleben dürfen, trotz allem habe ich tapfer versucht mit ihr stand zu halten und etwas den Überblick zu behalten, muss aber eingestehen das ich heute doppelt so viel nachdenken muss wie man Wörter jetzt aktuell schreibt, noch schwieriger wird es dadurch das ich bekanntlich (oder auch nicht) in mindestens 3 Sprachen also deutsch, englisch und spanisch meine täglichen Arbeiten erledige -ständig im fliegenden Wechsel- sowohl im sprechen wie auch im schreiben und hier wird es dann ganz toll, unterschiedliche Korrekturhilfen z.B. Word erkennen Fehler in deutsch wo gar keine sind, andere Schreibprogramme erkennen nur die Hälfte oder korrigieren richtige Wörter falsch.

Wo also soll man da als Durchschnitts Deutscher mit Haupt- oder Realschulabschluss bei mangelhaftem Lehrpersonal und ständig wechselnder Bedingungen einen vernünftigen Text zusammen bringen, wenn selbst Abiturienten mit leicht besseren Bedingungen teils gravierende Probleme haben.
Erschwerdend kommt hinzu das ja heute kaum noch jemand Bücher liest, geschweige denn ohne Computer oder Tablet/Smartphone schreibt.

Aus meiner Sicht gäbe es vieles zu tun und die wenigen Gute Lehrkräfte, die wesentlich engagierter sind als der Rest dem die Bildung der nachwachsenden Bevölkerung ein wenig egal zu sein scheint, sind extrem überlastet oder sehen sich teilweise einer extrem uninteressierten Schülerschaft gegenüber -das motiviert auch nicht gerade-, wobei die Themen heutzutage sehr viel verständlicher und interessanter aufbereitet werden könnten mit unseren Mitteln von heute.

Sehr gut und einfach erklärt. Das man es auch wirklich versteht. Das hätte ich mir in meiner Schulzeit auch so gewünscht. Aber vielleicht war ich damals noch nicht soweit.

LG Michael

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Danke!

P. S.:

Das man es auch wirklich versteht.

Haha, lies am besten noch meinen älteren Artikel ... :)

Habe ich gemacht und versuche mir den Merksatz einzuprägen ...

"Dass" mit 'doppel-s' ist eine Konjunktion und kann nicht durch Wörter wie 'dieses', 'jenes' oder 'welches' errsetzt werden."

LG Michael

Du hast vollkommen Recht, wirklich frustrierend ist nur, dass z.B. Wörter wie "trotzdessen" vollkommen legitim werden können und du in so einem Fall mit der selben Aussage künftig Unrecht hättest, vorausgesetzt natürlich, genug Leute verwenden dieses Wort immer öfter, so das es sich einbürgert.

Manchmal fühlt es sich an, als würde man dafür bestraft, all diese Dinge gelernt zu haben und sich dann wieder umorientieren zu müssen, während die Schöpfer solcher Neologismen sich überhaupt nicht anpassen müssen, wenn die deutsche Sprache sich - in günstigen Fällen - vorher ihnen anpasst.

Ich habe in der Schule Deutsch gelernt. Leider habe ich wenig Übung, so dass die Sprache vergessen wird. Ich bin kürzlich in Österreich Skifahren gegangen und habe es genossen, mit den Einheimischen zu kommunizieren. Es scheint mir, dass die Österreicher einen anderen Dialekt sprechen...

Es scheint mir, dass die Österreicher einen anderen Dialekt sprechen...

Ja ... und anscheinend ist dein Deutsch immer noch sehr gut! :)

Das Österreichische hat viele Redewendungen und Begriffe, die in der Deutschen Sprache nicht verwendet werden. Schon wenn ein Ausländer, der in Hamburg Deutsch gelernt hat, nach Bayern kommt, und die Sprache dort hört, meint er in einem anderen Land zu sein.

Ich habe erotische bayerische Filme aus den 70ern gesehen. Nichts war klar fur mich, außer der Körpersprache :-))))))

Einmal habe ich mich mit zwei deutschen Touristen kennengelernt. Wir haben uns gut unterhalten. In einem Moment еin anderer Tourist kam von anderen Bus auf uns zu. Er trat in das Gespräch ein. In diesem Moment hatte ich das Gefühl, dass für mich es sehr schwierig wurde, ein Gespräch zu führen. Ich stellte die Frage, was ist dieser Dialekt?
Mein neuer Bekannter lachte und sagte, dies sei der lokale Dialekt der westlichen Regionen an der Grenze zu Holland.

Was mich betrifft ... Ich mag die deutsche Sprache für seine Strenge und Klarheit.

Ich habe erotische bayerische Filme aus den 70ern gesehen. Nichts war klar fur mich, außer der Körpersprache :-))))))

Lieber @mister-omortson, ich kann gerne wiederholen was jaki01 sagte: Dein Deutsch ist sehr gut, dafür daß du es in der Schule gelernt, und wenig Übung hast. Ich finde es auch "lustig" mit Hilfe von bayerischen erotischen Filmen die deutsche Sprache auf zu frischen. Wenn dir durch die Sprache nichts klar wurde, kann ich dich beruhigen: "Du hast nichts versäumt (verpasst)." Die Körpersprache war ausreichend. Der dritte Tourist, von der deutsch-holländischen Grenze, der hinzu kam, sprach keinen Dialekt, denn dort wird kein Dialekt gesprochen. Aber das kann @jaki01 besser erklären, wenn er Zeit hat.

Ich finde es sehr gut, daß du dich dieser Sache annimmst. Es tut weh, was man manchmal lesen oder hören muß. Selbst Profis, machen solche Fehler. Bei den Sportreportern fällt mir auf, daß sie zum Teil schlampig mit der deutschen Sprache umgehen. Z. B. heißt es da besser wie,
oder umso mehr er trainierte, umso besser wurde er. Zwei Beispiele, die mir gerade zu später (früher) Stunde einfallen.

Steem on und weiter viel Erfolg...

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