Vom Hadern mit täglichen Weihnachtsposts zum GRIMM auf den Grimm - Wörter auf dem Abstellgleis --- #7

in #deutsch6 years ago (edited)

Mit dem letzten Novembertag wollte ich die Chance auf einen Artikel der Kategorie #weihnachtsfrei ergreifen. Mein persönlicher Konflikt mit der Weihnachtszeit bzw. dem Trubel um diese, soll hier gar kein Thema sein, ich benötigte halt einen Clickbait, um auf die Beleuchtung des uralten Wortes "Hader" hinzuweisen. Sodann widmete ich mich dem Deutschen Wörterbuch der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm. Ihr glaubt gar nicht, wie sehr man, interessiert an Philologie und Etymologie, im Grimm versinken kann, wie schnell so ein Tag dann rum ist - das mag einen zuweilen vergrimmen...

Der Hader wurde erstmals im 15. Jahrhundert als schwerer Konflikt, Streit, gar Kampf oder kriegerische Auseinandersetzung schriftlich bezeugt. Im badischen Landrecht von 1588 wurden bereits Konsequenzen festgelegt, es könne, wer in einen Hader, Auflauf oder Tumult gerät "zue todt geschlagen" werden.
So wurde die Vokabel alsbald zum Synonym für gerichtliche Prozesse.

In deutlich abgemilderter Form nahm Hader Einzug in die mittelalterliche Umgangssprache und wurde für Streitigkeiten mit Worten, Zank, Zwist sowie Uneinigkeit auf debattierender Ebene verwendet. Dies bescherte dem Wort mehr und mehr die Etablierung im gehobenen, literarischen Sprachgebrauch, wo es bis heute geblieben ist, selbst wenn der ein oder andere in der jetzigen Zeit mit seinem Schicksal hadert.

Sehr interessant ist eine weitere Hauptbedeutung von Hader, abstammend vom Althochdeutschen (ca. 750 - 1050) hadara, was einen Schafspelz, später pflanzliche Fasern (Haderdistel), die der Papier- und Textilherstellung dienten, bezeichnete. Gleichzeitig hatte Hader also die Bedeutung von abgerissenem oder abgeschnittenem Stoff, Fetzen und Lumpen, was zum Schimpfwort Haderlump führte, einer wenig ehrbaren Person, die ihr Dasein in zerschlissener Kleidung pflegte.
Ein Schelm, wer Böses bei der Tatsache denkt, dass die Fasern der Haderdistel einst als Material für das Drucken von Banknoten verwendet worden sind.

Zu Recht wird "Das Deutsche Wörterbuch" "Der Grimm" genannt, waren es doch die beiden "Märchenbrüder", die das Werk mit der bei weitem umfangreichsten Erfassung der deutschen Sprache und seiner Entwicklung 1838 begannen. Während des Projekts verstarb 1859 Wilhelm Grimm, 1863 dann sein Bruder Jacob. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten die beiden Stichwörter von "A" bis einschließlich "Frucht" bearbeitet, so dass sie in alphabetischer Folge nicht für den Grimm verantwortlich gemacht werden können.

Jener Grimm stammt von dem althochdeutschen Adjektiv grim ab, welches soviel wie wütend und wild, später entwickelt auch furchtbar und böse, bedeutete. Wer also den Grimm in sich hegte, empfand Wut und Zorn, dies in heftiger Erregung. Bereits während der mittelhochdeutschen Sprachepoche (ca. 1050-1350) verschwand der Grimm in seiner Ursprungsform in den Bereich der dichterischen Sprachkultur, allerdings plagte noch im 20. Jahrhundert so manchen das Grimmen, womit in der Regel Leibschmerzen gemeint waren. Dies war selbstverständlich abgeleitet vom wütenden Tosen im Grimmdarm, einem in der mittelalterlichen Anatomie so bezeichneten Teil des Dickdarms.

Im Zuge der Emanzipation könnte die heutige Damenwelt sich möglicherweise über das Grimmchen ereifern, oder aber stolz sein, dass Grimm schon damals keines der weiblichen Attribute darstellte:

GRIMMCHEN, n., demin. zu grimm: die stecknadelnatur des weiblichen zornes stach überall hervor, und das dünne spitze grimmchen war gar zu komisch

Der heftige, gesteigerte Zorn, bezeichnet als Ingrimm, ist uns derzeit ebenso wenig geläufig wie der maximal noch im Kreuzworträtsel als Fabelwesen abgefragte Isegrim, der Wolf, als Verkörperung der rücksichtslosen Boshaftigkeit. Immerhin lebt der betrachtete althochdeutsche Wortstamm noch fort, wenn wir heutzutage grimmig sind - es lebe der Fortbestand, aber auch die Weiterentwicklung einer lebendigen Sprache!


Nehmt mein Hadern mit den Weihnachtsartikeln nicht allzu ernst - ich freue mich auf all eure kreativen Ideen! Doch seht es mir bitte nach, dass ich es von klein auf gewöhnt bin, täglich nur ein Türchen zu öffnen.
Ich wünsche euch eine wunderbare, friedvolle Adventszeit!
Chriddi



Weitere Wörter auf dem Abstellgleis

Und ein paar aufgedeckte Redensarten

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30.11.2018


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Darf ich Material von Dir im SteemWiki präsentieren? Ich weiß noch nicht wie, aber du musst beim neuen Konzept dabei sein. Vielleicht gibst du mir, bei Interesse, eine Liste mit Artikel–Adressen, die du gerne publiziert sehen möchtest.

Uups. Sehr, sehr gerne, lieber @afrog.
Ich freue mich, dass du das SteemWiki zusätzlich zu den guten FAQ neu aufleben lassen willst - das war vor deinem GAU richtig gut und wird richtig gut!
Hm, so adhoc würde ich sagen, die Sprachartikel sind alle ganz anständig und in diesem Post verlinkt, wobei der Ehrenmann aufgrund seiner Aktualität 2018 auch berücksichtigt werden könnte. Wenn du von der Anzahl her lieber limitieren möchtest, treffe ich eine engere Auswahl.
Der ein oder andere Beitrag zur deutschsprachigen Musik ist vielleicht auch geeignet, da würde ich aber schauen, ob ich bezüglich des Aufbaus etwas editiere.
Wenn du Unterstützung benötigst - für kleine Botengänge oder so... okay, für IT-freie Aufgaben - sag Bescheid!
Lieber Gruß,
Chriddi

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Hallo Christiane,

wer in der Vorweihnachtszeit mit Grim(m) und Hader übers Land zieht, der zieht die Blicke der Verwunderung auf sich.
Und dabei sind gerade diese beiden Wörter, die du mit viel Aufwand wieder vom Abstellgleis gezogen hast, in dieser Zeit oft unsere ständigen Begleiter.
Der Hader mit dem Verkäufer, der mir einen Flickenteppich andrehen will, obwohl ich auch der Suche nach Tante Elviras Lieblingsgebäck bin. Ein Lappen wäre für die Quasselstrippe zwar angebrachter, doch zöge ich ihren Grim auf mich, würde ich ihr den in das Schandmaul stopfen.
Wer hadert nicht mit dem Fest schlechthin? Warum singen plötzlich alle komische Lieder? Ich komme ja auch nicht auf die Idee am 3. Oktober die Nationalhymne zu singen. Aber ich bin sowieso als Haderer bekannt. Wenn ich eigentlich richtig nachdenke, dann habe ich das Hadern, glaube ich, sogar erfunden. Aus reinem Desinteresse an dem ewigen Querulanten habe ich den Haderer an die Grimms verschenkt. Kaum hatten die ihm ein Zimmer eingerichtet, sind sie auch schon gestorben.
Bin ich so froh, dass ich mich so früh von Georg Hader getrennt habe. Ob der auch noch eine Schwester hat, kann ich dir gar nicht so genau sagen. Darüber hatten wir uns nie unterhalten. Wir hatten uns ja sowieso nur in den Haaren. Ganz besonders kurz vor Weihnachten.
Aber, trotz alledem, ich hege noch immer keinen Grimm gegen ihn.
... weil ich so ein christlicher Mensch bin.

L.G.
Wolfram

Guten Morgen Wolfram,
Verwunderung ist ja auch eine Form der Aufmerksamkeit, in diesem Sinne also vielen Dank für deine ausführliche Rückmeldung!
Super, dass du dich an die Regeln gehalten hast: Nur Linguisten und Personen, die sich Literatur und Dichtung verschrieben haben, dürfen in einem Text so häufig "Grimm" und "Hader" benutzen! Sonst entsteht allein durch die Energie der Worte schlechte Laune und das in der Vorweihnachtszeit. Nein, nein, dafür ist in dieser Zeit kein Platz - bitte alle Herzen öffnen, auf Ansage, zackig! Und vorher nicht die Spendenüberweisung vergessen, bitte. Doch! Nur in der Weihnachtszeit verhungern Kinder, werden Wale gejagt, verbreiten sich Krebszellen...
So, jetzt aber rasch das erste Kerzchen anzünden. Ich schicke dir einen freundlich zwinkernden Grimassensmiley und wünsche euch, verbunden mit lieben Grüßen, einen schönen Adventssonntag,
Christiane

Danke, das war interessant. Das Hadern mit mir selbst ist mir jedoch sehr geläufig :)

Danke für die Rückmeldung, freut mich sehr, dass dir der Beitrag gefallen hat.
Na klar, als Verb ist der Hader durchaus noch gebräuchlich. Wenn wir aber nun den "harten" Ursprung kennen, sind wir mit seiner Verwendung ja vielleicht etwas vorsichtiger - besonders im Umgang mit uns selbst ;-)
Schönes Wochenende,
LG Chriddi

Super Artikel!
Wie formatierst Du eigentlich den Text um die Bilder herum? Mit etc. geht das glaube ich nicht.

Ah, ich hab's gefunden!

Bilder bzw. Text schiebst du so nach links bzw. rechts:

<div class="pull-left"> BILD </div>
<div class="pull-right"> BILD </div>

Als Bild sollte nur die URL-Adresse eingefügt werden, irgendwelche Klammer oder eckige Klammern mit Bildname müssen weg.
Mach nach dem Befehl eine Leerzeile, sonst funktionieren Formatierungen wie fett oder kursiv nicht mehr.
Wenn die Schrift neben dem Bild zu hoch ist (ist sie) und du das nicht leiden magst, setze vorher ein Doppelkreuz+Return.

Soweit meine IT-laienhafte Hilfestellung, funktioniert aber ;-)

LG, Chriddi

OK, danke, werd ich ausprobieren

Vielen Dank!

Hm, wenn du mir jetzt sagst, wie ich Markdown-Befehle hier einfügen kann, ohne dass sie ausgeführt werden, kann ich sie dir gern, verbunden mit kurzen Tipps, hier einstellen...

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