Zitate 035 - Gegendemonstranten bei AfD-Veranstaltung
10. Juli 2017
Wie im letzten Zitate Artikel mit Peter Boehringer [1] angekündigt, will ich nun auch die Zitate der Parolen auflisten, die ich im Video der Kundgebung verstehen konnte. Die Veranstaltung fand am 04. Juli in Regensburg statt. Die Gegendemonstranten gaben sich als Jungsozialisten und Sympathisanten oder Angehörige der Antifa aus. Hinter der Antifa steht in Deutschland der Verein Antifaschistische Aktion e. V. [2]. Linke Aktivisten unter anderem von der Antifa demonstrierten gegen die von der Partei Alternative für Deutschland (AfD) organisierte Kundgebung gegen eine Veranstaltung der Deutschen Bundesbank.
Die Antifaschistische Aktion hat ihre Wurzeln in den 1920er Jahren, sie entstand als Gegenbewegung zu profaschistischen Gruppierungen, die ihre Wurzeln vor allem in Italien nach dem Ersten Weltkrieg hatten. Der Faschismus als eine militant nationale Bewegung inklusiver Plan- oder Kartellwirtschaft war damals nicht nur auf der Strasse, sondern auch bei Intellektuellen durchaus populär. Der heute noch sehr populäre Mathematiker John Maynard Keynes [3], der sich vornehmlich als Ökonom betätigte und in elitären Kreisen in Grossbritannien verkehrte, soll in den frühen 1930er Jahren ein Unterstützer des Faschismus britischer Prägung gewesen sein, währenddessen er mit der italienischen Version nicht viel anfangen konnte.
Aufgrund ihrer sozialistischen Prägung lässt sich auch das Vorgehen und die Methodik der Antifa nachvollziehen. Allerdings muss ich zugeben, im Bereich des sozialistischen Gruppierungen definitiv über keinerlei Expertenwissen zu verfügen. Was ich aber nachvollziehen kann, ist die Tatsache, dass der sozialistische Kampf auf verschiedenen Fronten geführt wird. Einerseits auf der intellektuellen Ebene vorwiegend in den Geisteswissenschaften und im kulturell-intellektuellen Bereich etwa im Theater. Andererseits auch auf der Strasse, durch Kundgebungen von heute meist gesittet auftretenden Gewerkschaften bis zu militanten Organisationen wie der Antifa. Die ältesten sozialistischen und sozialistisch-anarchistischen Organisationen, die ihren Kampf auf die Strasse trugen, waren Arbeiterorganisationen. In der Zeit ihres erstmaligen Erstarkens im 19. Jahrhundert wurden sie fast überall von Staates wegen verfolgt. Die Antifaschistische Aktion erfreut sich seit den 1980er Jahren wieder grösserer Beliebtheit. Auch bei der Antifa heiligt der Zweck ziemlich viele Mittel, eine typische Eigenschaft militanter Gruppierungen.
In der Zeit des Wiederaufkommens der Antifa oder vielleicht ein Jahrzehnt zuvor fand auch die Etablierung der Punk-Bewegung und ihrer Musik statt. Dort liegt wohl mein einziger wirklicher Bezug zur linken Szene. Der Inhalt von Punksongs ist auch meist linksaktivistisch. Mir sind etwa Texte der alten Punkbands «Sex Pistols», «Dead Kennedys» oder «Exploited» bekannt. Als ich in der ersten Hälfte der 2000er Jahre die Mittelschule besuchte, erfreute sich mit «Melodic Punk» eine Neuintepretation von Punkmusik grösserer Beliebtheit. Diese war, wie der Name sagt, musikalisch nicht mehr so schrill und lärmig, auch die Texte sind meist weniger extrem. Im Zuge des Konsums dieser Musik wurden auch deren Ursprünge etwas näher untersucht und die alten Klassiker des Punk wieder ausgegraben. Mit dieser Musik konnte ich allerdings kaum etwas anfangen und ging zum Heavy Metal über, der mir auch heute noch gefällt.
Hier noch einmal das Video [5]:
«Hoch die internationale Solidarität!»
(3:30)
«Halt die Fresse!»
(5:30, 15:21)
«Nazis raus!»
(7:50)
«Allerta! Allerta! Antifascista!»
(8:40)
«Es gibt kein Recht auf Nazipropaganda!»
(9:30)
«Hau ab!»
(35:14)
«Hu***sohn! (u. a. mit gezeigten Mittelfingern.)»
Natürlich gehört das Skandieren von Parolen zu (Gegen-)Kundgebungen dazu. Auf linken Blogseite kann man ganze Sammlung von solchen, meist sehr kurzen Parolen finden [6, 7] Damit diese funktionieren, müssen sie einfach gestrickt und eingängig sein. Die in diesem Fall aufgelisteten sieben Parolen halte ich aber ausnahmslos für ziemlich geistlos. Jemanden bei gesetzlich garantierter Rede- und Versammlungsfreiheit zum Schweigen und Verlassen der Lokalität aufzufordern ist witzlos. Noch weniger lustig ist es, wenn es nicht bei Worten bleibt. Wer nur ein wenig recherchiert, wird auf eine lange Liste von Drohungen, Angriffen auf AfD-Parteimitglieder und deren Eigentum stossen. Dazu wurden eine Menge an Gastgebern eingeschüchtert und bedroht, die ihre Räumlichkeiten für Veranstaltungen der AfD zur Verfügung stellten oder stellen wollten. Der letzte Bundesparteitag der AfD fand dieses Jahr in Köln statt, in einem Hotel einer bekannten Hotelkette. Diese erklärte danach, nicht mehr als Gastgeber von AfD-Veranstaltungen auftreten zu wollen. In den Medien wurde es teilweise so dargestellt, dass die AfD daran Schuld und ein schlechter Kunde sei [8].
Auch dem Redner das Verbreiten von nationalsozialistischer Propaganda zu unterstellen, wenn man es nicht beweisen kann. Da ich die Rede von Peter Boehringer weitgehend transkribiert und sie als sehr gut bezeichnet habe, würde ich mich automatisch in der selben Kategorie einfinden. Dass meine politischen Ansichten mit nationalsozialistischem Gedankengut höchstens marginale Überschneidungen haben, habe ich im Geschichtsunterricht ung im Selbststudium einiger Aspekte der nationalsozialistischen Ideologie, wie auch deren Realpolitik und Parteiprogramm eindeutig herausgefunden. Das Vorhandensein minimaler Überschneidungen lässt sich auch nicht verhindern, denn auch ein weitgehend fehlgeleiteter Extremist kann noch richtige Dinge von sich geben.
Schlussendlich zählten einfältige Beschimpfungen des Redners auch noch zum Repertoire der Gegendemonstranten. Ein Wort konnte ich entziffern, es ist der Klassiker der Beschimpfung eines Menschen, indem man dessen Mutter beschimpft. Damit diese Beschimpfung zulässig ist, muss man meiner Meinung nach über den entsprechenden Lebenswandel dieser Mutter Bescheid wissen, sonst verliert sie nicht nur ihre Zulässigkeit, sondern auch ihr ganzes Gewicht. Ich kann an einer geistlosen Falschbehauptung keinen tiefergehenden Wert erkennen.
Der Spruch «Hoch die internationale Solidarität!» geht darauf zurück, dass sich die ersten Arbeiterorganisationen nicht nur innerhalb einzelner Länder organisierten, sondern dies im besonderen Masse international taten, um in vielen Ländern, am liebsten weltweit, für den Sozialismus zu kämpfen. Die erste sogenannte «Internationale» [9] entstand 1864 mit der Gründung der «Internationalen Arbeiterassoziation» (IAA) [10]. Nachfolgend gab es noch vier weitere davon. Die aktuelle fünfte Auflage nennt sich «Sozialistische Internationale» [11], wurde 1951 in Frankfurt am Main gegründet und sieht sich eigentlich in der Tradition der Zweiten Internationalen.
Zum Spruch «Allerta! Allerta! Antifascista!» habe ich nichts nennenswertes an Erklärung gefunden. Allerta ist ein italienisches Substantiv und bedeutet entweder «Alarm», «Achtung» oder «Aufgepasst». «Antifascista» ist ein Adverb und bedeutet naheliegenderweise «antifaschistisch». Zweck des Spruchs dürfte eine Bezugnahme zu den alten, italienischen Antifaschisten sein. Ob der Ausspruch dazu dient, die Umgebung vor den ankommenden Antifaschisten zu warnen oder als Ermahnung an die Antifaschisten selber gerichtet ist, sie sollen bitte selber wachsam sein, weiss ich nicht.
[1] Zitate 034 - Peter Boehringer. @saamychristen, 08: Juli 2017
https://steemit.com/deutsch/@saamychristen/zitate-034-peter-boehringer
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Antifa
[3] https://de.wikipedia.org/wiki/John_Maynard_Keynes
[4] https://de.wikipedia.org/wiki/Punk
[5] Kundgebung gegen Bundesbank-EUR-Propagandaveranstaltung in Regensburg. AFD-Television, 05. Juli 2017
[6] http://recklinghausennazifrei.blogsport.de/demo-sprueche/
[7] http://linksjugend-solid-bw.de/material/demospruche/
[8] Hausverbot erteilt - Maritim-Chef mit klarer Ansage: „Nie wieder AfD! Kölner Express, 23. April 2017
[9] https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale
[10] https://de.wikipedia.org/wiki/Internationale_Arbeiterassoziation
[11] https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialistische_Internationale
http://www.fifthinternational.org/
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Die faschistische "Antifa" ist dermaßen primitiv, dass sie selbst nicht merkt, dass ihr Handeln gegen eine demokratisch zugelassene Partei keinen Deut besser ist als das, was die Nazis mit ihren Gegnern/Feinden gemacht haben.
Das versuchte behindern von Veranstaltungen ist ja noch relativ harmlos. Da werden inzwischen schon ganz andere Kaliber gezogen. Das Bewerfen und Bespucken von Besuchern von AfD-Veranstaltungen praktizieren diese Subjekte. Die Wirte werden unter Druck gesetzt: "Wenn Du die AfD reinlässt, dann "lüften" wir Dein Wirtshaus mal". AfD-Repräsentanten werden nicht nur verbal beschimpft, sondern z.T. verprügelt (z.B. der Fraktionsvorsitzende im Landtag von RLP Junge). Anschläge gegen Autos (z.B. Petry oder von Storch), die gänzlich ausgebrannt sind oder gegen Wohneigentum (z.B. Katrin Ebner-Steiner in Deggendorf) und gegen AfD-Geschäftsstellen gehören inzwischen zur Tagesordnung.
Danke für den Kommentar!
Da man bereits an vielen Orten Polemiken über Linksideologen und ihre militanten Fraktionen lesen kann, habe ich mich in meinem Artikel um grösstmögliche Nüchternheit bemühen wollen. Mein Artikel dreht sich wie erwähnt, um die Veranstaltung vom 04. Juli in Regensburg, die schwierig, aber friedlich abgelaufen ist. Es gab bekanntlich auch schon ganz andere Auswüchse, auch aktuelle.
Wer glaubt, es sei in Ordnung, für seine Zwecke fremdes Eigentum zu beschädigen, vertritt nach meinem Verständnis eine illegitime Einstellung. Wenn Demonstrationen stattfinden, muss klar sein, dass die Beschädigung, Zweckentfremdung und der Diebstahl fremden Eigentums in keiner Weise geduldet werden.
Und übrigens. Danke für den Resteem.
really great post thanks a lot for sharing and keep on posting ;)
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