Non Violent Communication - No Nation, no border- fuck law and order- Gewaltfreie Kommunikation - Marshall Rosenberg
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“No Nation no border, fuck Law and Order”
schreiend ging ich, mit anderen wütenden Menschen, durch Wien. Regelmäßig, über 5 Jahre lang. Insgesamt wurde ich viermal verhaftet und einmal auf freiem Fuß angezeigt. Ich war unglücklich und wütend. Ich fühlte mich eingesperrt und von kalten, herzlosen Idioten umgeben. Ich lehnte die Gesellschaft wie sie war ab. In meinen Augen war alles unfair und verlogen. Menschen wurden abgerichtet, sich “richtig” zu verhalten. Und richtiges Verhalten hieß, den Autoritäten und allen ihren Anweisungen folge leisten. Ungerechtigkeiten darin zu ertragen und nicht zu hinterfragen. Die Menschen die mich großzogen versuchten, mich zum Teil auch abzurichten, da sie es nicht anders kannten, aber zum anderen Teil schien sie in meiner Rebellion auch eine tief verborgene Sehnsucht in Ihnen anzusprechen. Deswegen war meine Erziehung etwas ambivalent. Ich sollte aufmüpfig und stark sein, aber zur selben Zeit brav und folgsam.
Ich schaffte es nicht, diese Pole zu vereinen und das Resultat war, dass ich Anfang meiner 20er sehr wütend wurde. Ich verurteile die Menschen um mich herum, in solcher Ambivalenz zu leben, Bedürfnisse zwar zu verspüren, sie aber nicht auszuleben. sich zum einem Groß zu machen aber dann vor Autoritäten wieder ganz klein werden. Sich gegen alles aufzuregen und sich zu beschweren, sich aber nicht zuzutrauen die Dinge auch zu verändern.
Für mich war alles so widersinnig, dass es nur eine Lösung für dieses Problem zu geben schien: Ich wollte die offene Revolution!
Bei jeder Demonstration hoffe ich, dass irgendetwas passiert was das Fass auch für andere zum überkochen bringen würde. Ich war bereit beim ersten Aufruf loszustürmen, es fehlte nur der Rest.
Aber der Rest kam nicht. Der Rest las am nächsten Tag in den Zeitungen, wie die Polizei es wieder einmal geschafft hatte, die Randalierer unter Kontrolle zu bringen. So und so viele Verhaftungen, so und so viele Verletzte. Das Bild welches von uns Demonstrierenden gezeichnet wurde: völlig abstrus. Man erweckte den Eindruck, dass wir bewaffnet auf die Polizei losgestürmt seien wie eine Horde Orks, welche die Nachbarschaft überfallen wollte.
Kein Wort wurde darüber verloren wie Polizisten mit den Füßen gegen am Boden sitzende Demonstranten, welche sich an den Händen hielten, eintraten. Oder dass sie Faustschläge ins Gesicht austeilten wenn man Platzverweisen nicht augenblicklich Folge geleistet hat.
Diese Erfahrungen die ich machte, machten mir das Leben noch schwerer. Es war nicht nur eine diffus gestörte Gesellschaft, sondern es gab ein Geflecht aus Machtinstitutionen, die zu verhindern wussten, dass irgendjemand regulierend in dieses verworrene System eingreifen konnte. Die Polizei prügelte alles nieder was sich erlaubte aufzubegehren. Die Medien zeichneten ein Bild, welches die Institution Polizei kritikfrei lobte, und die Demonstranten reflektionsfrei verurteilten.
Dem Rest, auf den ich wartete, blieb nichts andere übrig, als das zu fressen was man ihm vorsetzte.
Nach einigen Jahren in dieser Frustspirale war für mich klar: Österreich ist bis auf weiteres als verloren zu kategorisieren. Ich konnte nichts ändern, meine Gefühlszustand verschlechterte sich aber unentwegt.
Mein Leben begann sich zu ändern, als ein Polizist mich bei einer schlichten Verkehrskontrolle, in der für Polizisten typisch herabwürdigenten Art, aufforderte, seinen Anweisungen zu gehorchen.
Äußerlich war es mir wahrscheinlich kaum anzumerken. Etwas blass im Gesicht, meine Hände zitterten leicht. Ich war aber kurz vor einem explosiven Zusammenbruch. Und ich hatte Angst davor, weil ich nicht wusste was ich machen würde wenn ich mich jetzt nicht beherrschen würde.
Mit einem gefühlten Puls von 180 fuhr ich weiter und als ich langsam wieder zu mir kam und all den Hass spürte, den ich über die Jahre in mir angestaut hatte, beschloss ich, dass ich etwas tun müsste. Ich wohnte in einer WG in der alle meine WG-Kollegen in psychoanalytischer Betreuung waren, und so war es leicht für mich, mich dazu zu entscheiden, dass ich das auch versuchen werde.
Drei Jahre lang war ich regelmäßig, bis zu viermal die Woche, bei einer Psychoanalytikerin. Ich kannte die Psychoanalyse schon aus Büchern und Filmen und stellte mir vor, dass man mit ihrer Hilfe einfach in der Zeit zurückgehen, die Traumata finden, sie hervorholen, heulen- weil man sich als so machtlos empfindet – und getröstet werden könne, um die Vergangenheit akzeptieren und ruhen lassen zu können, und dann als neugeborener Mensch, ganz ohne Wut, wieder nach Hause gehen zu können.
Geheult habe ich nicht, Trauma hab ich auch keines gefunden. Aber viel nachgedacht. Mein Leben hat sich verändert. Die Wut blieb, aber sie war nicht so stark. Ich konnte bei einer Verkehrskontrolle ruhig bleiben, ganz ohne Angst jeden Moment über den Polizisten herzufallen und damit mein Leben zu versauen. Aber meine generelle Lebenslust hat auch abgenommen, die Phase der Resignation trat ein.
Es blieb schwer. Die Leute mit denen ich mich umgab verstanden mich nicht. Sie hörten mir zwar zu, konnten mir aber keine Hilfe sein. Oft versuchte ich schon gar nicht mehr meinen Frust zu erklären.
Ich verspürte eine ungeheure Sehnsucht das Land zu verlassen. Einfach weit weg. Wo ich diesen ganzen erdrückenden Alltag nicht erleben muss.
Ein Ziel hatte ich auch schon. In das hauptsächlich von Kurden bewohnte Gebiet Rojava im Norden Syriens. Die dort ansässigen Kurden waren dabei, ein föderalistisch demokratisches System zu errichten. Mitten im Krieg, mit Feinden auf allen Seiten, verwirklichte sich ein Ideal, welches das letzte mal vor 80 Jahren als spanische Revolution, Form angenommen hatte. Sozialisten, Anarchisten und Demokraten aus der ganzen Welt kamen, um dabei zu unterstützen. Absolute Gleichstellung aller Geschlechter, Ethnien und Religionen, Abschaffung von Polizei durch Bewusstseinsbildung aller Bürger und Selbstbestimmtheit von Kommunen war das Ziel.
Ich hatte alles vorbereitet. Job, Wohnung gekündigt und meine langen Haare abgeschnitten Ich würde den dortigen Freiheitskämpfern beitreten, der YPG.
Ich war nicht der erste Europäer. der sich dazu entschlossen hatte nach Rojava zu reisen und deswegen wusste ich aus Berichten wie die Prozedur ablaufen würde. Ich schrieb die verreter der YPG an, doch wartete ich vergebens auf eine Antwort. Als ich mit einem Kurdologie Professor telefonierte, der ebenfalls schon in Rojava war, berichtete er mir dass die Lage zur Zeit sehr angespannt sei, was ausländische Unterstützer anginge. Die Grenzen rund um Rojava wurden geschlossen, was die Einreise erschwerte. Mein einziger Weg wäre gewesen, mich über die Grenze schmuggeln zu lassen. Der Professor riet mir noch etwas zu warten und zu verfolgen wie sich die Lage entwickelte.
Warten konnte ich, aber nicht Österreich. Eine Suche im Internet mit "jobs ausland" gab mir eine ganze Seite mit Jobangeboten aus verschiedenen Call-Centern in Portugal heraus.
Zwei Wochen später habe ich für Microsoft in Lissabon Kunden betreut. 40 Stunden, mit Stechuhr abgerechnet. Immer ein Telefonat während man gleichzeitig Protokolle ausfüllen und E-Mails beantworten musste. Das Telefon klingelte ununterbrochen.
Die Kunden riefen an mit verschiedensten Problemen. Meistens Hardware-Probleme mit ihrem “Microsoft Surface”. Sie taten mir leid. Sie haben bis zu 2000 Euro für dieses Produkt ausgegeben, ohne zu ahnen wie viele technische Mängel es hat. Ich selbst verwendete schon seit über 8 Jahren kein einziges Microsoft-Produkt mehr und weiß wie frustrieren es sein kann wenn man das noch tut.
Ich versuchte also so gut wie möglich zu helfen. Mit den Kunden kam ich immer gut klar. Die haben sich zwar immer furchtbar aufgeregt, aber dazu hatten sie ja allen Grund. Mein Gegner war das Unternehmen für das ich arbeitete. Meine Aufgabe, die Kunden ruhig stellen. Ihnen wirklich zu helfen war nicht das Ziel. Wir hatten keine Kompetenzen zugesprochen bekommen um den Kunden irgendwie entgegen zu kommen. Entschuldigen und Versichern, dass das Problem behoben werden würde. Beim nächsten Update, oder mal Windows neu installieren, wenn das nichts geholfen hat dann einschicken. Hauptsache er legt auf und ich kann mich dem nächsten Kunden widmen, der schon seit einer Stunde in der Warteschlange hängt.
Nach drei Monaten habe ich mich verabschiedet. Es war kurz vor Weihnachten und Freunde von mir waren in Mexico, studieren. eine Woche später saß ich im Flugzeug nach Mexico City.
Wenn ihr euch jetzt fragt, warum ich das alles erzähle wenn es doch eigentlich um gewaltfreie Kommunikation gehen sollte? Hier in Mexico habe ich die Gewaltfreie Kommunikation erst kennen gelernt. Auf einer kleinen Farm/Gemeinschaft in Chiapas namens “Ha Omekka”. Ein Volunteer der auch dort war, aus Freiburg, hat mir das Hörbuch empfohlen. Ich fühlte mich angegriffen. Ich fragte mich ob er meinte, dass ich gewalttätig bin oder Kommunikationsprobleme hätte. Was soll das überhaupt sein “Gewaltfreie Kommunikation”? Irgend so ein Hippy-Scheiß von Leuten die meinten mit ein bisschen kuscheln, Musik und lieben Worten könne man die Welt retten.
Ich hab es mir also nicht angehört.
Nach zwei Monaten zusammen leben und arbeiten haben wir uns besser kennen gelernt. Tagsüber haben wir bis frühen Nachmittag am Feld gearbeitet, danach sind wir in den kühlen Fluss gesprungen und haben es uns in der Sonne gemütlich gemacht bis es Essen gab. Abends haben wir gemeinsam mit anderen Karten gespielt. Oder einen anarchistischen Lesekreis, mit einem von mir mitgebrachten Buch, veranstaltet.
Als sich unsere Wege trennten, empfahl er mir das Hörbuch noch einmal. Diesmal mit dem Zusatz, dass Marshall Rosenberg auch eine sehr angenehme Stimme habe und es auch einfach schön zum anhören ist.
Ein halbes Jahr später, damals gab es das Hörbuch noch auf YouTube, hatte ich mir endlich dafür Zeit genommen. In drei Tagen hatte ich mir die 9 Stunden gewissenhaft und aufmerksam angehört.
Ich war begeistert. Es war alles so klar, alles so eindeutig. Ich blickte auf mein Leben zurück und erkannte den Punkt an dem ich anfing, immer mehr Frust und Wut zu sammeln. Wo ich aufhörte offen zu sein und meinen Bedürfnissen zu vertrauen. Ich hatte Angst damals. Ich traute mich nicht, zu meiner Angst zu stehen. Stattdessen habe ich versucht sie mit Wut zu bekämpfen. Und mit der Zeit kam da einiges zusammen. Das war nie das was ich wollte, und ich fühlte mich so erleichtert als ich endlich wieder erkennen konnte, wer ich denn eigentlich war, und dass ich nicht der Frust und die Wut war, die schon fast ein Teil von mir geworden waren.
Nonviolent-communication hat mir gezeigt, wie weit ich schon weg war von mir selbst und mir auch gezeigt, wie ich wieder zu mir zurückkommen kann. Das war vor ca. eineinhalb Jahren. Mein Leben hat sich seitdem komplett geändert. Ich bin in verschiedenen Organisationen ehrenamtlich tätig, habe die stabilste Beziehung die ich in meinem Leben bisher hatte, lebe nur von 200 Euro im Monat und habe absolut keinen Mangel. Ich habe mich mit der Polizei quasi versöhnt und werde demnächst eine fällige Haft antreten. Ich habe keine Angst mehr.
Und auch wenn ich immer wieder einmal rückfällig werde, so ist mir trotzdem der Weg klar und ich kann immer leichter darauf zurückkommen.
Ich habe das erste mal seit über 6 Jahren wieder das Gefühl, dass die Welt und mein Leben in dieser nicht verloren ist, sondern dass es noch tausende von Möglichkeiten gibt, wie man in dieser Welt glücklich werden kann.
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