Adolf Hitler / Mein Kampf (Band 2, Kapitel 6.)steemCreated with Sketch.

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6 . Kapitel
Der Kampf der
ersten Zeit – Die Bedeutung der Rede
Die erste große Versammlung am 24. Februar 1920 im Hofbräuhausfestsaal war noch nicht in uns verklungen, als schon die Vorbereitungen für die nächste getroffen wurden. Während es bis dahin als bedenklich galt, in einer Stadt wie München alle Monate oder gar alle vierzehn Tage eine kleine Versammlung abhalten zu wollen, sollte nun alle acht Tage, also wöchentlich einmal, eine große Massenversammlung stattfinden. Ich brauche nicht zu versichern, daß uns dabei immer und immer nur eine einzige Angst quälte: Würden die Menschen kommen, und würden sie uns zuhören? – wenn ich auch persön- lich schon damals die unerschütterliche Überzeugung hatte, daß, wenn sie erst einmal da sind, die Leute auch bleiben und der Rede folgen.
In dieser Zeit erhielt der Münchener Hofbräuhausfestsaal für uns Nationalsozialisten eine fast weihevolle Bedeutung. Jede Woche eine Versammlung, fast immer in diesem Raum, und jedesmal der Saal besser gefüllt und die Men-schen andächtiger! Ausgehend von der „Schuld am Krieg“, um die sich damals kein Mensch kümmerte, über die Frie-densverträge hinweg, wurde fast alles behandelt, was irgendwie agitatorisch zweckmäßig oder ideenmäßig not-wendig war. Besonders den Friedensverträgen selbst wurde größte Aufmerksamkeit geschenkt. Was hat die junge Be-wegung damals den großen Menschenmassen immer und immer prophezeit, und wie ist fast alles davon bis jetzt ein-getroffen! Heute kann man über diese Dinge leicht reden
Kampf gegen Vergiftungspropaganda 519
oder schreiben. Damals aber bedeutete eine öffentliche Massenversammlung, in der sich nicht bürgerliche Spießer, sondern verhetzte Proletarier befanden, mit dem Thema „Der Friedensvertrag von Versailles“ einen Angriff gegen die Republik und ein Zeichen reaktionärer, wenn nicht monarchistischer Gesinnung. Schon beim ersten Satz, der eine Kritik von Versailles enthielt, konnte man den stereo-typen Zwischenruf entgegengeschleudert erhalten: „Und Brest-Litowsk?“ „Brest-Litowsk?“ So brüllte die Masse immer wieder und wieder, so lange, bis sie allmählich heiser wurde oder der Referent schließlich den Versuch, zu über-zeugen, aufgab. Man hätte seinen Kopf gegen die Wand stoßen mögen vor Verzweiflung über solch ein Volk! Es wollte nicht hören, nicht verstehen, daß Versailles eine Schande und Schmach sei, ja nicht einmal, daß dieses Diktat eine unerhörte Ausplünderung unseres Volkes bedeute. Die marxistische Zerstörungsarbeit und die feindliche Vergif-tungspropaganda hatten diese Menschen außer jeder Ver-nunft gebracht. Und dabei durfte man nicht einmal klagen. Denn wie unermeßlich groß war die Schuld auf anderer Seite! Was hatte das Bürgertum getan, um dieser furcht-baren Zersetzung Einhalt zu gebieten, ihr entgegenzutreten und durch eine bessere und gründlichere Aufklärung der Wahrheit die Bahn freizumachen? Nichts und wieder nichts! Ich habe sie damals nirgends gesehen, alle die gro-ßen völkischen Apostel von heute. Vielleicht sprachen sie in Kränzchen, an Teetischen oder in Zirkeln Gleichgesinnter, aber da, wo sie hätten sein müssen, unter den Wölfen, dort-hin wagten sie sich nicht; außer es fand sich eine Gelegen-heit, mit ihnen heulen zu können.
Mir selbst war aber damals klar, daß für den kleinen Grundstock, der zunächst die Bewegung bildete, die Frage der Schuld am Kriege bereinigt werden mußte, und zwar bereinigt im Sinne der historischen Wahrheit. Daß unsere Bewegung breitesten Massen die Kenntnis des Friedens-vertrags vermittelte, war eine Voraussetzung zu dem Er-folge der Bewegung in der Zukunft. Damals, als sie in die-sem Frieden alle noch einen Erfolg der Demokratie sahen,
Gegen den Strom 520
mußte man dagegen Front machen und sich den Gehirnen der Menschen für immer als Feind dieses Vertrages ein-graben, auf daß später, wenn einst die herbe Wirklichkeit dieses trügerische Flitterwerk ungeschminkt in seinem nack-ten Hasse enthüllen würde, die Erinnerung an unsere da-malige Einstellung uns ihr Vertrauen erwürbe.
Schon in jener Zeit habe ich immer dafür Stellung ge-nommen, in wichtigen prinzipiellen Fragen, in denen die gesamte öffentliche Meinung eine falsche Haltung einnahm, ohne Rücksicht auf Popularität, Haß oder Kampf gegen sie Front zu machen. Die NSDAP. durfte nicht ein Büttel der öffentlichen Meinung, sondern mußte ein Gebieter der-selben werden. Nicht Knecht soll sie der Masse sein, son-dern Herr!
Es besteht natürlich, und besonders für jede noch schwache Bewegung, die große Versuchung, in Augenblicken, in denen es einem übermächtigen Gegner gelungen ist, das Volk durch seine Verführungskünste zu einem wahnsinnigen Ent-schluß oder zu falscher Haltung zu treiben, auch mitzutun und mitzuschreien, zumal dann, wenn ein paar Gründe – und wäre es auch nur scheinbar – vom Gesichtspunkte der jungen Bewegung selbst angesehen, dafür sprechen könnten. Die menschliche Feigheit wird dabei so eifrig nach solchen Gründen suchen, daß sie fast stets irgend etwas findet, das einen Schein von Recht geben würde, auch vom „eigenen Gesichtspunkt“ aus solch ein Verbrechen mitzumachen.
Ich habe einige Male solche Fälle erlebt, in denen höchste Energie notwendig war, um das Schiff der Bewegung nicht in den künstlich erregten allgemeinen Strom hineinschwim-men oder besser, mit ihm treiben zu lassen. Das letztemal, als es unserer infernalischen Presse, der ja die Existenz des deutschen Volkes Hekuba ist, gelang, die Südtiroler Frage zu einer Bedeutung emporzutreiben, die dem deutschen Volk verhängnisvoll werden mußte. Ohne zu bedenken, wessen Dienste sie damit besorgten, haben sich viele sogenannte „nationale“ Männer und Parteien und Verbände lediglich aus Feigheit vor der von den Juden aufgeführten öffent-lichen Meinung dem allgemeinen Geschrei angeschlossen und
Politik auf weite Sicht 521
sinnlos mitgeholfen, den Kampf gegen ein System zu unter-stützen, das wir Deutsche gerade in dieser heutigen Lage als den einzigen Lichtblick in dieser verkommenden Welt empfinden müßten. Während uns der internationale Welt-jude langsam, aber sicher die Gurgel abdrückt, brüllen un-sere sogenannten Patrioten gegen den Mann und ein System, die es gewagt haben, sich wenigstens an einer Stelle der Erde der jüdisch-freimaurerischen Umklammerung zu ent-ziehen und dieser internationalen Weltvergiftung einen nationalistischen Widerstand entgegenzusetzen. Es war aber zu verlockend für schwache Charaktere, einfach die Segel nach dem Wind zu stellen und vor dem Geschrei der öffent-lichen Meinung zu kapitulieren. Und um eine Kapitulation hat es sich gehandelt! Mögen die Menschen in ihrer inneren Verlogenheit und Schlechtigkeit es auch nicht zugeben, viel-leicht nicht einmal sich selbst gegenüber, so bleibt es doch Wahrheit, daß nur Feigheit und Angst vor der durch den Juden in Aufruhr gebrachten Volksabstimmung es war, die sie zum Mittun veranlaßte. Alle anderen Begründungen sind jämmerliche Ausflüchte des schuldbewußten kleinen Sünders.
Da war es notwendig, mit eiserner Faust die Bewegung herumzureißen, um sie vor dem Verderben durch diese Richtung zu bewahren. Eine solche Umstellung in dem Augenblick zu versuchen, da die öffentliche Meinung durch alle treibenden Kräfte angefacht wie eine große Flamme nur nach einer Richtung hin brennt, ist allerdings im Augen-blick nicht sehr populär, ja für den Wagemutigen manches Mal fast todgefährlich. Aber nicht wenige Männer der Ge-schichte sind in solchen Augenblicken für ein Handeln ge-steinigt worden, für das die Nachwelt später alle Veranlas-sung hatte, ihnen auf den Knien zu danken.
Damit aber muß eine Bewegung rechnen und nicht mit dem augenblicklichen Beifall der Gegenwart. Es mag dann schon so sein, daß in solchen Stunden dem einzelnen ängst-lich zumute wird; allein er soll nie vergessen, daß nach jeder solchen Stunde einmal auch die Erlösung kommt, und daß eine Bewegung, die eine Welt erneuern will, nicht dem Augenblick, sondern der Zukunft zu dienen hat.
Rednerische Erfahrungen 522
Man kann dabei feststellen, daß die größten und nach-haltigsten Erfolge in der Geschichte meistens die zu sein pflegen, die bei ihrem Beginne am wenigsten Verständnis fanden, weil sie zur allgemeinen öffentlichen Meinung, zu ihrer Einsicht und zu ihrem Willen im schärfsten Gegen- satz standen.
Das konnten wir damals schon, am ersten Tage unseres öffentlichen Auftretens, erfahren. Wir haben wahrlich nicht um die „Gunst der Massen gebuhlt“, sondern sind dem Wahnsinn dieses Volkes entgegengetreten, überall. Fast immer war es so, daß ich in diesen Jahren vor eine Ver-sammlung von Menschen trat, die an das Gegenteilige von dem glaubten, was ich sagen wollte, und das Gegenteil von dem wollten, was ich glaubte. Dann war es die Aufgabe von zwei Stunden, zwei- bis dreitausend Menschen aus ihrer bisherigen Überzeugung herauszuheben, Schlag um Schlag das Fundament ihrer bisherigen Einsichten zu zertrümmern und sie schließlich hinüberzuleiten auf den Boden unserer Überzeugung und unserer Weltanschauung.
Ich habe damals in kurzer Zeit etwas Wichtiges gelernt, nämlich dem Feinde die Waffe seiner Entgeg-nung gleich selber aus der Hand zu schlagen. Man merkte bald, daß unsere Gegner, besonders in Gestalt ihrer Diskussionsredner, mit einem ganz bestimmten „Re-pertoire“ auftraten, in welchem immer wiederkehrende Einwände gegen unsere Behauptungen erhoben wurden, so daß die Gleichartigkeit dieses Vorgangs auf eine zielbewußte einheitliche Schulung hinwies. Und so war es ja auch. Wir konnten hier die unglaubliche Diszipliniertheit der Propa-ganda unserer Gegner kennenlernen, und es ist heute noch mein Stolz, das Mittel gefunden zu haben, diese Propa- ganda nicht nur unwirksam zu machen, sondern ihre Macher endlich selbst damit zu schlagen. Zwei Jahre später war ich Herr dieser Kunst.
Es war wichtig, sich in jeder einzelnen Rede vorher schon klar zu werden über den vermutlichen Inhalt und die Form der in der Diskussion zu erwartenden Gegeneinwände und diese dann in der eigenen Rede bereits restlos zu zer-
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pflücken. Es war dabei zweckmäßig, die möglichen Einwände selbst immer sofort anzuführen und ihre Haltlosigkeit zu beweisen; so wurde der Zuhörer, der, wenn auch vollge-pfropft mit den ihm angelernten Einwänden, aber sonst ehrlichen Herzens gekommen war, durch die vorweggenom-mene Erledigung der in seinem Gedächtnis eingeprägten Bedenken leichter gewonnen. Das ihm eingelernte Zeug wurde von selbst widerlegt und seine Aufmerksamkeit immer mehr vom Vortrag angezogen.
Das war der Grund, weshalb ich schon nach meinem ersten Vortrag über den „Friedensvertrag von Versailles“, den ich noch als sogenannter „Bildungsmensch“ vor der Truppe ge-halten hatte, den Vortrag insofern änderte, als ich nunmehr über die „Friedensverträge von Brest-Litowsk und Versail-les“ sprach. Denn ich konnte schon nach kürzester Zeit, ja schon im Verlauf der Aussprache über diesen meinen ersten Vortrag, feststellen, daß die Leute über den Friedensvertrag von Brest-Litowsk in Wirklichkeit gar nichts wußten, daß es aber der geschickten Propaganda ihrer Parteien gelun- gen war, gerade diesen Vertrag als einen der schändlich- sten Vergewaltigungsakte der Welt hinzustellen. Der Be-harrlichkeit, mit welcher der breiten Masse diese Lüge im-mer wieder vorgetragen wurde, war es zuzuschreiben, daß Millionen von Deutschen im Friedensvertrag von Versailles nur mehr eine gerechte Vergeltung für das zu Brest-Litowsk von uns begangene Verbrechen sahen, somit jeden wirk-lichen Kampf gegen Versailles als Unrecht empfanden und in manches Mal ehrlichster, sittlicher Entrüstung verblie-ben. Und dies war auch mit die Ursache, weshalb sich das ebenso unverschämte wie ungeheuerliche Wort „Wiedergut-machung“ in Deutschland einzubürgern vermochte. Diese verlogenste Heuchelei erschien Millionen unserer verhetzten Volksgenossen wirklich als Vollzug einer höheren Gerechtig-keit. Entsetzlich, aber es war so. Den besten Beweis dafür lieferte der Erfolg der nun von mir eingeleiteten Propa- ganda gegen den Friedensvertrag von Versailles, der ich eine Aufklärung über den Vertrag von Brest-Litowsk vor-ausschickte. Ich stellte die beiden Friedensverträge gegen-
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einander, verglich sie Punkt für Punkt, zeigte die in Wirk-lichkeit geradezu grenzenlose Humanität des einen Ver-trages im Gegensatz zur unmenschlichen Grausamkeit des zweiten, und das Ergebnis war ein durchschlagendes. Ich habe über dieses Thema damals in Versammlungen von zweitausend Menschen gesprochen, in denen mich oft die Blicke aus dreitausendsechshundert feindlichen Augen tra-fen. Und drei Stunden später hatte ich vor mir eine wogende Masse voll heiligster Empörung und maßlosestem Grimm. Wieder war aus Herzen und Gehirnen einer nach Tausenden zählenden Menge eine große Lüge heraus-gerissen und dafür eine Wahrheit eingepflanzt worden.
Die beiden Vorträge, nämlich über „Die wahren Ur- sachen des Weltkrieges“ und über „Die Friedensverträge von Brest-Litowsk und Versailles“, hielt ich damals für die allerwichtigsten, so daß ich sie Dutzende Male in immer neuer Fassung wiederholte und wiederholte, bis wenigstens über diesen Punkt eine bestimmte, klare und einheitliche Auffassung unter den Menschen verbreitet war, aus denen sich die Bewegung ihre ersten Mitglieder holte.
Diese Versammlungen hatten für mich selbst noch das Gute, daß ich mich langsam zum Massenversammlungs-redner umstellte, daß mir das Pathos geläufig wurde und die Geste, die der große, tausend Menschen fassende Raum erfordert.
Ich habe zu jener Zeit, außer, wie schon betont, in klei- nen Zirkeln, keine Aufklärung in dieser Richtung von den Parteien gesehen, die heute den Mund voll nehmen und tun, als ob sie einen Wandel in der öffentlichen Meinung herbeigeführt hätten. Wenn aber ein sogenannter natio- naler Politiker irgendwo einen Vortrag in dieser Richtung hielt, dann nur vor Kreisen, die selbst schon meist seiner Überzeugung waren, und bei denen das Vorgebrachte höch-stens eine Bestärkung der eigenen Gesinnung darstellte. Darauf aber kam es damals nicht an, sondern ausschließ- lich darauf, diejenigen Menschen durch Aufklärung und Propaganda zu gewinnen, die bisher ihrer Erziehung und Einsicht nach auf gegnerischem Boden standen.
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Auch das Flugblatt wurde von uns in den Dienst dieser Aufklärung gestellt. Schon in der Truppe hatte ich ein Flugblatt mit einer Gegenüberstellung der Friedensver- träge von Brest-Litowsk und Versailles ver- faßt, das in ganz großen Auflagen zur Verbreitung ge- langte. Ich habe dann später für die Partei Bestände davon übernommen, und auch hier war die Wirkung wie- der eine gute. Die ersten Versammlungen zeichneten sich überhaupt dadurch aus, daß die Tische bedeckt waren von allen möglichen Flugblättern, Zeitungen, Broschüren usw. Doch wurde das Hauptgewicht auf das gesprochene Wort gelegt. Und tatsächlich ist auch nur dieses allein in der Lage, wirklich große Umwälzungen herbeizuführen, und zwar aus allgemein psychologischen Gründen.
Ich habe schon im ersten Bande ausgeführt, daß alle gewaltigen, weltumwälzenden Ereignisse nicht durch Ge-schriebenes, sondern durch das gesprochene Wort herbei-geführt worden sind. Daran knüpfte sich in einem Teil der Presse eine längere Diskussion, in der natürlich besonders von unseren bürgerlichen Schlauköpfen sehr scharf gegen eine solche Behauptung Stellung genommen wurde. Allein schon der Grund, weshalb dies geschah, widerlegt die Zweifler. Denn die bürgerliche Intelligenz protestiert gegen eine solche Auffassung ja nur, weil ihr selbst die Kraft und Fähigkeit der Massenbeeinflussung durch das gesprochene Wort ersichtlich fehlt, da man sich immer mehr auf die rein schriftstellerische Tätigkeit geworfen hatte und auf die wirk-lich agitatorische der Rede verzichtete. Eine solche Gepflo-genheit führt aber mit der Zeit zwangsläufig zu dem, was unser Bürgertum heute auszeichnet, nämlich zum Verlust des psychologischen Instinktes für Massenwirkung und Massenbeeinflussung.
Während der Redner aus der Menge heraus, vor wel- cher er spricht, eine dauernde Korrektur seines Vortrages erhält, insofern er unausgesetzt an den Gesichtern seiner Zuhörer ermessen kann, inwieweit sie seinen Ausführungen mit Verständnis zu folgen vermögen und ob der Eindruck und die Wirkung seiner Worte zum gewünschten Ziele
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führen, kennt der Schriftsteller seine Leser überhaupt nicht. Deshalb wird er schon von vornherein nicht auf eine be-stimmte ihm vor Augen befindliche Menschenmenge ab-zielen, sondern seine Ausführungen ganz allgemein halten. Er verliert dadurch aber bis zu einem gewissen Grad an psychologischer Feinheit und in der Folge an Geschmeidig-keit. So wird im allgemeinen ein glänzender Redner immer noch besser zu schreiben vermögen, als ein glänzen-der Schriftsteller zu reden, außer er übt sich dauernd in dieser Kunst. Dazu kommt, daß die Masse der Menschen an sich faul ist, träge im Gleise alter Gewohnheiten bleibt und von sich selbst aus nur ungern zu etwas Geschriebenem greift, wenn es nicht dem entspricht, was man selber glaubt, und nicht das bringt, was man sich erhofft. Daher wird eine Schrift mit einer bestimmten Tendenz meistens nur von Menschen gelesen werden, die selbst dieser Richtung schon zuzurechnen sind. Höchstens ein Flugblatt oder ein Plakat können durch ihre Kürze damit rechnen, auch bei einem Andersdenkenden einen Augenblick lang Beachtung zu finden. Größere Aussicht besitzt schon das Bild in allen seinen Formen, bis hinauf zum Film. Hier braucht der Mensch noch weniger verstandesmäßig zu arbeiten; es ge-nügt, zu schauen, höchstens noch ganz kurze Texte zu lesen, und so werden viele eher bereit sein, eine bildliche Dar-stellung aufzunehmen, als ein längeres Schriftstück zu lesen. Das Bild bringt in viel kürzerer Zeit, fast möchte ich sagen auf einen Schlag, dem Menschen eine Aufklärung, die er aus Geschriebenem erst durch langwieriges Lesen empfängt.
Das wesentlichste aber ist, daß ein Schriftstück nie weiß, in welche Hände es kommt, und doch seine bestimmte Fas-sung beibehalten muß. Die Wirkung wird im allgemeinen um so größer sein, je mehr diese Fassung dem geistigen Niveau und der Wesensart gerade derjenigen entspricht, die seine Leser sein werden. Ein Buch, das für breite Massen bestimmt ist, muß darum von vornherein versuchen, in Stil und Höhe anders zu wirken als ein für höhere intellektuelle Schichten bestimmtes Werk.
Nur in dieser Art der Anpassungsfähigkeit nähert das
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Geschriebene sich dem gesprochenen Wort. Der Redner kann meinetwegen das gleiche Thema behandeln wie das Buch, er wird doch, wenn er ein großer und genialer Volksredner ist, denselben Vorwurf und denselben Stoff kaum zweimal in gleicher Form wiederholen. Er wird sich von der breiten Masse immer so tragen lassen, daß ihm daraus gefühlsmäßig gerade die Worte flüssig werden, die er braucht, um seinen jeweiligen Zuhörern zu Herzen zu sprechen. Irrt er sich aber noch so leise, so hat er die leben-dige Korrektur stets vor sich. Wie schon oben gesagt, ver-mag er dem Mienenspiel seiner Zuhörer abzulesen, ob sie erstens verstehen, was er spricht, ob sie zweitens dem Gesamten zu folgen vermögen, und inwieweit er sie drittens von der Richtigkeit des Vorgebrachten überzeugt hat. Sieht er – erstens –, daß sie ihn nicht verstehen, so wird er in seiner Erklärung so primitiv und deutlich werden, daß selbst der letzte ihn begreifen muß; fühlt er – zweitens –, daß sie ihm nicht zu folgen vermögen, so wird er so vorsichtig und langsam seine Gedanken aufbauen, bis selbst der Schwächste unter allen nicht mehr zurückbleibt, und er wird – drittens –, sowie er ahnt, daß sie von der Richtigkeit des Vorgebrachten nicht überzeugt zu sein scheinen, dieses so oft und in immer wieder neuen Beispielen wieder- holen, ihre Einwände, die er unausgesprochen spürt, selbst vorbringen und so lange widerlegen und zersplittern, bis endlich die letzte Gruppe einer Opposition schon durch ihre Haltung und ihr Mienenspiel ihn die Kapitulation vor seiner Beweisführung erkennen läßt.
Dabei handelt es sich nicht selten bei den Menschen um die Überwindung von Voreingenommenheiten, die nicht in ihrem Verstand begründet, sondern meist unbewußt, nur durch das Gefühl gestützt sind. Diese Schranke instinktiver Abneigung, gefühlsmäßigen Hasses, voreingenommener Ablehnung zu überwinden, ist tausendmal schwieriger als die Richtigstellung einer fehlerhaften und irrigen wissen-schaftlichen Meinung. Falsche Begriffe und schlechtes Wissen können durch Belehrung beseitigt werden, Widerstände des Gefühls niemals. Einzig ein Appell an diese geheimnis-
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vollen Kräfte selbst kann hier wirken; und das kann kaum je der Schriftsteller, sondern fast einzig nur der Redner.
Den schlagendsten Beweis dafür liefert die Tatsache, daß trotz einer oft sehr geschickt aufgemachten bürgerlichen Presse, die in unerhörten Millionenauflagen unser Volk überschwemmt, diese Presse die breite Masse nicht hindern konnte, der schärfste Feind gerade dieser bürgerlichen Welt zu werden. Die ganze Zeitungsflut und alle Bücher, die vom Intellektualismus Jahr für Jahr produziert werden, gleiten an den Millionen der unteren Schichten ab wie Wasser vom geölten Leder. Dies kann nur zweierlei be-weisen: entweder die Unrichtigkeit des Inhalts dieser ge-samten Schreiberleistung unserer bürgerlichen Welt oder die Unmöglichkeit, nur durch Schrifttum an das Herz der breiten Masse zu gelangen. Allerdings besonders dann, wenn dieses Schrifttum selbst so wenig psychologisch ein-gestellt ist, wie dies hier der Fall ist.
Man erwidere nur nicht (wie dies eine große deutsch-nationale Zeitung in Berlin versuchte), daß doch der Mar-xismus selbst gerade durch sein Schrifttum, insbesondere durch die Wirkung des grundlegenden Werkes von Karl Marx, den Gegenbeweis für diese Behauptung liefere. Oberflächlicher hat man noch selten eine irrige Anschau- ung zu stützen versucht. Was dem Marxismus die staunenswerte Macht über die breiten Massen gegeben hat, ist keineswegs das formale, schriftlich niedergelegte Werk jüdischer Gedankenarbeit, als vielmehr die ungeheuerliche rednerische Propagandawelle, die im Laufe der Jahre sich der breiten Masse bemächtigte. Von hunderttausend deutschen Arbeitern kennen im Durchschnitt noch nicht hundert dieses Werk, das seit jeher von tausendmal mehr Intellektuellen und besonders Juden studiert wurde als von wirklichen Anhängern dieser Bewegung aus den großen unteren Schichten. Dieses Werk ist auch gar nicht für die breiten Massen geschrieben worden, sondern ausschließlich für die intellektuelle Führung jener jüdischen Welterobe-rungsmaschine; geheizt hat man sie dann mit ganz anderem Stoff: der Presse. Denn das ist es, was die marxistische
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Presse von unserer bürgerlichen unterscheidet. Die mar-xistische Presse ist geschrieben von Agita-toren, und die bürgerliche möchte gern Agitation treiben durch Schreiber. Der sozial-demokratische Winkelredakteur, der fast stets aus dem Versammlungslokal in die Redaktion kommt, kennt seine Pappenheimer wie kein zweiter. Der bürgerliche Skribent aber, der aus seiner Schreibstube heraus vor die breite Masse tritt, wird schon von ihren bloßen Dünsten krank und steht ihnen deshalb auch mit dem geschriebenen Wort hilflos gegenüber.
Was dem Marxismus die Millionen von Arbeitern ge-wonnen hat, das ist weniger die Schreibart marxistischer Kirchenväter als vielmehr die unermüdliche und wahr- haft gewaltige Propagandaarbeit von Zehntausenden un-ermüdlicher Agitatoren, angefangen vom großen Hetz-apostel bis herunter zum kleinen Gewerkschaftsbeamten und zum Vertrauensmann und Diskussionsredner; das sind die Hunderttausende von Versammlungen, bei denen, in qualmender Wirtsstube auf dem Tische stehend, diese Volksredner auf die Massen einhämmerten und so eine fabelhafte Kenntnis dieses Menschenmaterials zu gewinnen wußten, was sie erst recht in die Lage versetzte, die richtig-sten Angriffswaffen auf die Burg der öffentlichen Meinung zu wählen. Und das waren weiter die gigantischen Massen-demonstrationen, diese Hunderttausend-Mann-Aufzüge, die dem kleinen armseligen Menschen die stolze Überzeugung einbrannten, als kleiner Wurm dennoch Glied eines großen Drachens zu sein, unter dessen glühendem Atem die ver-haßte bürgerliche Welt dereinst in Feuer und Flammen aufgehen und die proletarische Diktatur den letzten End- sieg feiern werde.
Von solcher Propaganda her kamen dann die Menschen, die bereit und vorbereitet waren, eine sozialdemokratische Presse zu lesen, jedoch eine Presse, die selber wieder nicht geschrieben, sondern die geredet ist. Denn während im bürgerlichen Lager Professoren und Schriftgelehrte, Theo-retiker und Schreiber aller Art zuweilen auch zu reden ver-
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suchen, versuchen im Marxismus die Redner manches Mal auch zu schreiben. Und gerade der Jude, der hier noch be-sonders in Betracht kommt, wird im allgemeinen, kraft seiner verlogenen dialektischen Gewandtheit und Geschmei-digkeit, auch noch als Schriftsteller mehr agitierender Red-ner als schreibender Gestalter sein.
Das ist der Grund, warum die bürgerliche Zeitungswelt (ganz abgesehen davon, daß sie selbst zum größten Teile verjudet ist und deshalb kein Interesse hat, die breite Masse wirklich zu belehren) nicht den geringsten Einfluß auf die Einstellung der breitesten Schichten unseres Volkes auszu-üben vermag.
Wie schwer es ist, gefühlsmäßige Vorurteile, Stimmungen, Empfindungen usw. umzustoßen und durch andere zu er-setzen, von wie vielen kaum ermeßbaren Einflüssen und Bedingungen der Erfolg abhängt, das kann der feinfühlige Redner daran ermessen, daß selbst die Tageszeit, in welcher der Vortrag stattfindet, von ausschlaggebendem Einfluß auf dessen Wirkung sein kann. Der gleiche Vortrag, der gleiche Redner, das gleiche Thema wirken ganz verschieden um zehn Uhr vormittags, um drei Uhr nachmittags oder am Abend. Ich selbst hatte als Anfänger noch Versammlungen für den Vormittag angesetzt und erinnere mich im besonderen an eine Kundgebung, die wir als Protest „gegen die Unter-drückung deutscher Gebiete“ im Münchner-Kindl-Keller ab-hielten. Dies war damals Münchens größter Saal, und das Wagnis schien sehr groß zu sein. Um den Anhängern der Bewegung und allen, die sonst kamen, den Besuch besonders zu erleichtern, setzte ich die Versammlung auf einen Sonn-tagvormittag, zehn Uhr, an. Das Ergebnis war nieder-drückend, doch zugleich außerordentlich belehrend: der Saal voll, der Eindruck ein wahrhaft überwältigender, die Stim-mung aber eisig kalt; niemand wurde warm, und ich selbst als Redner fühlte mich tief unglücklich, keine Verbindung, nicht den leisesten Kontakt mit meinen Zuhörern herstellen zu können. Ich glaubte nicht schlechter gesprochen zu haben als sonst; allein die Wirkung schien gleich Null zu sein. Völlig unbefriedigt, wenn auch um eine Erfahrung reicher
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geworden, verließ ich die Versammlung. Proben, die ich später in gleicher Art unternahm, führten zu demselben Ergebnis.
Dies darf einen nicht wundernehmen. Man gehe in eine Theatervorstellung und besehe sich ein Stück nachmittags drei Uhr und das gleiche Stück in gleicher Besetzung abends acht Uhr, und man wird erstaunt sein über die Verschieden-artigkeit der Wirkung und des Eindrucks. Ein Mensch mit feinem Gefühl und der Fähigkeit, sich selbst über diese Stimmung Klarheit zu verschaffen, wird ohne weiteres feststellen können, daß der Eindruck der Vorführung nach-mittags kein so großer ist wie der abends. Selbst für ein Kinostück gilt die gleiche Feststellung. Wichtig ist dies des-halb, weil man beim Theater sagen könnte, daß vielleicht der Schauspieler nachmittags sich nicht so müht wie abends. Der Film jedoch ist nachmittags kein anderer als um neun Uhr abends. Nein, die Zeit selbst übt hier eine bestimmte Wirkung aus, genau so wie auf mich der Raum. Es gibt Räume, die auch kalt lassen aus Gründen, die man nur schwer erkennt, die jeder Erzeugung von Stimmung irgend-wie heftigsten Widerstand entgegensetzen. Auch traditionelle Erinnerungen und Vorstellungen, die im Menschen vor-handen sind, vermögen einen Eindruck maßgebend zu be-stimmen. So wird eine „Parsifal“-Aufführung in Bayreuth stets anders wirken als an irgendeiner anderen Stelle der Welt. Der geheimnisvolle Zauber des Hauses auf dem Festspielhügel der alten Markgrafenstadt kann nicht durch Äußeres ersetzt oder auch nur eingeholt werden.
In allen diesen Fällen handelt es sich um Beeinträchti-gungen der Willensfreiheit des Menschen. Am meisten gilt dies natürlich für Versammlungen, in die an sich Menschen von gegenteiliger Willenseinstellung kommen, und die nun-mehr einem neuen Wollen gewonnen werden müssen. Mor-gens und selbst tagsüber scheinen die willensmäßigen Kräfte der Menschen sich noch in höchster Energie gegen den Versuch der Aufzwingung eines fremden Willens und einer fremden Meinung zu sträuben. Abends dagegen unterliegen sie leichter der beherrschenden Kraft eines stär-
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keren Wollens. Denn wahrlich stellt jede solche Versamm-lung einen Ringkampf zweier entgegengesetzter Kräfte dar. Der überragenden Redekunst einer beherrschenden Apostel-natur wird es nun leichter gelingen, Menschen dem neuen Wollen zu gewinnen, die selbst bereits eine Schwächung ihrer Widerstandskraft in natürlichster Weise erfahren haben, als solche, die noch im Vollbesitz ihrer geistigen und willensmäßigen Spannkraft sind.
Dem gleichen Zweck dient ja auch der künstlich gemachte und doch geheimnisvolle Dämmerschein katholischer Kirchen, die brennenden Lichter, Weihrauch, Räucherpfannen usw.
In diesem Ringkampf des Redners mit den zu bekehren- den Gegnern wird dieser allmählich jene wundervolle Fein-fühligkeit für die psychologischen Bedingungen der Propa-ganda bekommen, die dem Schreibenden fast stets fehlen. Daher wird das Geschriebene in seiner begrenzten Wirkung im allgemeinen mehr der Erhaltung, Festigung und Ver-tiefung einer bereits vorhandenen Gesinnung oder Ansicht dienen. Alle wirklich großen historischen Umwälzungen sind nicht durch das geschriebene Wort herbeigeführt, sondern höchstens von ihm begleitet worden.
Man glaube nicht, daß die Französische Revolution je durch philosophische Theorien zustande gekommen wäre, hätte sie nicht eine durch Demagogen größten Stils geführte Armee von Hetzern gefunden, die die Leidenschaften des an sich gequälten Volkes aufpeitschten, bis endlich jener furchtbare Vulkanausbruch erfolgte, der ganz Europa in Schrecken erstarren ließ. Und ebenso ist die größte revo-lutionäre Umwälzung der neuesten Zeit, die bolsche-wistische Revolution in Rußland, nicht durch das Schrift- tum Lenins erfolgt, sondern durch die haßaufwühlende rednerische Betätigung zahlloser größter und kleinster Hetzapostel.
Das Volk der Analphabeten ist wirklich nicht durch die theoretische Lektüre eines Karl Marx zur kommunistischen Revolution begeistert worden, sondern nur durch den glei-ßenden Himmel, den Tausende von Agitatoren, allerdings alle im Dienste einer Idee, dem Volke vorredeten.
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Und das war noch immer so und wird ewig so bleiben.
Es entspricht ganz der verbohrten Weltfremdheit unserer deutschen Intelligenz, zu glauben, daß zwangsläufig der Schriftsteller dem Redner an Geist überlegen sein müsse. Diese Auffassung wird in köstlichster Weise durch eine Kritik der schon einmal erwähnten nationalen Zeitung illustriert, in welcher festgestellt wird, daß man so oft ent-täuscht sei, die Rede eines anerkannt großen Redners plötz-lich im Druck zu sehen. Mich erinnert das an eine andere Kritik, die ich im Laufe des Krieges unter die Hände be- kam; sie nahm die Reden Lloyd Georges, der damals noch Munitionsminister war, peinlichst unter die Lupe, um zur geistreichen Feststellung zu kommen, daß es sich bei diesen Reden um geistig und wissenschaftlich minderwertige, im übrigen banale und selbstverständliche Produkte handle. Ich bekam dann in Gestalt eines kleinen Bändleins einige dieser Reden selbst in die Hand und mußte hellauf darüber lachen, daß für diese psychologischen Meisterstücke seelischer Massenbeeinflussung ein normaler deutscher Tintenritter kein Verständnis besaß. Dieser Mann beurteilte diese Reden eben ausschließlich nach dem Eindruck, den sie auf seine eigene Blasiertheit hinterließen, während der große eng-lische Demagoge sich einzig darauf eingestellt hatte, auf die Masse seiner Zuhörer und im weitesten Sinne auf das ge-samte untere englische Volk eine möglichst große Wirkung auszuüben. Von diesem Standpunkt aus betrachtet, waren die Reden dieses Engländers aber wunderbarste Leistun- gen, da sie von einer geradezu staunenswerten Kenntnis der Seele der breiten Volksschichten zeugten. Ihre Wirkung ist denn auch eine wahrhaft durchschlagende gewesen.
Man vergleiche damit das hilflose Gestammel eines Bethmann Hollweg. Scheinbar waren diese Reden freilich geistreicher, in Wirklichkeit aber zeigten sie nur die Un-fähigkeit dieses Mannes, zu seinem Volke zu sprechen, das er eben nicht kannte. Trotzdem bringt es das durch-schnittliche Spatzenhirn einer deutschen, wissenschaftlich natürlich höchst gebildeten Schreiberseele fertig, die Geistig-keit des englischen Ministers nach dem Eindruck abzu-
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schätzen, den eine auf Massenwirkung abzielende Rede auf sein vor lauter Wissenschaft verkalktes Innere hinterläßt und in Vergleich zu bringen zu der eines deutschen Staats-mannes, dessen geistreiches Geschwätz bei ihm natürlich auf einen empfänglicheren Boden trifft. Daß Lloyd George an Genialität einem Bethmann Hollweg nicht nur ebenbürtig, sondern tausendmal überlegen war, bewies er eben da- durch, daß er in seinen Reden jene Form und jenen Aus-druck fand, die ihm das Herz seines Volkes öffneten und dieses Volk endlich restlos seinem Willen dienen ließen. Gerade in der Primitivität dieser Sprache, der Ursprüng-lichkeit ihrer Ausdrucksformen und der Anwendung leicht verständlicher, einfachster Beispiele liegt der Beweis für die überragende politische Fähigkeit dieses Engländers. Denn die Rede eines Staatsmannes zu sei-nem Volk habe ich nicht zu messen nach dem Eindruck, den sie bei einem Universitäts-professor hinterläßt, sonder an der Wir-kung, die sie auf das Volk ausübt. Und dies allein gibt auch den Maßstab für die Genialität des Redners.
Die staunenswerte Entwicklung unserer Bewegung, die erst vor wenigen Jahren aus einem Nichts heraus ge- gründet wurde und heute schon für wert gehalten wird, von allen inneren und äußeren Feinden unseres Volkes auf das schärfste verfolgt zu werden, ist der steten Berück-sichtigung und Anwendung dieser Erkenntnisse zuzu-schreiben.
So wichtig auch das Schrifttum der Bewegung sein mag, so wird es doch in unserer heutigen Lage größere Bedeu- tung für die gleiche und einheitliche Erziehung der oberen und unteren Führer haben als für die Gewinnung geg- nerisch eingestellter Massen. Nur in den seltensten Fällen wird ein überzeugter Sozialdemokrat oder ein fanatischer Kommunist sich herbeilassen, eine nationalsozialistische Bro-schüre oder gar ein Buch zu erwerben, dieses zu lesen und
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daraus einen Einblick in unsere Weltauffassung zu gewin-nen oder die Kritik der seinen zu studieren. Selbst eine Zeitung wird nur ganz selten gelesen werden, wenn sie nicht von vornherein den Stempel der Parteizugehörigkeit trägt. Übrigens würde dies auch wenig nutzen, denn das Gesamtbild einer einzigen Zeitungsnummer ist ein so zer-rissenes und in seiner Wirkung so zersplittertes, daß man von einmaliger Kenntnisnahme keinen Einfluß auf den Leser erwarten dürfte. Man darf und soll aber nieman- dem, für den schon Pfennige eine Rolle spielen, zumuten, daß er, nur aus dem Drang nach objektiver Aufklärung, dauernd eine gegnerische Zeitung abonniert. Es wird dies unter Zehntausenden kaum einer tun. Erst wer der Be-wegung bereits gewonnen ist, wird das Organ der Partei, und zwar als laufenden Nachrichtendienst seiner Be- wegung, dauernd lesen.
Ganz anders ist es schon mit dem „geredeten“ Flugblatt! Das wird der eine oder andere, besonders wenn er es un-entgeltlich bekommt, viel eher in die Hand nehmen, um so mehr, wenn schon in der Überschrift ein Thema, das augen-blicklich in aller Leute Mund ist, plastisch behandelt ist. Nach mehr oder weniger gründlicher Durchsicht wird er vielleicht durch ein solches Flugblatt auf neue Gesichts-punkte und Einstellungen, ja auch auf eine neue Bewegung aufmerksam gemacht werden können. Allein auch dadurch wird, selbst im günstigsten Fall, nur ein leiser Anstoß ge-geben, niemals jedoch eine vollendete Tatsache geschaffen. Denn auch das Flugblatt kann nur zu etwas anregen oder auf etwas hinweisen, und seine Wirkung wird nur ein- treten in Verbindung mit einer nachfolgenden gründ- lichen Belehrung und Aufklärung seiner Leser. Diese ist und bleibt aber immer die Massenversammlung.
Die Massenversammlung ist auch schon deshalb notwendig, weil in ihr der ein-zelne, der sich zunächst als werdender An-hänger einer jungen Bewegung verein-samt fühlt und leicht der Angst verfällt, allein zu sein, zum erstenmal das Bild einer
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größeren Gemeinschaft erhält, was bei den meisten Menschen kräftigend und ermuti-gend wirkt. Der gleiche Mann wird im Rahmen einer Kompanie oder eines Bataillons, umgeben von allen sei- nen Kameraden, leichteren Herzens zum Sturm antreten, als er dies, ganz auf sich allein angewiesen, täte. Im Rudel fühlt er sich immer noch etwas geborgen und wenn auch in der Wirklichkeit tausend Gründe dagegen sprächen.
Die Gemeinsamkeit der großen Kundgebung aber stärkt nicht nur den einzelnen, sondern sie verbindet auch und hilft mit, Korpsgeist zu erzeugen. Der Mann, der als erster Vertreter einer neuen Lehre in seinem Unternehmen oder in seiner Werkstätte schweren Bedrängnissen ausgesetzt ist, bedarf notwendig jener Stärkung, die in der Überzeugung liegt, ein Glied und Kämpfer einer großen umfassenden Körperschaft zu sein. Den Eindruck dieser Körperschaft er-hält er jedoch erstmalig nur in der gemeinsamen Massen-kundgebung. Wenn er aus seiner kleinen Arbeitsstätte oder aus dem großen Betrieb, in dem er sich recht klein fühlt, zum ersten Male in die Massenversammlung hineintritt und nun Tausende und Tausende von Menschen gleicher Gesinnung um sich hat, wenn er als Suchender in die ge-waltige Wirkung des suggestiven Rausches und der Begei-sterung von drei- bis viertausend anderen mitgerissen wird, wenn der sichtbare Erfolg und die Zustimmung von Tau-senden ihm die Richtigkeit der neuen Lehre bestätigen und zum erstenmal den Zweifel an der Wahrheit seiner bis-herigen Überzeugung erwecken – dann unterliegt er selbst dem zauberhaften Einfluß dessen, was wir mit dem Wort Massensuggestion bezeichnen. Das Wollen, die Sehnsucht, aber auch die Kraft von Tausenden akkumuliert sich in jedem einzelnen. Der Mann, der zweifelnd und schwankend eine solche Versammlung betritt, verläßt sie innerlich ge-festigt: er ist zum Glied einer Gemeinschaft geworden.
Die nationalsozialistische Bewegung darf das nie ver-gessen und sie darf sich insbesondere nie von jenen bürger-lichen Gimpeln beeinflussen lassen, die alles besser wissen, aber nichtsdestoweniger einen großen Staat samt ihrer
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eigenen Existenz und der Herrschaft ihrer Klasse verspielt haben. Ja, sie sind ungeheuer gescheit, können alles, ver-stehen jedes – nur eines allein haben sie nicht verstanden, nämlich zu verhindern, daß das deutsche Volk in die Arme des Marxismus falle. Da haben sie erbärmlichst und jäm-merlichst versagt, so daß ihre jetzige Eingebildetheit nur Dünkel ist, der als Stolz bekanntlich immer neben der Dummheit an einem Holz gedeiht.
Wenn diese Menschen heute dem gesprochenen Wort keinen besonderen Wert zubilligen, tun sie dies übrigens nur, weil sie von der Wirkungslosigkeit ihrer eigenen Redereien sich, Gott sei Lob und Dank, schon selbst gründ-lichst überzeugt haben.

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Richtig, ungeachtet jeder Wertung. Ist doch wichtig das auch dieses Werk Öffentlich zugänglich bleibt.

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