Wie wär es mal mit neuen Shoji? 👹🍣🎎 Mein Japan

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Nichts ist für die Ewigkeit - nach genau diesem Motto scheinen in Japan die meisten Häuser gebaut zu sein. In meiner Heimat schätzt man sich dagegen oft glücklich und froh, wenn man einen Altbau sein Eigen nennen darf, welcher nicht selten auch schon mal hundert Jahre als sein kann. Ein englischer Bekannter meinte erst kürzlich, dass sein Elternhaus wohl schon einige Jahrhunderte auf dem Buckel hätte, und dass einige Gebäude seiner Universität sogar schon das Mittelalter erlebt haben dürften. In solchen Dimensionen denkt hier in Japan niemand, und sobald das eigene Haus ein paar Jahrzehnte überlebt hat, denkt man bereits darüber nach, es durch einen Neubau zu ersetzen. Natürlich passiert das nur, wenn man es sich leisten kann, aber grundsätzlich kauft niemand gerne ein Haus, welches älter als dreißig Jahre ist. Und wenn, reißt man es besser ab und stellt sich ein neues hin.

Gründe für dieses Verhalten gibt es wohl einige, aber ganz unübersehbar sind Häuser in Japan auf Verschleiss gebaut und nicht dafür, für Ewigkeiten zu stehen. Häufige Erdbeben und hohe Luftfeuchtigkeit sind zum Beispiel zwei Faktoren, die dafür sorgen, dass den meisten Gebäuden kein lange Leben beschieden ist, sondern sie eines absehbaren Tages, Neuem weichen müssen.

Auffällig ist dabei auch, dass in Europa viele alte Gebäude bedeutend stabiler und wohnlicher aussehen, als Gebäude in Japan, die gerade einmal auf ein halbes Jahrhundert zugehen. So wenig wird oft renoviert und modernisiert, so dass der Verfall manchmal recht früh einzusetzen scheint.

Aber trotzdem muss manchmal etwas repariert und verbessert werden, denn nicht jeder kann es sich leisten, gleich neu zu bauen. Und so einiges braucht regelmäßig eine Auffrischung, damit es im eigenen Haus weiterhin behaglich und angenehm ist.

Dazu zählen vor allem die Shoji, die inneren Schiebefenster oder Schiebetüren, die mit einem dünnen Stück Papier bespannt sind, und die man auch heute noch in vielen japanischen Häusern findet. In den ganz modernen Gebäuden mag damit leglich noch das Tatamizimmer ausgestattet sein, aber bei uns im Hause finden sich so einige Shoji, die im Laufe der letzten Jahre teilweise ziemlich leiden mussten.

Im Fall der Shoji ist Papier nicht wirklich geduldig und neigt dazu, bei ungeplannten Berührungen schnell einzureißen. Nach und nach machen wir uns nun daran, sie neu zu bespannen und damit ein wenig auszuhübschen.

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Dieses hier ist ein Foto von einer im Vergleich harmloser Beschädigung an einem unserer Shojis. Da gibt es leider ganz andere Stellen, die ich euch lieber verheimlichen möchte.

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Wenn man nicht alle Shoji auf einmal erneuert, ist der Arbeitsumfang eigentlich zu überschauen, aber ein wenig Zeit sollte man sich doch dafür gönnen. Insbesondere, wenn man so wie wir, nicht all zu viel Erfahrung bei dieser Sache hat. Aber manchmal hat man keine Wahl und muss selber Hand anlegen.

Und dafür entfernt man erst die Reste der alten Papierbespannung, welche sich nach einigen Jahren meist ziemlich leicht und rückstandslos entfernen lässt. Eine wenig Wasser hilft dort, wo das alte Paier ein wenig hartnäckiger ist, und dann hat man auch schon den Blanken Schiebefensterrahmen vor sich zu stehen.

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Was man nun braucht ist neues Shojipaier, Kleber, einen Anschlag oder eine lange Leiste und ein scharfes Messer, um am Ende alles zurecht zu schneiden. Klingt erst einmal harmlos, aber der Teufel steckt am Ende in den Details.

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Der Rahmen wird nun dort, wo das neue Papier angeklebt werden soll, mit Kleber eingestrichen. Der Kleber hat eine Gummiführung, so dass man außen und an den Querstreben den Kleber genau dort auftragen kann, wo er hinsoll. Wenn man etwas zu zügig unterwegs ist, vergisst man natürlich doch einige Stellen, aber das kennt der Heimwerker sicher auch vom Tapezieren in der eigenen Wohnung.

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Anschließend wird das Shojipapier angelegt und straff abgerollt. Einmal von oben nach unten oder von links nach rechts, und dann wird das erste Mal grob abgeschnitten.

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Das mit dem straff ist zwar so eine Sache, denn auf dem ersten Blick sieht alles viel zu locker und lose aus. Aber das sollte sich am Ende noch ein wenig in Form ziehen.

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Nun geht es an den Feinschnitt, und braucht man nun das Messer, wobei ein scharfes Tapeziermesser sich hier bestens eignen tut. Mit dem Anschlag oder einer langen Leiste legt man nun auf dem Rahmen genau dort an, wo man den Schnitt setzen möchte, und fängt vorsichtig an zu schneiden.

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Schneiden und nicht reißen ist hier die Devise, denn viel zu schnell reißt das dünne Papier ein, insbesondere, wenn es dort, wo man etwas zuviel Kleber hinterlassen hat, noch feucht ist. Also besser langsam und vorsichtig schneiden, damit man nicht später doppelte Arbeit hat.

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Aber mit ein wenig Geduld bekommt man schnell etwas Übung und den Dreh raus. Unser Messer war auch scharf genug und wir konnten unser Shojipapier recht schnell zurecht schneiden. Und wenn am Rande doch mal etwas nicht ganz so schön aussah, war das am Ende ja auch kein Problem. Denn die Klebeseite ist zum Glück nicht die Seite, welche man zu sehen bekommt, sondern die, die vor allen Augen verdeckt bleibt.

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Und am Ende hatte sich das Papier auch noch gespannt und die Form angenommen, die man von ihm erwartet. Nun strahlt es herrlich weiß von unserem Fensterahmen und verdeckt die Milchglasscheibe dahinter. Reinschauen konnte uns durch dieses Fenster auch so keiner, denn auch bei uns sind wie in vielen japanischen Stadthäusern die Fenster im Erdgeschoss aus Milchglas, so dass der einzige Zweck dieses Shoji in der Dekoration und Verhübschung unseres Zimmers bestand. Und dafür machte es nun wieder eine ausgezeichnete Figur und wird diese hoffentlich für eine lange Zeit behalten.

Aber wie bereits gesagt, sind Shoji nichts, was für die Ewigkeit gemacht ist. Das haben wir in unserem Haus leider schon feststellen dürfen und daher sind wir nun dabei, Stück für Stück unsere Shojischäden zu beheben. Am Ende macht es sogar ein wenig Spaß, und wenn man dann fertig ist, freut man sich natürlich über das Ergebnis seiner Arbeit. Und man lernt dazu und wird mit jedem Shoji ein wenig besser, und kann zu allerletzt dann auch noch hier in diesem Blog mit seiner Arbeit prahlen.

Was gibt es besseres?

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