Das niemals endende Schattenboxen
Deutschland führt seit 1945 ein niemals endendes Schattenboxen gegen einen gescheiterten Postkartenmaler, der seit 74 Jahren tot ist.
Durch unseren Unwillen uns der deutschen Unbedingtheit und den tatsächlichen Bösen, zu dem jeder Mensch fähig ist zu stellen, führen wir mit dieser Unbedingtheit einen Kampf gegen Zombies. Zombies, die wir selbst immer wieder zum Leben erwecken. Wir haben unsere eigene Geschichte faktisch aus dem Unterricht verbannt, indem wir sie auf die Jahre zwischen 1933 und 1945 beschränken. Wir haben unzählige Wörter unserer Sprache zu verbotenen Wörtern erklärt, nur um die Zombies in ihren Gräbern zu halten. Dabei verstehen wir nicht, dass gerade dadurch die Zombies immer wieder erweckt werden. Sie sind wie eine verdrängte Erinnerung, die nie richtig verarbeitet wurde.
Wir machen einen unfähigen Postkartenmaler zu einem übermenschlichen Dämon, der bis heute unser Denken und Handeln bestimmt. Wir geben ihm durch unsere Angst genau die Macht, um das zu tun. Dann wundern wir uns, dass wir ihn nicht tot bekommen.
Üblicherweise erhöhen wir dann die Dosis von eben der Rezeptur, die eben schon nicht wirkte. Mit Gewalt weigern wir uns, auf uns selbst zu sehen und unser durch Unbedingtheit geprägtes Handeln zu überdenken. Das scheint der Kern des deutschen Wesens zu sein. Mit Unbedingtheit an seinen Weg und seinen Mitteln festzuhalten, ganz gleich, ob die Realität widerspricht, Pech für die Realität.
Ablasshandel
Kurzum wir geben uns einen bequemen Ablasshandel hin, der Kampf gegen einen imaginierten Dämon, der eigentlich doch nur ein Scheinriese ist, spricht uns frei von der Pflicht unserer Geschichte. Wir spiegeln all unsere Fehler, dass Böse im Menschen, auf diese eine Zeit. Wir heben eine Clique kleiner Nazis in einen transzendenten Raum, erklären sie und ihre Taten zu den Verführern, zu Satan selbst. So werden wir von der Pflicht befreit, uns dem unermesslichen Problem menschlicher Gewalt zu stellen. Man führe nur die Rituale aus, erkläre mit Pathos den Kampf gegen rechts und schon ist das größte Problem des Bösen gelöst.
Die Wahrheit ist, unter entsprechenden Umständen kann jeder Mensch zu unvorstellbar bösen Taten fähig sein. Du und ich, wir alle sind zu Auschwitz fähig, wenn wir nur unter den entsprechenden Umständen aufwachsen und leben. Es gibt ihm nicht, den guten vom Bösen unberührten ursprünglichen Menschen. Es hat ihn nie gegeben, Rousseaus Annahme vom aus sich selbst heraus guten Menschen darf seit dem 20. Jahrhundert als widerlegt gelten. Da ist kein edler Wilder in uns. Hitler war kein Verführer, nicht der Satan selbst, er war nur der falsche Mensch zur falschen Zeit am falschen Ort. Er hat freigesetzt, was lange da war.
Blindheit
Die selbst verschuldete Blindheit gegenüber den Ursachen ideologischer Verblendung, für die gerade wir deutschen besonders empfänglich sind, wird irgendwann zu einem Wiederaufstieg des Bösen führen.
Wir werden nicht in der Lage sein das zu erkennen. Denn unser „nie wieder“ ist hohl, es ist nur noch ein pseudoreligiöser Pathos. Auschwitz wird es nie wieder so geben, denn die Geschichte wiederholt sich nie auf genau dieselbe Art und Weise. So sind wir verdammt ein Gespenst zu jagen, während das wahre Böse sich noch nicht einmal in unserer Mitte zu tarnen braucht.
Passen wir nicht auf, dann werden wir zwar kein neues Auschwitz bekommen, aber vielleicht Umerziehungslager für eine Menschengruppe, die wir heute noch nicht einmal erahnen. Bloße Schablonen aus der Vergangenheit haben noch nie geholfen, die Zukunft vorherzusagen. Sehr wohl aber hat das Ziehen von Lehren aus der Vergangenheit geholfen, neue Fehler zu vermeiden.
Hinter dem Ideal ist das Übel am besten verborgen
– H.v.Doderer
Vielleicht war Hitler kein Satan, sondern ein Mensch. Seine vorgeblich leidenschaftlichsten Feinde sind es, die mit Verve den Dienst des Bösen tun. Die Fixierung der heutigen Antifaschisten auf den stereotypen Nazi von vor 70 Jahren erlaubt es uns als Gesellschaft in der Illusion zu leben das Böse sei besiegt und müsse nur am Wiederaufleben gehindert werden. Selbst verschuldet sind wir blind für die Ursachen des Hasses. Es ist leichter das Böse zu personifizieren, dann können wir es woanders suchen und müssen nicht auf uns selbst schauen. Wir laufen so Gefahr, keine Lehren aus den Jahren von 1933-1945 zu ziehen.
Der größte Trick des Bösen war es nie, uns glauben zu machen es gäbe das Böse nicht. Der größte Trick des Bösen ist es, sich als das Gute auszugeben.
Scheuklappen
Diese Scheuklappen sorgen dafür, dass wir mit aller Energie den Klischee Nazi jagen oder sogar Nazis sehen, wo keine sind. Gierig saugt ein ganzer staatlich geförderter Zweig an Einrichtungen alles auf, was auch nur irgendwie der Kontaktschuld mit rechter Ideologie verdächtig sein könnte. Zwischen rechts, rechtsradikal, rechtsextrem und konservativ wird schon lange nicht mehr unterschieden.
Sicher ist es richtig, gegen extreme politische Ideologien vorzugehen. Doch die Scheuklappen, die unsere Gesellschaft ohne Not trägt, verhindern einen klaren Blick. Unverfängliches kann zur gesellschaftlichen Ächtung führen.
Ideologische Gewalt
Während wir einerseits Jagd auf alles machen, was auch nur nach braunen Gedankengut klingen könnte und uns so unserer moralischen Vortrefflichkeit versichern, laufen gleichzeitig Kinder mit dem Konterfei Che Guevaras durch die Straßen. Sicher sind diese Kinder keine Killer, die nur darauf warten einen Menschen zu töten. Vermutlich wissen sie noch nicht einmal, dass Che ein Killer war, der laut seinen Zeitgenossen Freude an öffentlichen Erschießungen empfand und diese gerne ohne Prozess selbst vornahm.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass es keinen öffentlichen Aufschrei gibt. Wie könnte es auch anders sein, unsere Energien konzentrieren sich auf die Bekämpfung eines Symptoms menschlichen Hasses. Die Gesellschaft scheint zu glauben, dass nur diese eine rechte Ideologie in den Abgrund führen würde, alles andere sei gewissermaßen harmloser Schabernack.
Schlimmer noch, gewisse Ideologien, wie zum Beispiel der Kommunismus, seien einfach noch nie „richtig“ umgesetzt worden. Lenin und co. waren also einfach nur nicht fähig gewesen, aber jetzt beim nächsten Mal wird es endlich richtig gemacht? Was für eine Hybris ist es so zu denken und wie gefährlich noch dazu?
Das Schwarzbuch des Kommunismus verzeichnet über 100 Millionen Tote durch den Kommunismus, trotz der Sozialismus vorgeblich nur gutes will.
Häufig ist zu hören, dass linke Gewalt qualitativ etwas anderes sei, als rechte Gewalt. Jeder der Alexander Solschenizyns Archipel Gulag gelesen hat weiß, dass der Effekt derselbe ist. Menschen sterben, für die vorgeblich gute Sache. Es ist eine zynische Verharmlosung zu sagen, dass der ideologische Unterbau für Mord, Vertreibung, Folter und Vergewaltigung einen qualitativen Unterschied macht. Jede versuchte Argumentation in diese Richtung ist eine entlarvende Relativierung. Letztlich versuchen Rechtfertigungen dieser Art, Hass und Gewalt als legitime Mittel im politischen Raum zu etablieren. Mord in qualitative Abstufungen zu gliedern. Gute Gewalt gegen schlechte Gewalt. Genau diese Rechtfertigungen, haben auch die Nazis vorgenommen.
Seien wir also vorsichtig, wenn Menschen vorgeben, dass dieses oder jene Opfer eben gebracht werden müsse, um das Paradies zu errichten.
Rechtfertigungen
Mag es vielleicht sein, dass der Mensch aus sich selbst heraus ein Problem hat, Gutes vom Bösen zu unterscheiden? Kann es vielleicht ferner sein das, wenn die Strukturen es zulassen, wir jede Moral für den persönlichen Vorteil opfern?
Wie oft hören wir von Menschen, auch aus unserem eigenen Bekanntenkreis, die moralisch und ethisch zweifelhaftes Verhalten damit rechtfertigen, dass angeblich jeder so handelt? Wie viele Menschen sehen noch nicht einmal ihre eigenen schlechten Taten, weil sie sich selbst schlicht nie reflektiert haben?
Sollten diese Punkte richtig sein, dann ist unser Kampf gegen politischen Hass, der sich nur auf rechts beschränkt, ein kontraproduktives Ablenkungsmanöver, denn dann ist das Firmament der Zivilisation verdammt dünn und darunter lauert ein Tier und dieses Tier braucht nur Rechtfertigungen, um herauszukommen.
Am Ende werden wir den Aufstieg des Bösen bejubeln, weil das Böse uns versprechen wird, dass es ja wenigstens nicht Nazi sei.
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