An welchen Irrtum glaubst du gerade?

Ein ehrlicher Rückblick auf das eigene Leben ruft mir schmerzhaft ins Gedächtnis, welchen Irrtümern ich im Laufe der Zeit aufgesessen bin, und wieviele falsche Entscheidungen ich getroffen habe, immer in dem Glauben, ich hätte recht. Ich bin inzwischen fast 60, hatte also viel Zeit, mich zu blamieren!

Ich gehe von der Prämisse aus, dass die meisten Menschen die meiste Zeit denken und tun, was sie nach ihrem eigenen Wissensstand für "das Richtige" halten.

Ups, gilt das auch für Hitler? Für die Terroristen des Daesh? Für "Gripplinge" und "Corona-Hysteriker"? Für "Sozis" und "Nazis"?

Ich fürchte, ja.

Wir halten für richtig bzw. wahr, was den Daten (incl. Intuitionen, Gefühlen, you name it!), die wir zu Rate ziehen, entspricht. Wir können aber nie sicher sein, dass diese Daten stimmen oder dass wir sie richtig interpretieren. Wir können unsere eigenen blinden Flecken nicht sehen, wir können uns nur selten bei den eigenen Fehlern ertappen. Die Frage "an welchen Irrtum glaubst du gerade?" macht das hübsch deutlich.

Das heißt, dass wir niemals sicher wissen können, ob wir uns nicht irren. Nie. Bei keinem Thema. In keiner Situation.

Wie können wir dann überhaupt noch diskutieren, geschweige denn handeln? Wenn die Wahrscheinlichkeit, dass wir (möglicherweise sehr gravierende) Fehler machen, so gar nicht ausgeschlossen ist? Führt dieser Gedanke nicht in eine Lähmung?

Vielleicht ist es schon mal ein Anfang, sich dieses Problems überhaupt bewusst zu sein. Das macht etwas bescheidener. Dann: vorsichtig entscheiden, mutig handeln, hoffen, dass es gut geht!

Ich halte das für eine der grundlegenden Tragödien menschlichen Seins.

Bild: Savoy Truffle