Gedichtinterpretation zu dem Gedicht "Geschichte"

in #deutsch5 months ago (edited)

Wir erinnern uns oft und gerne an das was einmal gewesen ist. Sowohl in unserem eigenen Leben und Umfeld, als auch im weiteren Umfeld von Nachbarschaft, Freundeskreis, oder einer anderen Gemeinschaft bis hinauf zu Volk, Staat, Welt und Menschheit. Man möchte gerne verstehen warum die Welt so ist wie man sie gerade vorfindet. Zu welchem Zweck ist dabei erstmal zweitrangig. Dabei sind die Grundzüge recht einfach gestrickt. Schon König Salomon sprach, es gebe nichts Neues unter der Sonne.

Und König Salomon hat Recht. Denn der Mensch ist ja immer gleich. Der Mensch entwickelt sich nicht weiter wie man heute gerne behauptet. Sein Können, sein Wissen entwickelt sich, ja. Doch jeder Mensch der geboren wird ist ein neues Individuum. er kann nicht auf das Wissen und vor allem nicht auf die Erfahrungen seiner Vorfahren, ja nicht mal die seiner Eltern, direkt zugreifen. Alles muss der Mensch erst lernen! Deshalb machen die Menschen zu allen Zeiten, Pi mal Daumen, die selben Fehler. Weswegen es auch nichts Neues unter der Sonne gibt, alles war schon einmal da. Und genau vor solchen Fehlern kann die Geschichte einen schützen.

Was ein großer Trost der Geschichte ist, das ist die offensichtliche Tatsache, dass alle Übel einmal zu Ende gehen. Ein großer Trost ist es deshalb, weil wir ja gerne dazu neigen, Zeiten der Drangsal für gleichsam endlos zu halten. So als ob der jetzige Missstand für immer und ewig so bleiben würde. Doch das stimmt nicht. Schon das Buch Kohelet spricht in Kapitel 12 darüber, dass GOTT einmal alles richten wird, auch wenn es nun verborgen ist. Und das Lukasevangelium führt aus, dass alles was verhüllt ist, aufgedeckt wird. Und alles was unbekannt ist, bekannt werden wird. Die Geschichte beweist die Wahrheit dieser Worte.

Wer die Geschichte aufmerksam studiert, der merkt auch bald, dass sich ein weiterer Kreis an Wissen vor einem auftut. Nämlich, dass sich alles "wiederholt". Marlene Dietrich hat dies in ihrem Lied `Sag mir wo die Blumen blühen´ hervorragend besungen, hörenswert!
Da der Mensch zu allen Zeiten innerlich gleich war und ist, reagiert er auch zu allen Zeiten recht ähnlich.
[An der Börse gibt es übrigens ein Wissensgebiet, welches sich mit genau dieser Tatsache auseinander setzt. Sie nennt sich Charttechnik]

Die erste Generation hat alles hautnah miterlebt. Sie sind die gebrannten Kinder der Geschichte. Sie werden also etwas gelernt haben und in Zukunft aktiv versuchen es besser zu machen. Ihren Kindern geben sie dieses Wissen weiter. Die zweite Generation hat auch oft den "Vorteil", die direkten Auswirkungen noch gesehen und erlebt zu haben. Auch sie werden sich deshalb bemühen bessere Lösungen zu finden als es ihre Eltern und Großeltern getan haben. Jedoch nimmt bei ihnen der Ernst bereits ab. Da sie sich bemühen alles besser zu machen, lehnen sie oft Wahrheiten ihrer Eltern ab, da diese ja gescheitert wären mit ihren Ansichten.
Die dritte Generation ist dann die erste, welche keinen direkten Bezug mehr zu den Vorfällen der Vergangenheit haben. Sie kennen alles nur mehr aus Erzählungen Haben die ganzen Unbilden nie selbst erlebt. Da der Mensch dazu neigt zu simplifizieren, reduziert er wichtige Erkenntnisse der Vorfahren auf einige wenige Schlagworte, Personen und Geschehnisse, und denkt diese gelte es zu vermeiden dann würde schon alles gut werden. Wer dann darauf hinweist, es gebe ja viele Zusammenhänge, Geschehnisse, Umstände und Entwicklungen die ebenfalls beachtenswert sind, wird ab nun schief angeschaut. In weiterer Folge unter Umständen sogar bedrängt, verfolgt, vogelfrei.

Ist es einmal soweit gekommen, passiert das Unvermeidliche. Wenn eine Gemeinschaft soweit gekommen ist, das Zusammenhänge nicht mehr beachtet werden, wird eine Gemeinschaft blind. Es ist dann nicht mehr eine Frage ob der nächste Knall ins Haus steht, sondern nur mehr wann.
Doch wenn sich der Staub erneut gelegt hat, fängt alles wieder von vorne an. Die Menschheit ist also nicht zu retten. Doch der Mensch kann sich retten. Und ein Hilfsmittel dazu ist die Geschichte.

Was einmal war,
lang ist es her,
dem Menschen gerne in Erinnerung fährt,
da nichts Neues unter der Sonne ist,
wie König Salomon es spricht.

Das Wissen um Geschichte lehrt,
das Salomons Weisheit nicht verkehrt,
da Geschichte vielfach Warnung kennt,
damit man sich nicht zu oft verrennt.

Wer sich damit beschäftigt wie was war,
wie beendet wurde die Gefahr,
der kann leicht und klar erkennen,
alles Böse wird verenden.

Dies schenkt wahre Hoffnung dir,
da nie von Dauer,
das Ungetier,
weil nichts ist, was verborgen bleibt,
wenn es GOTTES Licht erreicht.

Doch,
sagt Geschichte dir noch mehr,
wo liegt Gefahr und wo liegt Ehr,
da der Mensch in allen Zeiten,
stehts gleich sich pflegte zu verhalten.

Schon Marlene Dietrich besang dies kühn,
indem sie fragte,
wo die Blumen blühen,
da Geschichte sich nicht zu wiederholen pflegt,
doch dafür reimt sie sich,
du wirst es sehen.

Zuerst,
da erfreut man sich,
nach langer Dunkelheit, da kommt das Licht,
und eine Zeitlang geht es gut,
Sorge und Not in Frieden ruhen.

Doch Leichtsinn das Herz befällt,
was dem Hochmut sehr gefällt,
da lange vieles gut gegangen,
wozu also bange machen?

Diesmal wird ja alles anders sein,
schließlich, machen wir mit dem Guten uns gemeint,
weshalb uns niemals nichts passieren kann,
über Unkenrufe lacht man dann.

Und so kommt es wie es kommen muss,
bis zur Neige, bis zum Schluss,
da jeder denkt auf dem Zenit,
alle Feinde sind besiegt.

Wenn der Staub sich dann gelegt,
und alle Übel stille stehen,
so sicher wie das Amen dann,
fängt alles wieder von vorne an.

Mehr über Geschichte und Gedichte findest du aufMein Blog

LG
Reinhard

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Dein Text reflektiert auf eine tiefgründige Weise die Natur des Menschen, seine Neigung zur Wiederholung von Fehlern und die Bedeutung der Geschichte als Lehrmeisterin. Es wird betont, dass der Mensch als Individuum zwar ständig dazulernt, aber kollektiv dazu neigt, ähnliche Muster und Fehler zu wiederholen.

Die Betonung der Tatsache, dass alle Übel einmal zu Ende gehen, verleiht deiner Perspektive eine optimistische Note. Die Idee, dass die Geschichte Warnungen enthält, die helfen können, die Zukunft besser zu gestalten, ist gut herausgearbeitet.

Die Darstellung der Generationen und ihrer Haltung gegenüber vergangenen Ereignissen veranschaulicht die Abnahme des Ernstes und der Verbindung mit der Geschichte über die Generationen hinweg. Die Warnung vor der Blindheit einer Gemeinschaft, die die Zusammenhänge vergisst, ist ein eindringlicher Appell.

Der Bezug zu religiösen und philosophischen Ideen, wie die Erwähnung von GOTTES Licht und Salomons Weisheit, fügt eine spirituelle Dimension hinzu. Das Gedicht von Marlene Dietrich wird geschickt in den Kontext eingebunden, um die Idee der Veränderung und Wiederholung zu betonen.

Insgesamt ist deine Interpretation des Textes als ein kraftvolles Plädoyer für das Studium der Geschichte, um aus der Vergangenheit zu lernen, zu verstehen und letztendlich eine bessere Zukunft zu gestalten, zu bewerten.

Vielen Dank für deine lobenden Worte.
Die optimistische Note ist mir sehr wichtig. Als Katholik finde ich den Gedanken der Hoffnungslosigkeit sehr deprimierend. So stelle ich mir die Hölle vor, hoffnungslos. Doch alles was ich gelesen habe und alles was ich erleben durfte, hat mich gelehrt, dass nichts endgültig ist. Erst der Tod ist endgültig.

Es freut mich, dass du meine Rückmeldung schätzt. Deine Betonung der Hoffnung und der Überzeugung, dass nichts endgültig ist außer dem Tod, spiegelt eine positive Lebensphilosophie wider. Die Vorstellung von Hoffnungslosigkeit als eine Art Hölle ist kraftvoll und verleiht deinem Glauben an die Möglichkeit von Veränderung und Erneuerung eine tiefgreifende Bedeutung. Es ist wichtig, in den Herausforderungen des Lebens die Perspektive der Hoffnung zu bewahren.