Anlegen in der Krise - Suchst Du noch oder hast Du schon?

in #finanzen4 years ago

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Das ich für die aktuellen Entwicklungen an der Börse immer noch sehr bärisch eingestellt bin, daraus mache ich hier ja keinen Hell. Ich traue dem Braten noch nicht und glaube, dass das Grand Finale dieses Crashs noch austeht. Bärenralley gibt es immer wieder und haben oft für Anleger fatale Folgen. Auf der anderen Seite gibt es momentan wirklich einige tolle Kurse und wer ewig nur auf die Charts schaut und auf bessere Preise wartet, der kann eine ganze Menge verpassen. Solange es aber noch genug Leute gibt, die irgendwie in den Markt rein wollen, ist die Krise IMHO noch nicht am Ende.

Gerade privat bekomme ich momentan von vielen eher jüngeren Leuten Anfragen wie sie sich eigentlich momentan verhalten sollen. Irgendwie fruchtet es doch, dass man sie jahrelang beackert hat ein wenig an die Altersvorsorge zu denken und dies am besten über die Börse zu machen. Nun da die ganzen Nachrichten rund um den Börsencrash durch die Welt gehen, fühlen sich viele endlich stark genug es doch mal auszuprobieren.

Denn bisher waren die Kurse gefühlt immer irgendwie zu hoch. Immer hört man, dass die Ralley schon so lange ging und da war es ja nur eine Frage der Zeit bis es abwärts gehen würde. Solange hat man halt dann eher „gespart“ und von der Seitenlinie zugehen... um dann am Ende die Reserve dann doch für irgendwelche coolen Dinge auszugeben, die man als junger Mensch nun halt einmal braucht.

Wer von diesen jungen Menschen es nun halbwegs gesund durch die Krise schafft, kann vielleicht das Geschäft seines Lebens machen. Sieht man nun einmal von den ganzen Hilfspaketen ab und fragt sich, wer das eigentlich alles bezahlen soll. (na, eben diese jungen Leute halt! :))

Nun kommt aber eine sehr ungünstige Kombination zusammen. Ein extrem gefährliches und stürmisches Börsenwetter, gepaart mit jungen Geistern ohne große Erfahrung an der Börse. Im Kern also das wo sich die Geier von den Banken nur so drauf schmeißen würden. Mir treibt es dabei aber oft eher Tränen in die Augen, da ich eben nur einen Rat erteile und nicht berate... und eben fürchte, dass einige sich ins Unglück stürzen.

So bekomme ich ständig irgendwelche Anfragen zu irgendwelchen Firmen, die man erst einmal googeln muss, weil man noch nie etwas davon gehört hat. Ein amerikanisches Outlet mit 14% Dividendenrentabilität! Was für ein Schnäppchen! Kaum einer von denen versteht allerdings, was die Corona-Krise für eben solche Läden bedeutet und das man nicht einfach auf die Gewinne der letzten Jahre blicken kann um daraus hoch zu rechnen, was man wohl dieses Jahr so bekommen kann.

Denn es besteht kein Zweifel daran, dass in dieser Krisen die Karten völlig neu gemischt werden und es noch so manche Überraschung geben wird. Ja, vielleicht gehört dieses Outlet ja zu den Gewinnern. Und ja, auch manche Ölkonzerne sind sehr günstig zu haben. Aber ausgerechnet die Generation „Friday for Futures“ will sich nun mit Öl eindecken, nur um danach auf die Straße zu gehen und dagegen zu demonstrieren?

Gute Aktien auszuwählen und dann auch durchzuhalten ist eine echte Kunst. Man braucht dafür einiges an Erfahrung und obwohl ich kein Frischling mehr bin, merke ich immer wieder wie schwer es in solchen Phasen sein kann rational zu handeln. Natürlich packt einen auch mal die Panik und wer dann nicht eine entsprechend Disziplie hat, kann schnell unüberlegt handeln. Wer nun sich mit wenig Geld irgendwo im Markt positioniert, wird bei einem neueren Sturz nach Süden sehr schnell selbstzweifel entwickeln und zittrige Hände kriegen. So beschreibt Kostolany diese Art von Börsianer immer sehr zutreffend.

Was also ist meiner Meinung nach in einem solchen Marktumfeld das Beste, wenn man jung, dumm und naiv ist und trotzdem von einer Weitsicht gesegnet ist, seine eigenen Finanzen in den Griff zu nehmen? Nun das, was ich eigentlich jedem empfehlen würde, der irgendwie momentan noch mit Zweifel im Markt unterwegs ist.

In den meisten Fällen schaffen Value Investoren es langfristig nicht den Markt zu schlagen. Spätestens nach 20 Jahren nährt sich jeder mit einer Überrendite irgendwo dem Markt an. Und jede Überrendite braucht eben auf der anderen Seite auch jene die die Verluste einfahren. Das sind eben die naiven zittrigen Hände.

Wenn man also keine Ahnung hat, dann setze einfach auf den Markt. Dies geht am besten mit einem ETF. Wer momentan viel Geld geparkt hat und genügend Reserve hat, kann durchaus mal mit einem Teil der Position reingehen. Wer eher wenig Geld hat (z.B. weil man am Anfang des Lebens steht), dann würde ich eher zu Sparplänen raten. Der Vorteil ist, dass dies gerade für Lohnarbeiter sehr kompatibel ist, da es eben am Monatsende Kohle gibt.

Steckt man diese automatisiert in einem ETF rein, muss man nicht lange darauf sparen und riskiert es am Ende das ganze doch auszugeben. Der regelmäßige Einkauf hat allerdings noch andere wichtige Vorzüge. Dadurch, dass man häufiger kauft, nimmt man aus dem Markt das Timing. Dieser „Cost Average Effect“ ist häufiger Gegenstand wirtschaftlicher Diskussionen und wird von vielen Leuten als Blödsinn abgetan. Zugegeben die Studien in diesem Thema geben den Kritikern durchaus recht.

Aber von der psychologischen Komponente her, sollte man ihn nicht unterschätzen. Gehst Du lieber eine große Wette 1x im Jahr ein oder 12x kleine Wetten jeden Monat? Legst Du heute einen Sparplan auf und zahlst die erste Rate ein und es stürzt morgen um 20% runter, dann ist es schmerzhaft. Es ist aber leichter auszuhalten und spätestens zum Monatsende kauft man halt entsprechend günstiger ein und der Schaden ist gar nicht mehr so groß.

Wichtig für Einsteiger ist halt immer irgendwie einen Anfangs zu finden und aus der Beobachterrolle heraus zu kommen. So kann man auch mit kleineren Beträgen erst einmal übe, was es eigentlich bedeutet in einer solchen Krise „Schmerzen auszuhalten“. Man kann Erfahrungen sammeln, die man bisher noch gar nicht hatte. Und auf lange Sicht (20 Jahre) gewinnt man halt genauso viel wie die Value Investoren. Was will man denn da mehr?

Versteht mich nicht falsch! Ich gehöre auch zu den Value Investoren und kaufe gerne schöne Schnäppchen nach. Es macht mir Spaß in Aktie rumzuwühlen und mich auch gezielt in einigen Unternehmen einzukaufen. Doch nicht jeder findet an so etwas Spaß (erst recht nicht als junger Mensch, der lieber viel witzigere Dinge tun will) und ja, man braucht auch ein wenig Erfahrung um zu erkennen, welche Unternehmen in 20 Jahren dann überhaupt noch existieren.

Statt also irgendwelche äthopischen Kafferöstereien heraus zu suchen, würde ich lieber einen guten ETF raus suchen. Ja, die Corona-Krise hat vor allem im Dienstleistungs- und Industriesektor voll rein. Da ist mein Lieblings der S&P500 vielleicht nicht die geilste Option (auch wenn ich ihn weiter Kaufe). Vermutlich macht es mehr Sinn in Technologieaktien zu gehen... TechDAX oder NASDAQ100 sind da gute Kandidaten.

Ausschüttend, Thesaurierend, synthetisch oder physisch? Auch hier gibt es noch mehr als Genug bei dem man recherchieren kann (so mancher kann auch nach Jahren die ganzen merkwürdigen Kürzel bei ETFs nicht). Aber man hat einen Anfang und eben weniger Risiko als bei amerikanischen Outlets.

Ist es nun aber eine gute Idee als Einsteiger ausgerechnet im eher volatilen Technologiemarkt zu gehen? Ja, absolut. Da kann man eben auch mal mit wenig Geld in solchen Zeiten mal so richtig Achterbahn mit fahren und auch dort Erfahrungen sammeln. Und das in 40 Jahren sich das ganze immer noch gelohnt hat, da bin ich mir ziemlich sicher.

Hat man dann erste Erfahrungen gesammelt und ein wenig den Überblick bekommen, kann man weiter sehen. Einige werden dann zu den CherryPickern, die doch Einzelaktien kaufen. Andere bleiben erst ganz stumpf bei den Sparplänen auf ETFs und machen das ein leben Lang. Und ja, Leute wie ich machen sogar beides.

Und egal, ob es nun hoch oder runter geht. Statistisch gesehen stehen die Chancen nicht schlecht, dass man momentan ein netten Discount bekommt, selbst wenn es kurzfristig nochmal runter geht. Wenn Du nun als 20 Jahre alt bist, gehöre nicht zu den Leuten, die mit 30 beim nächsten Crash die gleichen Fragen stellen und mit 40 dann nochmals... ;)

Wie immer den obligatorischen Disclaimer. Dies ist keine Anlagenberatung, sondern nur meine persönliche Meinung. Geldanlagen sind immer eine Sache bei der ihr selbst denken müsst. Niemand kann in die Zukunft sehen. Vielleicht beginnt morgen bereits eine Alieninvasion oder die Kommunisten übernehmen weltweit die Macht und beginnen mit Enteignungen. In einem solchen Fall könnte es an der Börse turbulent werden

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