Von einem Detail zum nächsten

Wer täglich dieselben Wege läuft, wird nicht unaufmerksamer, sondern aufmerksamer im Hinblick auf seine Umgebung.

Ist man anfangs mit Straßenzügen, Schaufenstern, Cafés, Parks und ähnlichen oberflächlichen Eindrücken der Außenwelt beschäftigt, fängt man bald danach schon an sich einzubilden, bestimmte Leute insofern "zu kennen", als man glaubt, sie bereits mehrfach gesehen zu haben. Schwierig zu beurteilen, ob das Einbildung oder ob dem tatsächlich so ist.

Selbst Leroy ist nicht so hart drauf, dass er wildfremde Leute anquatscht und fragt, ob es sein kann, dass man sich schon öfter unterwegs gesehen habe. Frauen darf man bekanntermaßen grundsätzlich nicht mehr anquatschen, egal worum es geht. Je hässlicher, desto schlimmer.

Irgendwann hab ich angefangen, die Kategorisierung von Hundescheißhaufen vorzunehmen und achtete beim Laufen auf die verschiedenartigen Formen, Größen und Verwesungsstadien. Haufen, in die aus Versehen einer reingetreten ist, fand ich aus einem eigentlich unerklärlichem Grunde immer besonders amüsant. Teilweise spielte Leroy sogar mit dem Gedanken, diesbezüglich eine Fotokollektion anzufertigen. Für die Nahaufnahmen war ich mir allerdings zu vornehm, von daher wurde dieses Unternehmen verworfen.

Neulich ist mir nun zum ersten Mal ein ganze eigenes Genre städtischen Schwachsinns aufgefallen. Man beklebt Laternenmaste und Ampeln mit kleinen Aufklebern, auf denen man seine politischen Botschaften oder sonstigen Anzeichen von Verblödung und Verblendung propagieren zu können glaubt.

Mein Favorit ist hier dieser:

Hört nicht auf den Papst, hört stattdessen auf "die Wissenschaft"! Großartig.

Vermutlich gibt es Überklebungskämpfe. Man muss den Gegner bekriegen, wo immer es geht. Denn auch die Gegenseite ist in dem Business aktiv, wenn auch nicht so erfolgreich. Hier gibt man sich als sophiescholl-gleich zu erkennen, wenn man wegen Hassrede dran ist. Dabei weiß doch jeder, dass es jetzt verboten ist zu hassen. Wäre ja noch schöner, wenn man andere als die Richtigen hassen dürfte .

Ganz weit vorne natürlich unsere Regierung. Die kleckern auch nicht mit kleinen Aufklebern, sondern mieten sich auf unsere Kosten in die bunten Leuchtreklamen ein. Hier lernen wir zum Beispiel auf türkisch und auf deutsch, dass Impfen glücklich macht.

Offenbar halten sie die Bevölkerung bereits für vollkommen debil. Hier müssen sich m.E. sogar Impffreunde verarscht vorkommen. Schaut so aus, als ob es niemanden mehr interessiert.

Mein jüngster Tick ist das Fotosammeln von auf der Straße abgestelltem Müll. In bestimmten Vierteln Berlins macht man sich gar nicht mehr die Mühe, illegalen Sondermüll irgendwo zu verstecken oder im Wald heimlich wegzuwerfen. Man schmeißt ihn einfach am hellichten Tage vor aller Augen auf die Straße. Warum auch nicht?

Kurz mal eine Kackdippe aus der Wohnung gerissen, Deckel aufgemacht und auf den Gehweg bzw. in das Gebüsch daneben hingeklotzt. Mit Deckel auf. Ich habe lieber nicht reingeschaut - in Berlin weiß man nie.