Ein kurzer Kommentar zum Nutzen der Philosophie

in #philosophie7 years ago

Als Studentin der Philosophie werde ich gelegentlich mit dem Vorwurf konfrontiert, Philosophen würden sich nur planlos Gedanken über die Welt machen, ohne abschließende und zufriedenstellende Antworten zu finden. Oft wird behauptet, man bräuchte die Philosophie nicht, um sich mit Fragen wie z.B. der nach dem freien Willen zu beschäftigen. Speziell in der Determinismus-Debatte würden Wissenschaftler aus der Quantenphysik durch empirische Forschung einen viel wichtigeren Beitrag zur Beantwortung des Problems liefern.

Dazu zunächst eine Charakterisierung der Philosophie: Im Unterschied zu Wissenschaften wie der Geschichte, Physik, Soziologie, der Rechtswissenschaft und vieler mehr hat die Philosophie kein klar eingegrenztes Thema, mit dem sie sich beschäftigt. Während die Forschungsgebiete ersterer Disziplinen eindeutig definiert sind – die Arbeit von Historikern überschneidet sich z.B. kaum mit der von Physikern – gibt es in der Philosophie nahezu keine Frage über die Beschaffung der Welt, die sie nicht versucht zu beantworten. Man könnte die Philosophie als eine Disziplin „zweiter Ordnung“ bezeichnen, die untersucht, wie die übrigen Wissenschaften – auch Disziplinen „erster Ordnung“ genannt – die Welt erklären. Beispielsweise würden Vertreter letzterer Kategorie Aussagen wie „Bachs Solosonaten sind schöner als seine Konzerte“ treffen oder die Wasserqualität von Seen untersuchen. Philosophen und Philosophinnen könnten sich dagegen fragen, wie es sich rechtfertigen lässt, ein Werk als ästhetisch wertvoller als ein anderes zu bezeichnen, oder ab dem wievielten Tropfen ein Teich zu einem See wird.

Im Gegensatz zu Disziplinen erster Ordnung schafft die Philosophie kein neues Wissen, sondern Klarheit. Die erlangte Klarheit hat eher intrinsischen Nutzen, also einen Wert um ihrer selbst willen. Wie in der Debatte um Willensfreiheit kann die Arbeit von Philosophen aber auch anderen Disziplinen zugute kommen. Für Juristen beispielsweise ist es wichtig, starke Gründe zur Annahme von Willensfreiheit zu besitzen. Man könnte Menschen schließlich nicht verurteilen, wenn sie keine Verantwortung für ihre Handlungen trügen. Während Forscher aus den Neurowissenschaften, der Psychologie oder der Quantenphysik manchmal vorschnell aus ihren Studien folgern, dass es keine Willensfreiheit gibt, können Philosophen mit ihren eigenen Mitteln im besten Falle auf schlüssigere Antworten verweisen.

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Um wieder auf die Frage zurückzukommen, ob man die Philosophie braucht: sie liefert zwar kaum neues Wissen, schafft aber oft Klarheit, an der es anderen Disziplinen gelegentlich fehlt, und ist damit auch recht nützlich.

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Danke für den Text - ich habe es gerne gelesen!
Bestimmt ein interessantes Studium für einen selbst.
Man kann übrigens auch auf Cocktail-Partys ziemlich fette Points setzen mit dem ein oder anderen Verweis darauf, wie Aristoteles das gesehen hat. Die Erklärung des "an und für sich" bei Hegel kommt auch bei Frauen gut an, zumindest wenn man eine Intellektuelle oder eine solche, die sich dafür hält, aufreißen will.
Sozusagen als Ergänzung zu Deinem Plädoyer für Klarheit. Eine Zierde ist's natürlich immer.
Den Rest dürfte mittelfristig der Markt regeln.

Danke fürs aufmerksame Lesen :D
Das mit dem Aufreißen von Frauen auf Partys hat bei mir leider noch nicht so gut geklappt.. Vermutlich ziehen Hegel, Camus oder de Beauvoir besser als Kripke, Quine und Russel :(

Klar ziehen die besser. Die letzten drei kennt ja keiner! Wenn Du die Leute beeindrucken willst, obwohl Du keine Ahnung hast, musst Du die Register ziehen, die sie verstehen oder von denen sie zumindest mal gehört haben. In der Sache ist denen das so oder so scheißegal! ;-)

Da ist was dran..

Lieber Leroy,
ich konnte schon wieder schmunzeln.
Klasse!

Toller Text!
Ich hätte doch vielleicht Philosophie studieren sollen ;-)
Ich hatte mit Psychologie geliebäugelt; aber dann habe das auch nicht studiert.

Leroy hat's wieder klasse auf'n Punkt gebracht. Kurz und deftig ;-)

Oh vielen Dank! Oh wie schade, da hast du was verpasst

Was du zum Kontakt zwischen der Juristik und der Philosophie sagst ist richtig. Wir brauchen die Philosophie um zu erkennen, welches Handeln gut und welches böse ist oder ob Gut und Böse überhaupt existieren. :)

Tja leider kann man Gutes oder Böses auch dann nicht erkennen, wenn man Philosophie studiert hat und vor allem bei der Frage, ob es einen Warterealismus gibt (also ob "Gut" und "Böse" als solche existieren), scheiden sich die Geister...
Gleichzeitig gibt es in der Moralphilosophie und spezieller in der Rechtsphilosophie schon Errungenschaften. Paradebeispiel ist Kant, der wie kaum ein anderer vor ihm die Menschenwürde "verteidigt" hat :)
Aber auch seine Thesen sind "nur" durch gute Argumente gestützt und keine unumstößlichen, absoluten Wahrheiten

Natürlich, die unterschiedlichen ethischen Vorstellungen und Begründungen der einzelnen Philosophen widersprechen einander im Einzelnen oder im Ganzen, aber letztlich erheben die meisten den Anspruch eine logische Antwort auf die Frage danach, wie wir uns verhalten sollten, zu geben. Zu deren Argumenten gibt es dann natürlich Gegenargumente und gegen diese ebenfalls Gegenargumente. Doch wenn sich der Staub der Diskussionen gelegt hat kommt man aus dem Philosophiestudium entweder mit der Überzeugung hervor, dass ein bestimmter Philosoph, bzw. eine bestimmte Philosophin, ein logisches System aufgestellt hat, welches unwiderlegbar ist, auch wenn es vielleicht im Detail noch verbessert werden muss, oder man kommt zu dem Schluß, dass alle Wahrheit mehr oder weniger relativ ist, wodurch selbst die Beantwortung der einfachsten ethischen Frage zu einem Problem wird. :)

Dass die meisten Philosophen und Philosophinnen den Anspruch haben, logisch korrekte Konklusionen zu ziehen, stimmt sicherlich - das ist aber noch kein Argument dafür, dass es tatsächlich Werte gibt. Die Bezeichnung "logische Antworten" würde ich nicht umbedingt verwenden, wenn dann "logisch korrekte Antworten" ( im Studium lernt man vor allem, semantisch korrekt zu argumentieren, was oft dazu führt, dass wir als besserwisserisch bezeichnet werden - das ist hier nicht meine Absicht :D).

Tatsächlich ist eine recht stark vertretene Position bzw. Denkrichtung, unter welche verschiedene Positionen fallen, die Moralkritik selbst. Diese reicht von der radikalen Abkehr der Moral (siehe Nietzsche und einige modernere Philosophen) bis hin zu der Ansicht, dass die gängigen Moralphilosophien zu viel von einem fordern.

In der Moralphilosophie gibt es grundsätzlich keine logischen Systeme, jedenfalls nicht bis jetzt - Sidgwick hat z.B. ein Axiomensystem aufgestellt, aber das funktioniert auch nicht so ganz.

Meiner Erfahrung nach halten viele, die bereits ein paar Jahre lang Philosophie studiert haben, entweder eine Moralphilosophie für vertretbar, aber sind sich der Schwachstellen dieser bewusst und können gleichzeitig nachvollziehen, dass es auch seine Berechtigung haben kann, eine andere Moralphilosophie zu vertreten. :)

Interesting read (translated), and a good point you're conveying. In learning how to trade, there are quite a bit of mathematical principles in studies, or indicators, which has been a consistantly intricate learning curve/battle. But fundamentally, there are reasons that I wanted to do it. There is a philosophy behind crypto currencies, one that looks at the system at a whole and sees how the creation and flow of money has been manipulated by certain powers that be - hence allowing the people to suffer under such manipulation. However, in crypto land, very smart algorithms in cryptography are used to generate these virtual currencies, which hold a better value in fiat and cannot, for the most part, be manipulated. I'm drawn to that, guided by a philosophy and along the way becoming a student of the internal mechanics and mathematics of this new, far more superior system.

I liken trading to frequencies. Like frequencies of the ocean. Harmonic patterns that can be charted that abide by market psychology. I think the moon has a lot to do with it also, strangely. Many years ago the sea farers would plot their charts and journeys by the stars, religiously leaning to the stars for guidance in astrology.

Frequencies, like that of a string on an instrument. There is resonance. Soul.

For me; I don't think anything can be studied unless there is a sound, clear, philosophy behind it.

“If you want to find the secrets of the universe, think in terms of energy, frequency and vibration.” - Nikola Tesla

Nice point!

However, in my opinion philosophy is more about arguing and some arguments are better than others... Rather than thinking of philosophy as something that is a concept behind something

Haha, I'm done arguing.

Oh Gott, nach dem ersten Lesen klingt das für mich so, als wäre die Philosophie ein kleiner Parasit, der in einer Putzsymbiose mit den Disziplinen erster Ordnung lebt :D

So fühlt es sich tatsächlich manchmal an :D

Solang du dennoch deinen Spaß daran finden kannst (:

Freue mich schon auf unsere erste tiefergehende Diskussion hier auf Steemit :D

Liebe Grüße

Oh ich mich auch :D