Warum Cannabis legal sein sollte

in #deutsch7 years ago

Die derzeitige Drogenpolitik in Deutschland* basiert auf zahlreichen Trugschlüssen und lässt den heutigen Wissensstand über Cannabis und das Drogenverbot komplett außer Acht. Um Euch aufzuklären, werde ich in diesem Post die am weitesten verbreiteten Mythen rund um Cannabis aufdecken und argumentieren, warum meiner Meinung nach Cannabis legal sein sollte.

Mythen rund um Gras

Cannabis und Alkohol

Bei der derzeitigen Gesetzeslage könnte der Eindruck entstehen, dass Alkohol und Tabak erlaubt sind, weil sie gemessen an anderen Drogen wie Cannabis die ungefährlichsten sind. Dahinter verbirgt sich allerdings ein gefährlicher Trugschluss. Alkohol und Tabak zählen de facto zu den gefährlicheren Drogen, während sich Cannabis im Mittelfeld befindet. Die Zahlen sprechen für sich: Täglich sterben in Deutschland schätzungsweise 202 Menschen in Folge ihres Alkoholkonsums, ohne dass man die Menschen mitzählt, die noch zusätzlich als Opfer eines durch Alkohol bedingten Unfalls sterben.[1] Wie viele Drogentote gibt es auf der Seite von Cannabis? Null. Tatsächlich gibt es bisher keinen einzigen Todesfall, der nach wissenschaftlichen Untersuchungen Cannabis die alleinige Schuld daran anrechnet.[2] Des Weiteren kann man im Vergleich zu Alkohol oder Tabak nicht körperlich abhängig von Cannabis werden. Nur eine psychische Abhängigkeit könnte entstehen[3], aber das kann es bei fast allen Dingen wie Computerspielen, Sport oder Schokolade.
Das Team rund um den britischen Forscher David Nutt hatte Drogen nach ihrer Schädlichkeit untersucht und ist zu folgendem Ergebnis gekommen:

statistik

Anstatt sich auf die Gefahren zu konzentrieren, kann man aber auch festhalten, dass Cannabis durchaus positive Effekte auf die Gesundheit haben kann. Bei Krankheiten wie ADHS, Depressionen oder sogar Krebs kann Cannabis eine heilende Wirkung haben.[4] Hier findet Ihr eine lange Liste mit Krankheiten, bei denen Cannabis helfen könnte.

Aber Vorsicht! Bevor jetzt jeder nach diesen erfreulichen Informationen zum Joint greift, noch mal ein paar wichtige Hinweise:

  • Bei Jugendlichen unter 18 Jahren, deren Gehirne sich noch im Aufbau befinden, kann Cannabis diese Entwicklung beeinträchtigen. Es wird vom Konsum dringend abgeraten!
  • Auch Menschen, die anfällig für Psychosen sind oder in der Vergangenheit welche hatten, wird vom Cannabis-Konsum abgeraten! Cannabis kann nämlich in so einem Fall Psychosen hervorrufen.
  • Außerdem bezieht sich alles Genannte auf den Safer Use von Cannabis, also eine Konsumform, bei der das Risiko minimiert wurde. Das Vaporisieren von Marihuana oder die orale Aufnahme zählen dazu. Nicht gilt der Konsum in Form eines Joints. Hier kommt nämlich die gesundheitliche Belastung der Lunge als nicht zu unterschätzende Nebenwirkung hinzu.

Letztlich soll dieser Post weder Drogen verharmlosen, noch zu deren Konsum animieren. Die gesündeste Variante ist natürlich, ganz auf Drogen zu verzichten. Festhalten lässt sich allerdings: Cannabis ist weniger schädlich als Alkohol.

Cannabis als Einstiegsdroge

Eine weitere von Gegnern der Legalisierung oft aufgestellte These ist, dass es sich bei Cannabis um eine gefährliche Einstiegsdroge handelt. Cannabis-Konsumenten wird vorgeworfen, eher dazu zu neigen, irgendwann zu härteren Drogen zu greifen. Jedoch ist dies schon lange statistisch widerlegt.[5]
Da die Gesetzeslage allerdings Kiffer kriminalisiert, müssen sie sich an einen Schwarzmarkt wenden, der auch weitaus mehr als nur Gras anbietet. Die Möglichkeit ist also da, wird aber nur selten genutzt. Eine Entkriminalisierung von Cannabis würde den Kontakt der Konsumenten zu Kriminalität und „harten Drogen“ ganz aus der Welt schaffen.

Warum ist Cannabis illegal?

Es ist rätselhaft, warum ein derartig unbegründetes und unverhältnismäßiges Gesetz wie das Verbot von Cannabis so lange Bestand hat. Leider gibt da auch die Drogenbeauftragte der geschäftsführenden Bundesregierung Marlene Mortler (CSU) wenig Aufschluss. Ihre Argumente sind teils banal und unverständlich. Wer will, kann sich auf YouTube gerne selbst ein Bild von dieser Frau machen, sie ist das erste Ergebnis, wenn man „Inkompetenz“ eingibt.

Ebenso halten auch die Alkohol- und Zigaretten-Lobby an dem Verbot fest. Sie sehen ihre Stellung auf dem Genussmittelmarkt durch Cannabis gefährdet. Ebenso begrüßt die Pharmazie-Lobby das medizinische Potenzial von Cannabis nicht, das ihren Medikamenten Konkurrenz machen könnte.

Um zu erklären, warum Cannabis in so vielen Ländern illegal ist, muss man auch die Geschichte berücksichtigen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war Cannabis ein weitverbreitetes Genussmittel, das auch für medizinische Zwecke genutzt wurde. Das negative Image der Droge kam erst später. Bei der Verteufelung von Cannabis spielte vor allem der Amerikaner Harry Anslinger eine entscheidende Rolle. Man könnte meinen, dass dieser und sein Ministerium nach der gescheiterten Alkoholprohibition während der 1920er Jahre wenigstens einen Erfolg verbuchen wollten. Seine Wahl für ein neues Verbot fiel auf Cannabis, dessen Ruf er binnen kurzer Zeit zerstörte. Mordserien von psychisch Kranken wurden in den Massenmedien in Verbindung mit Marihuana gebracht, obwohl die Täter dieses nie konsumiert hatten.[6] Anslinger praktizierte etwas, was wir heute „Fake News“ nennen würden. Sein hirnrissigstes Zitat war:

If the hideous monster Frankenstein came face to face with the monster of marijuana he would drop dead of fright.
Wenn das grässliche Monster Frankenstein dem Monster Marihuana begegnen würde, würde es vor Furcht tot umfallen.

Später folgte unter Richard Nixon der „War on Drugs“, der das Image der Droge noch weiter in den Boden stampfte. Die Konsequenz ist ein länderübergreifendes, fälschlicherweise negatives Bild von Cannabis, das sich in den Köpfen der Menschen festgesetzt hat. Es ist an der Zeit diese Wahrnehmung wieder richtig zu stellen.

Gründe für eine Legalisierung

Verbote bringen nix

Ein Drogenverbot vermindert kaum die Zahl der Konsumenten. Wer kiffen will, der tut es auch, obwohl es illegal ist. Im Umkehrschluss zeigen auch Länder wie Holland oder der US-Staat Colorado, in denen Cannabis bereits legalisiert wurde, dass die Aufhebung des Verbots nicht zum Anstieg der Konsumenten geführt hat. In den Niederlanden hat unter den Jugendlichen die Zahl der Kiffer sogar abgenommen.[7][8]

Steuergelder

Die Strafverfolgung der Cannabis-Delikte mit über 100.000 jährlichen Strafverfahren verschlingt Steuergelder in Milliardenhöhe.[9] Außerdem werden dadurch erhebliche Polizeikräfte gebunden, die dann an anderer Stelle fehlen.
Durch eine Legalisierung würde der Staat nicht nur gigantische Summen sparen, sondern auch massiv dazuverdienen. Der staatlich regulierte Markt kann im Vergleich zum Schwarzmarkt nämlich versteuert werden und trägt erheblich zum BIP bei. In Colorado zum Beispiel konnte die Droge in einem Haushaltsjahr bis zu 60 Mio. Dollar an Steuern generieren.[10]

Senkung der Kriminalität

Eine Legalisierung würde den Schwarzmarkt komplett auflösen. Die organisierte Kriminalität verliert dadurch ein wichtiges Standbein. Diese Auswirkungen würden sich sogar länderübergreifend bemerkbar machen, denn der Drogenschwarzmarkt ist ein internationales Geschäft.

Qualitätskontrollen und Verbraucherschutz

Gefährlicher als die Droge selbst sind häufig die Streckmittel, mit denen Marihuana auf dem Schwarzmarkt angereichert wird. Staatlich regulierte Qualitätskontrollen in Folge einer Legalisierung würden dieses Problem aus der Welt schaffen und zu einem sicheren und gesünderen Konsum beitragen. Verbraucherschutz ist eine notwendige Maßnahme und die Verbraucher gibt es immer, unabhängig davon, ob die Droge jetzt verboten ist oder nicht.

Jugendschutz

Ein Dealer auf dem Schwarzmarkt legt keinen Wert darauf, ob alle seine Kunden volljährig sind. Da der Konsum im jungen Alter schädlich ist, ist es um so wichtiger, dass Jugendlichen der Zugang zu Marihuana verwährt bleibt. In offiziellen Verkaufsstellen lässt sich mittels Ausweißkontrollen ein sinnvoller Jugendschutz umsetzen. Eine Legalisierung hat in den Niederlanden wie bereits erwähnt die Zahl der minderjährigen Kiffer nachweislich gesenkt.[7][8]

Aufklärung und Prävention

Durch das Verbot ist das Thema Cannabis weitgehend tabu. Dabei ist die Aufklärung und Prävention gerade bei Jugendlichen sehr wichtig. Eine Legalisierung würde den Dialog aufleben lassen und angebrachtes Wissen über die Droge mit ihren Risiken und Nebenwirkungen, aber auch ihren positiven Seiten, ins öffentliche Bewusstsein rufen.

Deswegen bin ich für eine deutschlandweite* Legalisierung von Cannabis. Das derzeitige Gesetz basiert auf Fehlvorstellungen, die sich in den Köpfen der Politiker festgesetzt haben, und hat weder Sinn noch Effekt. Es ist ein unverhältnismäßiger und unbegründeter Eingriff in die Bürgerrechte. Die Letzten, die kriminalisiert werden sollten, sind die Verbraucher.

End the war on drugs!

Ich hoffe, ich konnte Euch die Thematik näher bringen. Was meint Ihr, teilt Ihr meine Ansichten? Ich würde mich darüber freuen, in den Kommentaren mit Euch weiter zu diskutieren!

Quellen

[1] https://www.kenn-dein-limit.info/alkohol-in-zahlen.html
[2] http://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2014-02/cannabis-kiffen-tod-marihuana-rechtsmedizin
[3] http://www.dhs.de/suchtstoffe-verhalten/illegale-drogen/cannabis.html
[4] http://dr-grotenhermen.de/krebsinformation.pdf
[5] https://www.focus.de/gesundheit/ratgeber/psychologie/news/cannabis-hasch-ist-keine-einstiegsdroge_aid_548005.html
[6] https://en.wikipedia.org/wiki/Harry_J._Anslinger
[7] http://blogs.taz.de/drogerie/2010/04/14/hollaendische_jugendliche_kiffen_weniger/
[8] http://alternative-drogenpolitik.de/2012/04/07/niederlandische-jugendliche-im-vergleich-zum-europaische-durchschnitt-im-espad-report-2007/
[9] https://epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2017/_09/_25/Petition_73900.nc.html
[10] http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/cannabis-in-usa-legalisierung-bringt-milliarden-steuereinnahmen-a-982424.html

Bildquellen: Cannabispflanze, Gras in Papes, Grüner Rauch, Stastistik, Harry Anslinger
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*Wer aus Österreich oder der Schweiz kommt, kann trotzdem getrost weiterlesen! Dort ist die politische Situation nämlich ähnlich.



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