Der Staat in Microsofts Hand - Doku im Ersten
Hier zum Artikel in der SZ: http://www.sueddeutsche.de/digital/windows-vs-linux-der-staat-in-microsofts-hand-1.3873551
Problemfall Linux
Kurz zu mir: Bevor ich angefangen habe zu studieren, habe ich ein paar Jahre für die Stadt München gearbeitet. Genauergesagt im IT-Bereich. Ich habe also tagtäglich mit LiMux (des Linux Forks der Stadt München) zu tun gehabt.
Ich war zwar eher im Serverbereich tätig und habe deswegen eher mit RedHat und SuSe zu tun gehabt, doch auch im späteren Abschnitt viel mit LiMux im direkten Behördenalltag.
Ich kann also viele Kritikpunkte der jetzigen Oberbürgemeister (Schmidt&Reiter) nicht nachvollziehen.
In meinem Berufsalltag hat LiMux stets gut und zuverlässig funktioniert und auch die grundlegenden Aufgaben waren kein Problem.
Trotzdem ist LiMux in den letzten Jahren stark in die Kritik geraten und mittlerweile ist es ja beschlossen, dass ab 2020 wieder komplett auf Windows umgestiegen werden soll. Ich persönlich bin sehr traurig über diese Entscheidung.
Betriebssystem vs. Software
Hier kommt für mich der eigentliche Kritikpunkt an der LiMux Integration zum Vorschein. Nämlich die oft veraltete und proprietäre Software die im Behördenalltag verwendet wird. Die lauteste Kritik ist wohl die mangelnde Software Verfügbarkeit für Linux und dass viele Programme die im Alltag benötigt werden zum Beispiel im Bürgerbüro oder anderen Abteilungen häufig nur auf Windows laufen.
Geht man hier den falschen Weg? Ich denke JA! Einen Systemwechsel mit veralteter Software zu verargumentieren ist für mich alles andere als zielführend. Führen wir uns doch mal vor Augen was Behördensoftware können muss:
- Grafisch anspruchsvolle Tätigkeiten? -> Nope
- große lokale Datenbanken verwalten? -> Nein
- anspruchsvolle Berechnungen durchführen? -> wieder Nein
Meist dient die Software nur als Frontend um Änderungen und Anpassungen an großen Serverdatenbanken durchzuführen. Heißt für mich gibt es keine logischen Gründe, diese Tätigkeiten weiter lokalen Anwendungen zu überlassen.
Und deswegen wird hier meiner Meinung nach auch der falsche Sündenbock gesucht. Schuld an fehlender Produktivität und Problemen ist nicht das verwendete Betriebssystem, sondern die schlechte Software.
So sollte es im Jahr 2018 ohnehin keinen Grund mehr geben auf lokale, Fehlernanfällige Programme zu setzen.
Viele Arbeitsschritte konnten vor vielen Jahren bereits in ein Webfrontend verlagert werden, was viele Vorteile bietet. So zum Beispiel komplette Unabhängigkeit von Hardware und Betriebssystem und bessere Skalierbarkeit und Fehleranalyse.
Die meiste Zeit im IT-Behördenalltag geht ohnehin mit der Behebung kleiner Hardware und Softwareprobleme drauf.
Rechnet man das auf eine gesamte Verwaltungsinfrastruktur hoch, wird einem erst bewusst was für ein Personalaufwand nötig ist um diese Probleme zu beheben.
Wie bereits gesagt, setzt man also den Hebel also am falschen Punkt an. Statt das OS zu wechseln um wieder auf veraltete Software setzen zu können, sollten die Ressourcen lieber zukunftsorientiert verwendet werden um langfristige Lösungen zu entwickeln.
Das Problem wird durch einen Rückgang zu Windows nicht behoben, nur verschoben. Die Infrastruktur bleibt weiterhin die gleiche.
Am Ende nur ein Politikum
Am Ende wird es aber wieder Microsoft und das Leuchtturmprojekt LiMux wird eingestellt werden.
Das Microsoft seine Konzernzentrale nach München verlegt hat und die Münchener Bürgermeister auch schon in der Vergangenheit bereits gute Kontakte zu Microsoft pflegten ist auch kein Geheimnis.
Dem Anwender wird es am Ende ohnehin egal sein und im Arbeitsalltag wird sich nicht viel ändern, außer das Freie Software wieder einen herben Rückschlag erleiden musste.
Dokumentation um 22.55
Kommen wir aber zu meinem eigentlichen Anliegen. Im Ersten wird es heute eine Dokumentation "Das Microsoft Dilemma" geben, die ich auf jedenfall anschauen werde. Und ich lade euch auch herzlich dazu ein, mal reinzuschauen und mir eure Meinung dann gerne in den Kommentaren zu hinterlassen.
Ich weiß, das komplette Problem mit allen Für- und Gegenpunkten kann und möchte ich in diesem Artikel auch gar nicht abbilden. Im Endeffekt möchte ich nur einen kleinen Gedankenanstoß geben und gerne mit euch diskuttieren.
Wie steht ihr zu freier Software und haltet ihr Linux in Unternehmen und Behörden für eine sinnvolle Alternative?
lg Flo aka Alternatiflos
Zum Diskutieren bin ich leider der Falsche.
Ich habe dieses Drama mit verfolgt. Auch die Argumente die da Teilweise gefallen sind, (z.b. wurde als Kritik angeführt USB-Sticks nicht, obwohl es vorgabe war die aus Sicherheitsgründen zu deaktivieren.
Interviews mit Beteiligten und den LiMux-Machern hab ich auch gehört. Irgendjemand sagte "wenn das Papier im Drucker leer ist, dann wird auch LiMux zum Schuldigen gemacht".
Korruption wohin man schaut
Eine echt peinlich Geschichte. Ich finde man sollte das schon beim Namen nennen. Wir sehen hier ganz klare Einflussnahme, und einen gekauften Bürgermeister.
(Danke für den Hinweis auf die Sendung)
Zunächst vorweg: ich bin durchaus Microsoft-affin, beruflich wie privat.
Deine obige Argumentation bezgl. der veralteten Anwendungen und Prozesse als eigentliches Übel kann ich aber sehr gut nachvollziehen. Die gibt's nämlich innerhalb der MS-Welt genauso und vielleicht noch viel schlimmer:
Das eigentliche Risiko bei der Abhängigkeit von der USA IT-Industrie sehe ich allerdings nicht mehr im Bereich der Arbeitsplatz-OS Hegemonie, sondern in der lemmingartigen Fokussierung auf das Sourcing bei der Server- und Infrastruktur. Und das eben großteils zu US-Anbietern.
Mitbewerber aus der EUdssr? Peinliche Plagiaten.
Oder ein Amazon-Datacenter mit physischem Stadort in der BRD und betrieben nach deutschem oder EU (schon für sich schlimm genug) Datenschutz-Gesetzen? Wer an das Märchen glaubt, hat irgendwie die letzten Snowden-Jahre verschlafen... Aber das IT-Management sabbert ja jede Hochglanzfolie der Amis nach, weil es (und das macht es tragisch für den ehemals führenden Wirtschaftsstandort BRD) auch keine besseren Ideen mehr zu bieten hat.
Gute Nacht, Marie.
Die guten alten Kontakte, wir haben bei uns in der Stadt einen Architekten der komischerweise fast alle städtischen Aufträge bekommt. Die könnte daher resultieren das er bei einer großen Fraktion Freunde sitzen hat. Leider bekomme ich solche Spielchen in der Politik fast täglich mit. Wenn man mal nachhakt wird man ruhig gestellt, damit es im Stadtrat und in den Ausschüssen keine Streitigkeiten gibt.
Nun zum eigentlichen Thema, (die Doku werde ich mir aufnehmen und die Tage anschauen) mittlerweile haben Konzerne zu viel Einfluss auf die Politik. Leider wird der Fehler gemacht und da nicht genauer hingesehen, und es wird auch ignoriert das man sich abhängig macht. Wodurch diese Konzerne jetzt schon in der Lage sind die Politik zu beeinflussen. Bald wird es soweit sein das diese Konzerne die Politik erpressen. Ich könnte noch viel mehr dazu schreiben (bekomme vieles mit )....
Die Sendung ist schon einprogrammiert bei mir. Die Story im Ersten hat öfter interessante Themen. Leider kommen solche guten Sachen meist zu Zeiten, wo der Großteil meist schon im Bett liegt. Das Linux damals in München gekippt wurde, habe ich auch nicht verstanden. Bin zwar kein Linux-Profi, mache mir aber immer mal wieder gern einen Überblick zu dem System und hab es immer mal in einer virtuellen Maschine laufen. Für Vieles ist es heute voll einsetzbar, nur der Spielebereich wird noch Steifmütterlich behandelt. Das ist für die meisten Nutzer ja ein Grund, nicht zu wechseln.
Danke für diesen interessanten Einblick in die behördliche Softwarewirklichkeit. Wollte die Doku später eh schauen.
Bin zwar nur Anwender, aber ein großer Freund von freier Software. Die Macht, die Microsoft dadurch hat, in vielen Fällen die Grundlage für andere Anwendungen zu sein, ist eigentlich nicht akzeptabel. Doch welche Kartellbehörde will effektiv gegen einen solchen Weltkonzern vorgehen?
In meinen Augen auch völlig unvorstellbar, dass in der bayrischen Hauptstadt Konzern-Lobbyisten Einfluss auf politische Entscheidungen haben könnten... 😉
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