Wißt Ihr, was ein Wohnzimmer-Restaurant ist…? / Do you know what a living room restaurant is...?

in Deutsch Unplugged9 months ago

english below…

Also ich habe keine Ahnung, ob das ein spezielles Berlin-Ding ist oder generell etwas aus dem großstädtischen Bereich, oder ob es eigentlich eine ganz gängige Sache ist… Kennen gelernt habe ich diese Idee jedenfalls vor ein paar Jahren hier in der Hauptstadt.

Im Groben geht es darum, daß sich Menschen zusammen tun, die gerne und gut kochen und auch gerne gut essen. Dann veranstalten diese abwechselnd ein liebevoll arrangiertes Dinner bei sich zu Hause, zum Beispiel eben im Wohnzimmer. Das Menü wird rechtzeitig bekannt gegeben; wer teilnehmen möchte, meldet sich an und beteiligt sich an den Kosten für die Zutaten. Der jeweilige Gastgeber zaubert zum vereinbarten Termin etwas Feines und die Gäste genießen eine angeregte Runde bei ausgezeichnetem Essen – mit völlig Fremden.

Nun, die Gesellschaft einer hungrigen Meute ist nun nicht unbedingt das, was mich an dem Konzept fasziniert. Nein, eher die Mühe, die man sich für einen solchen Anlaß gibt, eine schöne Tischdekoration zu kreieren, mehrere Gänge, die man sich einfallen läßt. Das schon fast zeremonielle Kochen…

Im Alltag kommen solche Details auf jeden Fall zu kurz. Wenn man für sich alleine kocht oder schnell nach der Arbeit ein paar Kids abfüttern muß, ist die Liebe zur ausgefallenen und exquisiten Küche ganz schnell vergessen. Außerdem schmecken bestimmte Gerichte erst so richtig lecker, wenn sie in größeren Mengen zubereitet werden.

Wie auch immer – dieser Trend wurde ursprünglich wohl inspieriert von einer VOX-Reality-Show - „Das perfekte Dinner“. Wo es im Wesentlichen um genau das beschriebene Verfahren ging, nur eben mit Kamerabegleitung und Preisen für den Gewinner, über den alle in geheimer Punktwertung abstimmten…

Im beschriebenen privaten Rahmen ist mir von Preisen nichts bekannt, aber eine Menge zusätzlicher Benefits wurden berichtet: gerade in Berlin, wo es so international zugeht wie kaum woanders in Deutschland, hat man auf diesem Weg die Möglichkeit, authentische Gerichte aus fernen Ländern zu probieren. Menschen, die eigentlich eher zurückgezogen leben, kommen unter Leute und schließen sich ggf. sogar zu regelmäßigen Runden zusammen. Man bekommt Input durch die verschiedensten Lebensentwürfe und Biografien. Diese kleinen Events wurden stets als bereichernd und wertvoll beschrieben.

Ich selber war bei zwei Gelegenheiten Teil einer solchen Veranstaltung; einmal als Gast und einmal als Gastgeber. Aus beiden Perspektiven heraus kann ich das oben Geschriebene voll bestätigen…

Und nun stelle man sich vor, daß ich mit diesem Gedanken im Hinterkopf in unser kleines sachsen-anhaltinisches Dorf mit ungefähr 67 Einwohnern komme. Ungefähr, weil uns inzwischen schwant, daß die Zahl, nun ja, entweder sehr veraltet oder mittels eines komplizierten Algorithmus ermittelt wurde; irgendwann wissen wir das sicher genau ;-))

Die Mehrheit der Einwohner ist irgendwie alt, alleine oder – siehe oben – zurückgezogen. Der Rest wirkt eher anspruchslos und in seinen Routinen und täglichen Zwängen gefangen. In einem kürzlichen Gespräch, in dem mir glaubhaft versichert wurde, daß niemand wirklich richtig kocht, das kulinarische Highlight einmal monatlich bei MacDonalds „in der Stadt“ abgeholt wird und Wiener mit Kartoffelsalat aus der Fertigpackung zur Tagesordnung gehören, konnte ich mein gelindes Entsetzen nur schlecht verbergen (die Leute bauen alle das schönste und frischeste Gemüse an auf ihren Höfen – und verfüttern das an die Hühner…) Fast automatisch rutschte mir dieses fremdartige Wort heraus: Wohnzimmer-Restaurant!

Die Blicke und die Reaktionen waren vielfältig; von Belustigung über Staunen und Unglauben bis hin zu spontanem Appetit war alles dabei ;-)) Tja… Da habe ich möglicherweise einen Stein ins Rollen gebracht. Und wißt Ihr was? Ich find‘s richtig gut!

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Halloumi mit Seetang, Algensalat, Kürbis-Steckrüben-Süßkartoffel-Püree mit Salzbutter und Reisnudeln ;-)) / Halloumi with seaweed, algae salad, pumpkin, swede and sweet potato puree with salted butter and rice noodles ;-))

english version:

I have no idea whether this is a special Berlin thing or generally something from the metropolitan areas, or whether it's actually a very common thing... In any case, I got to know this idea a few years ago here in the capital.

Basically, the idea is that people get together who like to cook and eat well. They then take it in turns to organise a lovingly arranged dinner at home, for example in the living room. The menu is announced in good time; anyone who wants to take part registers and contributes to the cost of the ingredients. The host conjures up something delicious on the agreed date and the guests enjoy a lively round of excellent food - with complete strangers.

Well, the company of a hungry crowd is not necessarily what fascinates me about the concept. No, it's more the effort that goes into creating beautiful table decorations for an occasion like this, the several courses that you come up with. The almost ceremonial cooking...

In everyday life, such details are definitely neglected. When you're cooking for yourself or have to quickly feed a few kids after work, your love of unusual and exquisite cuisine is quickly forgotten. What's more, certain dishes only taste really delicious when they are prepared in large quantities.

However, this trend was probably originally inspired by a VOX reality show - "The Perfect Dinner".
It was essentially about exactly the procedure described, only with camera accompaniment and prizes for the winner, who was voted on by everyone in a secret scoring system...

I am not aware of any prizes in the private setting described, but a lot of additional benefits have been reported: especially in Berlin, where things are more international than almost anywhere else in Germany, you have the opportunity to try authentic dishes from faraway countries in this way. People who tend to live in seclusion socialise and may even get together for regular get-togethers. You get input from a wide variety of lifestyles and biographies. These small events have always been described as enriching and valuable.

I myself was part of such an arrangement on two occasions; once as a guest and once as a host. From both perspectives, I can fully confirm what has been written above...

And now imagine that I come to our small village in Saxony-Anhalt with approximately 67 inhabitants with this thought in mind. Approximately, because we now realise that the number is, well, either very outdated or has been calculated using a complicated algorithm; we'll know for sure one day ;-))

The majority of the inhabitants are somehow old, alone or - see above - secluded. The rest seem rather unassuming and trapped in their routines and daily constraints. In a recent conversation, in which I was credibly assured that nobody really cooks properly, the culinary highlight is picked up once a month at MacDonalds "in town" and sausages with pre-packaged potato salad are the order of the day, I could hardly hide my mild horror (the people grow all the most beautiful and freshest vegetables on their farms - and feed them to the chickens...) This strange word slipped out of my mouth almost automatically: Living room restaurant!

The looks and reactions were varied; from amusement to amazement and disbelief to spontaneous appetite ;-)) Well... I may have set the ball rolling. And you know what? I think it's really good!

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 9 months ago 

In Berlin kann ich mir das Konzept gut vorstellen. Auf dem Dorf eher weniger. Die Leute sind dort vermutlich einfach weniger kontaktfreudig - also was andere/neue Leute angeht. Ich kann mich natürlich täuschen ... oder das gilt nur für mecklenburger Dörfer ;-)

Ich wundere mich gerade nur, dass ausgerechnet du das für dich so entdeckt hast, wo du doch sozial auch eher zurückhaltender lebst/lebtest...

An "das perfekte Dinner" habe ich tatsächlich nach den ersten Sätzen auch gedacht. Wobei ich den Dorfbewohnern jetzt irgendwie nicht abkaufen würde, dass sie nicht kochen. Das kenne ich anders. Da ist doch gerade auf dem Dorf Hausmannskost angesagt. Hm, in Mecklenburg scheint doch alles ein wenig anders ;-))

 9 months ago 

An meinem Leben will ich dafür gar nix ändern. Aber ein, zwei mal im Monat geht sowas. Da kann ich es spannend finden und mich in der Küche so richtig austoben.

Was die Kontaktfreidigkeit angeht, haben wir bislang nur gute Erfahrungen gemacht. So gut wie jeder war schon 'mal da und hat nach uns geschaut, Werkzeug angeboten oder den Hänger für Entsorgungsfahrten. Die sind echt ziemlich cool.

Wie das mit dem Kochen und der Hausmannskost wirklich ist, kann ich noch nicht einschätzen. Es leben halt mehrheitlich ältere Jungesellen / Witwer dort. Ich stelle mir vor, daß da Freude am Genuß zu kurz kommen kann.



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Curated by : @patjewell

 9 months ago 

Thanks @patjewell :-)

You are welcome! (•ิ‿•ิ)

 9 months ago 

Schöne Idee! Wobei ich das mit völlig Fremden nicht unbedingt veranstalten würde.

 9 months ago 

Hätte ich vor paar Jahren auch gesagt. Ich habe irgendwann angefangen, bei meinen Urlaub-gegen-Hand-Gastgebern ud Hofsitting-Auftraggebern, zu deren Rückkehr ein Vier-Gänge-Menü als Art Ritual vorzubereiten. Das waren ja quasi Fremde - und jedesmal ein einschlagender Erfolg! Essen verbindet ;-))

 9 months ago 

Coole Idee!
Ich kenne das gemeinsame Essen (und auch die Sendung) so nicht. Wohl aber gemeinsames Kochen und Essen im Dorf nach Anmeldung (sind also nicht unbedingt die „besten Dorfkumpels“ mit denen man ohnehin viel zu tun hat). Kommt immer gut. Ausprobieren! So ein Wohnzimmerrestaurant wäre bestimmt ein prima Einstand… :-))

 9 months ago 

Der Gedanke war natürlich auch im Hinterkopf: gute Nachbarn kann man sich vielleicht erkochen, wenn schon nicht selber backen ;-)))

certain dishes only taste really delicious when they are prepared in large quantities.

Yes yes yes...
There are definitely some dishes that conform to this statement. Two such arebiryani andhaleem

you have the opportunity to try authentic dishes from faraway countries in this way

Did you ever try any Pakistani cuisine? 😆

A very unique tradition. Never heard of something like that here...


So I have observed that the people in our villages too prefer "tetra pack milk" for consumption and "dry dairy whitener powder" (not even milk) for tea instead of fresh milk from their very own buffalo/cow. Although not everyone can afford this luxury but if given the chance they would prefer the former.

It's interesting, isn't it?

 9 months ago 

Hello!!!!!!! Soon there will be an exhibition in Germany where there will be one project in which I am participating, I myself will not come for obvious reasons (((
Food should look delicious, you don’t need to eat it))) Two strings of seaweed, they are just appetizing, and haute cuisine)))??? There's something wrong here. Or is the microscope included??? Although if the gastronomic set consists of 10 such plates, then it’s normal, you can get enough))))

 9 months ago 

Hihi... It was one of many courses, I think seven. We were extremely full ;-))

How cool! Please, tell us more: when, where exactly, what is your part in it? We would love to see what you are creating...

 9 months ago 

Oh, I understand what you're talking about, I'm thinking of writing))))

klasse,sowas gefällt mir,das ist zusammenführung und genuß,spaß und abenteuer.....
sowas sollte öfter gemacht werden

 9 months ago 

Genau - und das sage ich als jemand, der am liebsten alleine ist! Macht wirklich Freude und alle haben etwas davon. Wird bestimmt funktionieren auf dem Land ;-))

This Halumi and Algae stuff does not look too appetizing, haha... 😆

 9 months ago 

You won't believe it: it was one of the most delicious dishes I've ever eaten! And I was very, very averse to it before.

I also love food. Anything having potatoes love to eat 😋

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Curated by : @o1eh